Lehramt Promotion
Lohnt sich die Promotion für Lehrer?

Promotionsfeier Symbolbild Lehramt Promotion

Wie hilfreich ist eine Promotion bei der späteren Jobsuche im Schulwesen? © Pexels / pixabay.com

Wer das Lehramt anstrebt oder ausübt, ist nicht unbedingt der klassische Kandidat für eine Promotion. Manch einer auf diesem Berufsweg denkt dennoch über einen Doktortitel nach – und stellt sich die Frage, ob der sich überhaupt lohnt. Die Antwort darauf hängt sehr stark von der persönlichen Situation und den beruflichen Zielen ab.

Veröffentlicht: 29.06.2020

Von: Gaby Köchel

Wenn es Ihnen vor allem um die wissenschaftliche Vertiefung in ein Themengebiet geht, können Sie sich bei einer Promotion voll entfalten. In keinem anderen Rahmen ist es so gut möglich zu forschen, sich mit anderen Akademikern auszutauschen und vielleicht sogar den wissenschaftlichen Diskurs rund um das Herzensthema zu prägen. Haben Sie die Hoffnung, auch zukünftige Schüler begeistern zu können, überlegen Sie am besten parallel, wie Sie den schweren Stoff gut zugänglich machen, um später nicht enttäuscht zu werden.

Ebenso kann die Promotion für unentschlossene Lehramtsstudenten sinnvoll sein. Wenn Sie darüber nachdenken, vielleicht doch beruflich an einer Universität Fuß zu fassen, haben Sie mit einem Doktortitel sehr viel bessere Chancen – und etwas mehr Zeit auszuloten, was wirklich das Richtige für Sie ist. Schließen Sie einen späteren Wechsel in die freie Wirtschaft nicht aus, können Sie mit einer Promotion umfassende Fachkenntnisse belegen. Dies kann sehr wohl ein Vorteil sein, da Lehramtsstudiengänge mit ihrem didaktischen Schwerpunkt – ob zurecht oder nicht – häufig in dem Ruf stehen, fachlich nicht so stark in die Tiefe zu gehen.

Wer dagegen als Lehrer promovieren möchte, um innerhalb seines Jobs voranzukommen, geht ein gewisses Risiko ein, dass sich dieser Schritt nicht wie gewünscht auszahlt. Zum einen bekommen Lehrer mit Doktortitel keine höhere Besoldung nur aufgrund der Promotion. Zum anderen stehen Posten wie die Leitung einer Schulstufe oder auch einer Schule nicht promovierten Lehrern ebenso offen. Wie stark der Doktortitel doch in manchen Fällen die Entscheidung für einen bestimmten Kandidaten beeinflusst, ist objektiv nicht messbar. In einer wohlhabenden Gegend, in der auch ein Großteil der Eltern Akademiker ist, mag die Promotion aber durchaus einen Vorteil bieten.

Die Möglichkeit, die Lehrerausbildung in Form der „Dualen Promotion“ mit dem Doktortitel zu verbinden, bietet aktuell nur die Universität Bremen an (Stand: Mai 2020). Studierende, die nicht an diesem Programm teilnehmen, müssen sich entscheiden, wann sie ihrem Promotionsvorhaben Zeit einräumen.

Für eine Promotion unmittelbar nach dem Studium sprechen mehrere Gründe: Das akademische Arbeiten liegt Ihnen noch im Blut und auch der Anschluss an die Universität ist frisch. Dies macht es für Sie leichter, Doktorvater oder -mutter zu finden. Schließlich sind Sie auch noch nicht wegen Ihres Berufes umgezogen - insbesondere Lehrer in Flächenländern verschlägt es gern einmal in eine ganz andere Ecke. Nachteil an diesem Zeitpunkt ist, dass Sie vermutlich noch kein großes finanzielles Polster aufbauen konnten und sich um einen Nebenjob oder ein Stipendium bemühen müssen.

Auch nach dem Referendariat brauchen Sie Ihr Wissen um das akademische Arbeiten nicht erst zu entstauben und sicher bestehen auch noch einige Kontakte zur Universität. Allerdings haben Sie nun Praxiskenntnisse im Lehrerberuf gesammelt, die Sie vielleicht erst vertiefen möchten, bevor Sie eine Weile pausieren. Finden Sie allerdings keine Stelle, die Ihren Vorstellungen entspricht, kann es taktisch klug sein, die Promotion direkt anzugehen und nebenbei die Augen offen zu halten. In diesem Fall sollten Sie sich allerdings überlegen, wie Sie verfahren möchten, wenn Sie Ihre Wunschanstellung finden, bevor Sie die Promotion beendet haben.

Schließlich gibt es auch gute Gründe, erst als fest im Berufsleben stehender, eventuell sogar verbeamteter Lehrer zu promovieren: Zu diesem Zeitpunkt ist der Stress der ersten Jahre vielfach in routiniertes Arbeiten übergegangen und Sie hatten die Chance, sich finanzielle Rücklagen zu schaffen. Die Schulen unterstützen es zwar nicht direkt, wenn Lehrer nebenberuflich promovieren, indirekt sind sie in Bezug auf Teilzeitregelungen oder Jahresfreistellung (früher „Sabbatjahr“) kulante Dienstherren – eine rechtzeitige Beantragung vorausgesetzt. Da eine Promotion in aller Regel aber mehr als drei Jahre in Anspruch nimmt, sollten Sie realistisch einschätzen, wie stark die Doppelbelastung auf Dauer für Sie ist. 

Schon gewusst?

Sie sind noch unschlüssig, ob Sie promovieren sollten? Finden Sie es heraus! Als registrierte:r Nutzer:in können Sie kostenlos den academics-Promotionstest machen, den wir gemeinsam mit dem Psychologischen Institut der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg entwickelt haben.

Zum Promotions-Test

Gemessen daran, dass eine Promotion für Lehrer nur wenige konkrete Vorteile mit sich bringt, finden sich an den Schulen fast erstaunlich viele Lehrkräfte mit Doktortitel. Das erklärt sich unter anderem darin, dass einige von ihnen Quer- oder Seiteneinsteiger sind, die ursprünglich kein Lehramtsstudium absolviert haben. Die Schulen begegnen mit dieser Form der Rekrutierung dem Personalmangel insbesondere in Fächern wie Mathematik und den Naturwissenschaften. Auf diesen Gebieten gehört ein Doktortitel in der freien Wirtschaft oftmals zum guten Ton.

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