Arbeitslosigkeit nach Berufsgruppen und Studienfächern
Die besten Aussichten haben Absolvent:innen, die in Verwaltungsberufen oder in der Medizin und Pharmazie arbeiten beziehungsweise einen Lehrberuf ergreifen: Hier lag die berufsspezifische Arbeitslosenquote unter zwei Prozent.
Die höchste berufsspezifische Arbeitslosenquote hatten die Naturwissenschaften mit 7,5 Prozent, gefolgt von Mediengestaltung, Werbung und Marketing (6,7 Prozent) sowie Geistes- und Gesellschaftswissenschaften (6,3 Prozent).
Doch längst nicht alle Akademiker:innen arbeiten in einem Beruf, der exakt ihrem Studienabschluss entspricht. Deswegen erhebt die Arbeitsagentur neben der berufsspezifischen auch die studienfachspezifische Arbeitslosenquote. Diese Statistik erfasst alle Arbeitslosen nach ihrem Studienabschluss.
Beispielhaft gibt die Arbeitsagentur folgende Studienfächer an, deren Absolvent:innen im Jahr 2021 eine höhere Arbeitslosenquote hatten als Akademiker:innen insgesamt (2,4 Prozent). Durch die studienfachspezifische Arbeitslosenquote wird das Bild maßgeblich relativiert. Vor allem gilt das für die Studienfächer, die nicht auf ein konkretes Berufsfeld vorbereiten wie eben Natur- oder Geisteswissenschaften.
Arbeitslos nach dem Studium
Auch für frische Absolvent:innen ist die Arbeitslosenquote niedrig. Die Arbeitsagentur zitiert in der gleichen Studie eine Befragung des DZHW des Bachelor-Jahrgangs 2013: Demnach waren anderthalb Jahre nach Abschluss lediglich zwei Prozent (Universität) bzw. drei Prozent (Fachhochschule/HAW) arbeitslos. Höher lag die Quote allerdings bei Absolvent:innen der Sprach- und Kulturwissenschaften (5 bzw. 7 Prozent), die auch mehr Zeit mit Übergangstätigkeiten oder Praktika verbrachten.
Absolvent:innen, die nicht sofort nach dem Studium einen Job haben, müssen sich nicht zwangsläufig arbeitslos melden, es kann aber Vorteile haben: Die Arbeitsagentur beziehungsweise das Jobcenter unterstützen den Übergang finanziell und übernehmen auch die Krankenversicherung. Außerdem bieten sie Beratungs- und Vermittlungsangebote.
Es empfiehlt sich auf jeden Fall, schon vor Ende des Studiums nach einem Job Ausschau zu halten. Einschlägige Jobbörsen wie academics oder Profile auf Netzwerken wie Xing und LinkedIn helfen dabei. Auch belohnen viele potenzielle Arbeitgeber Bewerber:innen, die bereits während des Studiums Berufserfahrung gesammelt haben, zum Beispiel in Praktika. So können auch Geisteswissenschaftler:innen ihre Berufsaussichten verbessern.
Langzeitarbeitslose und arbeitslose Akademiker:innen über 50
Vor besonderen Herausforderungen stehen die Langzeitarbeitslosen sowie arbeitslose Akademiker:innen über 50. Gegenüber beiden Gruppen bestehen in manchen Personalabteilungen Vorurteile, denen sie sich im Bewerbungsprozess am besten offen stellen. Dazu könnten laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung zum Beispiel der Verdacht auf geringe Produktivität oder Motivation gehören.
Diese Studie zeigt auch, dass 39 Prozent der Betriebe im Jahr 2021 durchaus bereit waren, Langzeitarbeitslosen eine Chance zu geben. Diese Zahl steigt deutlich, nämlich auf 55 Prozent, wenn eine persönliche Empfehlung vorliegt. Hier kann das private Umfeld ebenso hilfreich sein wie ehemalige Kolleg:innen oder Geschäftspartner:innen. Neue Kontakte finden sich sowohl online über Jobbörsen oder Netzwerke als auch analog bei Fach-Stammtischen, auf Messen oder Kongressen.
Die Statistiken deuten außerdem darauf hin, dass Arbeitgeber eine längere Arbeitslosigkeit in Jahren mit allgemein schwieriger wirtschaftlicher Lage nicht so negativ bewerten wie es zu Boom-Phasen der Fall wäre.
Vorurteile von HR-Manager:innen schon bei der Bewerbung entkräften
Bei arbeitslosen Akademiker:innen über 50 treiben die HR-Manager:innen dagegen andere Sorgen um: Ist die Gehaltsvorstellung nach jahrzehntelanger Erfahrung für uns realisierbar? Kann sich eine ehemalige Führungskraft im jungen Team unterordnen? Bringt der Kandidat oder die Kandidatin genug Energie und Flexibilität mit? Wie steht es um die digitalen Kenntnisse? Es empfiehlt sich also, diesen Vorbehalten direkt im Bewerbungsprozess zu begegnen und möglichst schnell auszuhebeln.
Arbeitslosengeld und Bürgergeld
Klappt es erstmal nicht mit einem neuen Job, bekommen arbeitslose Akademiker:innen staatliche Unterstützung. Haben sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I), steht es ihnen offen, das Bürgergeld zu beantragen.
Anders als beim vorherigen Arbeitslosengeld II (umgangssprachlich Hartz IV) wird beim Bürgergeld erst nach einem Jahr Karenzzeit geprüft, ob die Wohnung angemessen ist. Auch ein sogenanntes Schonvermögen von bis zu 40.000 Euro bleibt in diesem Jahr unangetastet. Das soll verhindern, dass Bürger:innen, die vorübergehend in eine Notlage geraten sind, sofort ihr Erspartes und gegebenenfalls sogar Teile ihrer Altersvorsorge aufbrauchen müssen, wie es bei Hartz IV der Fall war.
