Unterschied Bewerbung Wissenschaft Wirtschaft
Bewerbung in Wissenschaft und Wirtschaft

Holztueren Scharnier als Symbolbild fuer Unterschied Bewerbung Wissenschaft und Wirtschaft

Inwieweit unterscheiden sich Bewerbungen in der Wissenschaft zu denen in der Wirtschaft? © Michael Schnell / photocase.de

Was Ihnen bei der Bewerbung um eine Führungsposition in der Privatwirtschaft zum Erfolg verhilft, kann hingegen an der Uni als K.-o.-Kriterium gelten – und umgekehrt.

Veröffentlicht: 10.02.2019

Von: Lena Thiesen

Bewerbungsverfahren an Hochschulen unterscheiden sich in gleich mehrerer Hinsicht von Stellenbesetzungen in Unternehmen. Darauf sollten Sie bei Ihrer Bewerbung jeweils achten: 

Beim Bewerbungsschreiben für eine Stelle in einem Wirtschaftsunternehmen kommt es darauf an, dass Sie sich als Person mit Ihren eigenen Qualifikationen und Kompetenzen überzeugend und gleichzeitig individuell präsentieren. Darüber hinaus sollte das Anschreiben Ihre Motivation und Ihren Enthusiasmus für die jeweilige Position und Tätigkeit zum Ausdruck bringen. Auf maximal einer Seite gilt es, prägnant zu formulieren und dabei übliche Floskeln und Phrasen zu vermeiden. Stellen Sie einen Bezug zum Arbeitgeber her und nennen Sie starke Argumente, die für Sie als idealen Kandidaten sprechen.

Nach Möglichkeit sollten Sie bereits in Ihrem Einstieg mittels eines pointierten, je nach Branche und Jobangebot gar originellen oder unkonventionellen ersten Satzes die Neugier und das Interesse des Empfängers wecken.

Wenn Sie sich in der freien Wirtschaft bewerben, bildet der Lebenslauf, auch Curriculum Vitae (C.V.) genannt, das eigentliche Kernstück ihrer Unterlagen. In Abgrenzung zum Anschreiben schärft er Ihr Bewerbungsprofil und transportiert die „harten Fakten“ ihrer Qualifikation für die eigentliche Stelle.

Entscheidend ist, dass Sie den tabellarischen Lebenslauf auf maximal zwei Seiten übersichtlich aufbauen und gut strukturieren – in aller Regel über die Kategorien persönliche Angaben, beruflicher Werdegang, besondere Kenntnisse, persönliche Interessen.

Ihr Lebenslauf sollte sich stets auf dem neuesten Stand befinden, an die Anforderungen der ausgeschriebenen Position angepasst sein und keine Lücken aufweisen: Alle Zeiträume über drei Monate hinaus sollten Sie unbedingt mit Angaben versehen.

Bestandteil jeder vollständigen Bewerbung in einem Unternehmen sind relevante Anlagen, die Sie Ihren Unterlagen beifügen.

Erforderlich sind alle Diplome, (Arbeits-)Zeugnisse, Bescheinigungen über Fortbildungen und Zusatzqualifikationen, nebenberufliche Engagements sowie Referenzen, die unterstreichen, dass Sie als Bewerber die entscheidenden Qualifikationen und Kompetenzen für das jeweilige Stellenprofil mitbringen.

Wenn Ihre schriftliche Bewerbung überzeugt hat, wird man sich seitens des Unternehmens in aller Regel zeitnah bei Ihnen melden und Sie in einer zweiten (und möglicherweise auch dritten) Runde zum persönlichen Bewerbungsgespräch einladen, bevor die zuständigen Personalverantwortlichen ihre Auswahlentscheidung treffen.

Sollten Sie jeweils etwa drei Wochen nach Abgabe ihrer schriftlichen Bewerbung oder auch nach Ihrem Vorstellungsgespräch keinerlei Rückmeldung oder Feedback erhalten haben, so kann es durchaus lohnen, sich höflich nach den eigenen Chancen und dem Status des Auswahlprozesses zu erkundigen. Mit einem persönlichen Anruf beim Unternehmen bekunden Sie deutliches Interesse und zeigen Initiative.

In der Wissenschaft wirken, im Gegensatz zu Bewerbungen bei Wirtschaftsunternehmen, allzu flott und originell formulierte Anschreiben im Allgemeinen eher dubios. Denn an Universitäten und Forschungseinrichtungen sind insgesamt weniger Kandidaten des Typs „Manager mit Biss“ als vielmehr seriöse Forscherpersönlichkeiten gefragt, die sich vorrangig durch ihre wissenschaftlichen Kenntnisse und Erfahrungen qualifizieren.

