Hebammenstudium
Hebamme werden: Ein Herzensberuf

Füße eines Neugeborenen als Symbolbild für das Hebammenstudium

Im Jahr 2020 wurden deutschlandweit rund 27.000 Hebammen und Entbindungspfleger gezählt. © Luma Pimentel / unsplash

Hebammen betreuen Schwangere, helfen bei der Entbindung und kümmern sich um frisch gebackene Mütter und ihre Babys. Alles über die Voraussetzungen zum Hebammenstudium, dem Gehalt und möglichen Karrierewegen.

Veröffentlicht: 10.07.2023

Von: Maresa Wolbert

Von der Schwangerschaft über die Geburt bis hin zum Wochenbett – Hebammen stehen Schwangeren und jungen Müttern in allen Angelegenheiten rund um die Geburt und die ersten Wochen mit einem Neugeborenen zur Seite.

Zu den typischen Tätigkeiten gehören:

  • Vor der Geburt: Die Hebamme stellt den Mutterpass aus, berät zum Thema Geburtsklinik und führt die Schwangerenvorsorge durch. Zudem unterstützt sie die werdende Mutter bei allen Fragen zum Embryo und zur Geburt. Viele Hebammen bieten auch Geburtsvorbereitungskurse an.
  • Bei der Geburt: Eine Hebamme ist anwesend und unterstützt die Entbindende dabei, ihr Kind gesund auf die Welt zu bringen.
  • Im Wochenbett: In den ersten zehn Tagen, in denen die Mutter mit dem Neugeborenen zu Hause ist, besucht die Hebamme sie täglich, danach gegebenenfalls weiter bei Bedarf. Sie hilft beispielsweise beim Baden des Kindes, überprüft dessen Gewichtszunahme und gibt Tipps zum Stillen.
  • Auch in Forschung und Lehre arbeiten Hebammen in verschiedenen Studiengängen, in denen ihr Wissen gefragt ist.

Da die wenigsten Kinder zum geplanten Zeitpunkt auf die Welt kommen, müssen Hebammen mit unregelmäßigen Arbeitszeiten rechnen. Hebammen und Geburtshelfer:innen in Kliniken haben wechselnde Schichten. Auch Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaft gehören zum Alltag.

Hebammen, die in Kliniken angestellt sind, arbeiten im Kreißsaal, auf Schwangeren-, Wochen- und Säuglingsstationen. Auch in Geburtshäusern sind Hebammen angestellt. Als freiberufliche Hebammen kommen sie zu den Müttern nach Hause oder bieten ihre Dienste in privaten Räumen an. In der Forschung und Lehre können Hebammen die akademische Laufbahn verfolgen, promovieren und eine Professur anstreben.

Im November 2019 stimmte der Bundesrat der vom Bundestag beschlossenen Reform der Hebammenausbildung zu. Sie legte fest, dass seit dem Jahr 2020 ein duales Studium Voraussetzung für die Ausübung des Berufs der Hebamme ist.

Vor der Reform war es noch möglich, sich in einer dreijährigen Ausbildung an einer Berufsschule oder speziellen Hebammenschule zur Hebamme oder zum Entbindungspfleger ausbilden zu lassen. Mit der Akademisierung der Ausbildung setzt Deutschland die Berufsanerkennungsrichtlinie der Europäischen Union um. Sie soll es Hebammen ermöglichen, überall in Europa zu arbeiten.

Außerdem soll ein Hochschulstudium die Studierenden auf die gestiegenen Berufsanforderungen vorbereiten. Das stärker wissenschaftlich ausgerichtete und zugleich berufsnahe Studium soll die Qualität der Ausbildung verbessern und den Beruf attraktiver machen, so eine Begründung der Bundesregierung zur Reform.

Um einen Engpass bei der Ausbildung zu vermeiden, hat der Gesetzgeber eine Übergangsregelung für die Ausbildung an Schulen beschlossen: Sie konnte bis Ende 2022 begonnen werden, muss allerdings bis Ende 2027 abgeschlossen sein.