Was von Hartz IV geblieben ist, ist die Möglichkeit des Jobcenters, Leistungen zu kürzen, wenn Arbeitslose ihre sogenannte Mitwirkpflicht nicht erfüllen, also zum Beispiel Beratungstermine versäumen. Dennoch soll beim Bürgergeld stärker auf Kooperation und Weiterbildung gesetzt werden.
Wie hilft die Arbeitsagentur Akademiker:innen?
In erster Linie hilft die Bundesagentur für Arbeit Akademiker:innen ohne Job finanziell durch die Auszahlung von Arbeitslosengeld I oder Bürgergeld. Um alle Fragen zu Anspruch, Antrag und Leistungen zu beantworten, stellt die Agentur Übersichts-Webseiten zu ALG I und zum Bürgergeld bereit.
Zusätzlich helfen die einzelnen Agenturen und die Jobcenter zum Beispiel, indem sie Arbeitslose beraten und Ausbildungen oder Weiterbildungen fördern. Viele Hilfsangebote der Arbeitsagentur sind aber nicht primär auf Akademiker:innen zugeschnitten, da sie nicht zur Kernklientel gehören.
Ist vielen anderen mit dem gemeinsamen Strukturieren des Lebenslaufs oder dem Besuch eines Englisch-Grundkurses geholfen, bringen Hochschulabsolvent:innen diese Fähigkeiten in der Regel mit. Zudem ist es für einzelne Berater:innen schwierig, angesichts der diversen akademischen Spezialisierungsmöglichkeiten sofort passende Jobs oder Tipps an der Hand zu haben.
Wer als Akademiker:in die Hilfe der Arbeitsagentur sucht, tut also gut daran, seine Bedürfnisse und potenziellen Einsatzgebiete möglichst genau zu beschreiben. Gleichzeitig gibt es bei den einzelnen Dienststellen Bemühungen, den Service für Akademiker:innen zu verbessern, etwa durch den Schulterschluss mit Universitäten in der Region und einer Spezialisierung einzelner Berater:innen auf akademische Bereiche. Für schwerbehinderte Akademiker:innen gibt es außerdem eine eigene Webseite.
Tipp: Registrierte Nutzer:innen von academics profitieren nicht nur von passenden Stellenanzeigen, über die sie informiert werden. Im Downloadbereich gibt es zudem Online-Seminare und Informationen rund um die Themen Karriereberatung, Jobsuche und Bewerbung – zum Beispiel eine Rundum-Checkliste zur Bewerbung in der Medizin und eine Vorlage für einen akademischen Lebenslauf. Registrierung und Downloads sind kostenlos.
Zumutbarkeit und Erreichbarkeit: Pflichten für arbeitslose Akademiker:innen
Wer für die Übergangszeit Bürgergeld in Anspruch nimmt, hat gewisse Pflichten gegenüber dem Jobcenter. In erster Linie wird vorausgesetzt, dass man dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Das bedeutet, eigeninitiativ Bewerbungen zu schreiben und auf Vermittlungsangebote zu reagieren. In dem Kontext fragen sich viele Akademiker:innen, was für sie eine zumutbare Arbeit ist.
Laut Gesetz ist das tatsächlich erst einmal jeder Job. Das regeln § 10 SGB II und § 140 SGB III. So dürfen arbeitslose Akademiker:innen Tätigkeiten nicht ablehnen, weil sie dafür überqualifiziert sind oder sich ein höheres Gehalt wünschen. Es gibt allerdings auch Ausnahmen, wann eine Arbeit nicht zumutbar ist:
- Wenn jemand körperlich, geistig oder seelisch nicht zu der Ausübung einer Tätigkeit in der Lage ist.
- Wenn eine Tätigkeit die Fähigkeit beeinträchtigt, dem eigentlichen Beruf nachzukommen.
- Wenn durch die Annahme einer Tätigkeit die Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen nicht mehr sichergestellt wäre.
Wer sich arbeitssuchend meldet, wird von Zeit zu Zeit Einladungen zu Gesprächen mit einer Ansprechperson im Jobcenter oder auch zu Weiterbildungsveranstaltungen erhalten. Wie erwähnt sind nicht alle diese Maßnahmen sinnvoll für Akademiker:innen. Hier ist es wichtig, niemals eigeninitiativ fernzubleiben, weil das in der Regel mit Sanktionen verknüpft ist. Maßnahmen sollten Arbeitslose also immer mit dem Jobcenter besprechen.
Wer eines dieser Argumente gelten machen möchte, muss dafür Nachweise erbringen und sollte sich auch darauf einstellen, dass das Jobcenter diese genau prüft. An der Thematik der zumutbaren Arbeit hat die Bürgergeldreform an sich nichts geändert, allerdings soll, im Gegensatz zu Hartz IV, stärker auf langfristige Jobvermittlung gesetzt werden.
Schließlich gehört es zu den Pflichten von Bürgergeldempfänger:innen, erreichbar zu sein, also jeden Werktag Mitteilungen des Jobcenters zur Kenntnis nehmen können, sofern kein wichtiger Grund wie Krankheit oder ein Bewerbungsgespräch in einer anderen Stadt vorliegt. Einer Abwesenheit ohne wichtigen Grund muss das Jobcenter im Vorfeld zustimmen. Der Antrag dafür sollte höchstens 14 und mindestens sieben Tage vor Beginn eingereicht werden. Der Urlaubsanspruch beläuft sich auf drei Kalenderwochen pro Jahr.