Im Hinblick auf Ihre schriftlichen Bewerbungsunterlagen lohnt sich speziell bei Berufungsverfahren ein aufwendiges, womöglich farblich individuell und auffällig gestaltetes Layout Ihrer Unterlagen nicht, da die Mappen nur selten von allen Kommissionsmitgliedern eigenhändig durchgeblättert werden. Stattdessen orientieren sich Berufungskommissionen anhand eigens erstellter Synopsen, also tabellarischen Übersichten mit den wesentlichen Angaben (z.B. Alter, Forschungsschwerpunkte, Anzahl der Publikationen, Höhe der eingeworbenen Drittmittel usw.), um die einzelnen Bewerber/innen direkt zu vergleichen.

Ihren tabellarischen Lebenslauf sollten Sie bei einer Bewerbung in der Wissenschaft ganz auf Ihre bisherige akademische Karriere fokussieren. Rücken Sie Ihren wissenschaftlichen Werdegang in den Mittelpunkt und legen Sie ihn übersichtlich und nachvollziehbar an, damit alle wesentlichen Informationen zu Ihrer Qualifikation direkt erkennbar sind.

Insbesondere bei Bewerbungen um eine Professur gilt das für Unternehmensbewerbungen typische Gebot der Kürze in dieser Strenge nicht. Vielmehr steigt Ihre Qualifikation, je mehr Projekte und Aufgaben Sie in Forschung und Lehre vorzuweisen haben. Ein facettenreiches wissenschaftliches Profil kann gut und gerne mehrere Seiten im Lebenslauf füllen.

Im Gegensatz zur Bewerbung in der freien Wirtschaft erfordert eine Lückenlosigkeit in der Berufsbiographie in der Wissenschaft nicht zwangsläufig, dass sich jeder Ihrer früheren Arbeitsverträge nahtlos an den nächsten gereiht haben muss. In vielen Fächern gilt es durchaus als normal, dass zwischen zwei Arbeitsverhältnissen auch (kürzere) Phasen ohne Anstellung liegen, in denen z.B. ein Antrag für die Folgefinanzierung auf den Weg gebracht wird.

Mit Bedacht angegebene private Hobbys, Engagements und Mitgliedschaften, also jene Rubriken, die Personalverantwortlichen in Unternehmen die zum Stellenprofil passenden „Soft Skills“ signalisieren, sind für die Wissenschaft wiederum wenig relevant: Hier herrscht in vielen Fachkulturen eher die Vorstellung, dass es für ernstzunehmende Wissenschaftler/innen neben ihrem Beruf im Grunde nichts anderes mehr in ihrem Leben geben dürfe.

Zu Ihrer Bewerbung auf eine Stelle in der Wissenschaft gehören neben relevanten Diplomen und Zeugnissen aus Ausbildung und Beruf auch ein Verzeichnis Ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichungen, Projekte, Preise und Wettbewerbe (ggf. mit Arbeitsproben), eine Auflistung von betreuten Abschlussarbeiten, Nachweise über Ihre Lehrtätigkeiten, eine Auflistung Ihrer Lehrveranstaltungen, ggf. ein Lehrkonzept und eine Auflistung von Drittmitteleinwerbungen.

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Insgesamt gibt es eine Reihe von Verfahrensunterschieden zwischen Bewerbungen in Wirtschaft und Wissenschaft. Während Unternehmen meist ein Interesse daran haben, offene Stellen relativ zügig zu besetzen, mahlen die Mühlen im öffentlichen Dienst insgesamt langsamer. Insbesondere nach Ausschreibungen von Professuren können bis zum Dienstantritt durchaus ein bis zwei Jahre vergehen, doch nimmt die persönliche Begutachtung der einzelnen Bewerber/innen dabei die geringste Zeit in Anspruch: Häufig genügt der Berufungskommission im Unterschied zu Unternehmen eine einmalige Vorstellung der Kandidat/innen an der Hochschule, um sich ein Bild zu verschaffen. Die anlässlich von Vorstellungsgesprächen und Berufungsvorträgen entstehenden Reisekosten werden von Hochschulen übrigens nur selten erstattet, während dies in der Wirtschaft selbstverständlich ist.

In vielen Unternehmen wird es als positiv gewertet, nach dem Vorstellungsgespräch noch einmal anzurufen und sich z.B. nach dem Stand des Verfahrens zu erkundigen. An Universitäten und Hochschulen ist diese Praxis jedoch im Allgemeinen unüblich; besonders im Rahmen universitärer Berufungsverfahren gilt sie als unangemessen und geradezu aufdringlich – hier ist daher Zurückhaltung angebracht. Ein differenziertes Feedback zum eigenen Auftritt, aus dem sich erkennen lässt, warum es in diesem Fall mit der Bewerbung nicht geklappt hat, bildet leider sowohl in weiten Teilen der Wirtschaft als auch in der Wissenschaft noch immer eine Ausnahme.

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