Schon gewusst?

Die sehr seltenen männlichen Hebammen wurden vor der Reform der Hebammenausbildung auch Geburtshelfer oder Entbindungspfleger genannt. Mit der Reform hat sich nicht nur der Ausbildungsweg geändert. Die Berufsbezeichnung Hebamme gilt seitdem für alle Berufsangehörigen, sowohl weibliche, männliche als auch diverse.

Die gesetzlichen Regelungen zum Hebammenstudium finden sich in Teil 3 des Hebammengesetzes (HebG).

Die Zugangsvoraussetzungen für die Aufnahme eines Studiums der Hebammenwissenschaft sind in § 10 HebG geregelt. Demnach sind erforderlich:

  • Abitur, Fachabitur oder eine abgeschlossene Ausbildung als Pflegefachfrau oder -fachmann beziehungsweise Gesundheits- und Krankenpfleger:in oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger:in (Achtung: Absolvent:innen mit diesem Hintergrund kann es passieren, dass der Studienabschluss nicht überall in Europa anerkannt wird.)
  • Gesundheitszeugnis sowie ein erweitertes Führungszeugnis
  • Sichere Deutschkenntnisse (Für Nicht-Muttersprachler:innen eine Bescheinigung über Deutschkenntnisse mindestens auf B2-Niveau.)

Über weitere, hochschulabhängige Zulassungsvoraussetzungen, den Ablauf der Bewerbungsverfahren sowie die entsprechenden klinischen Kooperationspartner der Universitäten sollten sich Interessent:innen frühzeitig auf den entsprechenden Webseiten informieren. An vielen Universitäten ist zum Beispiel eine Bescheinigung über ein mindestens vierwöchiges fachrelevantes Praktikum vorzuweisen. 

Das Gehalt bemisst sich am Tarifvertrag für Studierende in einem dualen Hebammenstudium im kommunalen öffentlichen Dienst (TVHöD). Dieser Vertrag gilt seit Januar 2022. Von Januar bis März 2022 betrug das monatliche Studienentgelt 1.490 Euro. Am 1. April 2022 gab es eine Erhöhung auf 1.515 Euro. Eine Jahressonderzahlung sowie weitere Zulagen wurden vertraglich eingeräumt.

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Das duale Studium zur Hebamme dauert sechs bis acht Semester. Es orientiert sich an einem Bachelor-Studiengang und weist einen hohen Praxisanteil auf. Das Studium ist auf Vollzeit ausgerichtet, nur an einzelnen Hochschulen gibt es die Möglichkeit, in Teilzeit zu studieren.

Um ein Studium zur Hebamme aufnehmen zu können, benötigen Interessent:innen für den praktischen Teil des Studiums einen Praxisplatz an einer Klinik mit Geburtsstation. Mit diesem Krankenhaus schließen die Studierenden einen Vertrag über die akademische Hebammenausbildung. Die Klinik unterstützt die Studierenden während der praktischen Studienphasen. Im Vertrag wird auch geregelt, dass die Studierenden während des gesamten Studiums eine Vergütung von der Klinik erhalten.

Das Studium teilt sich in mindestens 2.200 Stunden Theorie und 2.200 Stunden Praxis auf. Die Theorie- und Praxisteile des Studiums sollen möglichst eng aufeinander abgestimmt sein.

Mit dem Abschluss des Studiums erreichen Hebammen den akademischen Grad Bachelor of Science, auf den sie ein Masterstudium aufbauen können.

Hebammen übernehmen eine wichtige Rolle für Schwangere und werdende Mütter. Sie sind Ansprechpartner:innen in einer für die Frauen oft sehr emotionalen Zeit und tragen damit viel Verantwortung. Hebammen sollten dementsprechend viel Einfühlungsvermögen haben und gern mit Menschen zusammen sein.

Das Studium vermittelt daher neben dem medizinischen Fachwissen – vom Ablauf der Schwangerschaft, der Geburt und der Stillzeit über mögliche Komplikationen und Krankheiten sowie den Umgang mit dem Neugeborenen – auch pädagogische und soziale Kenntnisse.

Zu den Inhalten der Hebammenwissenschaft zählen unter anderem:

  • Naturwissenschaftliche und medizinische Grundlagen sowie die klinische Medizin inklusive Krankheitslehre
  • Themen aus den Gesundheits- und Sozialwissenschaften, zum Beispiel: Aufbau und rechtliche Grundlagen des Gesundheitssystems, ethische und moralische Fragestellungen
  • Vermittlung von wissenschaftlicher Kompetenz: Anwendung von evidenzbasierter Medizin und wissenschaftliches Arbeiten

In ganz Deutschland gibt es Hochschulen und Universitäten, die den Studiengang Hebammenwissenschaft beziehungsweise Hebammenkunde anbieten. Zu ihnen zählen die Albert-Ludwig-Universität Freiburg, die Charité in Berlin und die Katholische Stiftungshochschule München. Auch am Gesundheitscampus Göttingen, der Katholischen Hochschule Köln und an der HAW Hamburg können Interessierte das Fach studieren.

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Hebammen arbeiten in Kliniken, Hebammenpraxen und Geburtshäusern. Sie können im Gesundheitsdienst angestellt sein oder sich als freiberufliche Hebamme selbstständig machen. Auch in der Forschung oder im Klinikmanagement sind Hebammen durchaus gefragt.

Die Chance, nach dem Studium in den Job einzusteigen, sind also sehr gut. Die große Nachfrage nach Hebammen macht sich allerdings nicht beim Lohn bemerkbar. Das Gehalt von Hebammen ist vergleichbar niedrig.

Jede werdende Mutter hat in Deutschland einen Anspruch auf die Betreuung durch eine Hebamme. Dennoch kann es mitunter für Schwangere schwierig werden, eine Betreuung zu finden. Es herrscht Hebammenmangel.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts ist die Zahl der Hebammen und Entbindungspfleger von ca. 21.000 im Jahr 2010 auf rund 27.000 im Jahr 2020 angewachsen. Das bedeutet: Eigentlich steigt das Interesse an einem Studium der Hebammenwissenschaft. Dennoch ist ein Ende des Fachkräftemangels nicht absehbar.

Laut eines Statements des Deutschen Hebammenverband e.V. anlässlich des Welthebammentags 2022 verursachen Zeitmangel, personeller Notstand und fachfremde Tätigkeiten hohe Belastungen im Arbeitsalltag. All dies führe dazu, dass 70 Prozent nur noch in Teilzeit beziehungsweise nicht mehr im Kreißsaal arbeiten oder ihren Beruf ganz aufgegeben hätten. Viele Kreißsäle oder Geburtsabteilungen schließen, oft aus finanziellen Gründen – oder eben aufgrund der angespannten Personalsituation.

Wer als Hebamme freiberuflich tätig ist, kann sich beispielsweise auf planmäßige Vorsorgeuntersuchungen und die Nachsorge nach der Geburt beschränken. Das schließt eine Betreuung unter der Geburt aus, so dass sich die Arbeitszeiten relativ gut eingrenzen lassen.

Außerdem gibt es freiberufliche Hebammen, die als sogenannte Beleghebammen mit Kliniken Kooperationsverträge geschlossen haben und dort in den Kreißsälen Frauen während der Geburt unterstützen.

Freiberuflich tätige Hebammen werden für ihre Leistungen nach festen Honorarsätzen der Krankenkassen bezahlt und haben besonders mit einer finanziellen Hürde zu kämpfen: Sie müssen für ihre gesetzlich vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung selbst aufkommen – ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor.

Wer sich also für ein Hebammenstudium entscheidet, sollte sich bewusst sein, dass der Job durchaus kräftezehrend ist und nicht reich macht – zumindest nicht in Bezug auf Geld. Reich an schönen Erfahrungen, dankbaren Müttern und glücklichen Familien sind Hebammen wiederum bestimmt.

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