Digitalisierung in der Pflege: Neue Berufsbilder im Gesundheitswesen
Dem Fachkräftemangel in der Pflege stehen steigende Anforderungen und eine wachsende Zahl von Pflegebedürftigen gegenüber – davon immer mehr Demenzpatienten, bei deren Versorgung neben der Basispflege unter anderem auch eine hohe psychosoziale Kompetenz gefordert ist. Auch die Digitalisierung der Pflege ist notwendig, um etwa das Angebot an Telemedizin und Smart Homecare auszubauen. Hier können sich nach Ansicht des Bundesverbandes Gesundheits-IT (bvitg) für technisch geschulte Pflegefachkräfte neue Berufsbilder ergeben.
Eine Akademisierung der Gesundheitsfachberufe wird daher von vielen Seiten als notwendig betrachtet, um auch komplexe Anforderungen und sich stetig ändernde Bedingungen bewältigen zu können. Pflegekräfte sollen mehr Eigenverantwortung in der Versorgung erhalten, um effektiver arbeiten zu können.
Der Wissenschaftsrat empfahl für Pflege- und Therapieberufe bereits 2012 eine Akademisierungsquote zwischen 10 und 20 Prozent und einen entsprechenden Ausbau primärqualifizierender Studiengänge. Zum damaligen Zeitpunkt war das Pflegestudium lediglich eine Weiterbildungsmöglichkeit für ausgebildete Fachkräfte oder fand als duales Studium an Pflegefachschulen statt.
Wo arbeiten Akademiker in der Pflege?
Der Bachelor-Studiengang Pflegewissenschaft deckt ein breites Spektrum ab. Neben pflegerischem und medizinischem Fachwissen werden auch Kenntnisse zu den Organisationsabläufen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie zu gesetzlichen Richtlinien und betriebswirtschaftlichen Grundlagen vermittelt. Im Master-Studiengang besteht die Möglichkeit der Spezialisierung in einem bestimmten Bereich.
Absolventen finden klassischerweise Beschäftigung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, aber auch etwa als Pflegeberater und Pflegegutachter bei Krankenkassen. Gesundheitsämter, Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Vereine und Verbände sind weitere mögliche Arbeitgeber für Akademiker mit Pflegestudium.
Absolventen eines Studiums Pflegemanagement sind darauf vorbereitet, führende Positionen in einer pflegerischen Einrichtung zu übernehmen, etwa als Pflegedienstleitung oder Stationsleitung. Je nach Schwerpunktsetzung der Hochschule erhalten neben dem pflegerischen Grundwissen betriebswirtschaftliche Inhalte mehr Raum. So kommt beispielsweise eine Tätigkeit als Pflegecontroller in Betracht, die pflegerisches und betriebswirtschaftliches Wissen vereint.
Studierte Pflegepädagogen sind die Lehrer der Pflegefachkräfte von morgen. Sie arbeiten in der Aus- und Weiterbildung sowie an Hochschulen oder forschen an wissenschaftlichen Instituten. Den Studiengang Pflegepädagogik wählen häufig Fachkräfte aus der Pflege, die sich höher qualifizieren und ihr Wissen an den Nachwuchs weitergeben möchten.
Advanced Practice Nurses (APN) sind akademisch hoch qualifizierte Pflegefachkräfte, die auch zu medizinischen Tätigkeiten berechtigt sind. Sie können sich in ihrem Studium auf bestimmte Krankheitsbilder spezialisieren, etwa auf Demenz, Krebs, Herzerkrankungen oder auf die Palliativpflege. Viele APN arbeiten eng am Patienten, die Ausbildung kann aber auch für übergeordnete Leitungsfunktionen wie in der Pflegeverwaltung qualifizieren.
Wer ein Studium der Advanced Nursing Practice aufnehmen möchte, muss in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem Gesundheitsberuf und mehrere Jahre einschlägige Berufspraxis mitbringen. Wer kein Abitur hat, erhält in vielen Fällen bei ausreichender Job-Erfahrung trotzdem Zugang zum Studium.
Quereinstieg für akademische Pflegekräfte: Praxiswissen ist unerlässlich
Der Praxisbezug ist für Akademiker in Pflegeberufen ein immens wichtiger Ausbildungsbaustein, der nicht vernachlässigt werden darf – auch dann nicht, wenn eine Berufsausbildung nicht Zulassungsvoraussetzung zum Studium ist. Wer ohne vorherige Berufserfahrung ein Pflegestudium aufnimmt, sollte sich konkret informieren, wie die Theorie- und Praxisphasen im Studium geregelt sind.
Pflegefachkräfte sind im Arbeitsalltag oft mit „allzu menschlichen“ Situationen konfrontiert, auf die sie theoretisches Fachwissen nur bedingt vorbereiten kann. Nicht umsonst war die abgeschlossene Berufsausbildung lange Zeit eine Grundvoraussetzung für den Zugang zu einem Pflegestudiengang. Als akademische Quereinsteiger gelten daher nicht Pflegekräfte ohne Abitur, die sich auf akademischem Weg weiterbilden, sondern vor allem Studienanfänger ohne Berufspraxis.
Ihr Weg in den Job ist trotz geplanter Praxisphasen noch mit einigen Hindernissen verbunden. Der Deutsche Pflegerat e. V. wies im März 2021 in einem gemeinsamen Statement mit der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft darauf hin, dass die Zahl der Studierenden in den primärqualifizierenden Pflege-Studiengängen 2020 rückläufig gewesen sei: Nur 50 Prozent der Studienplätze seien besetzt gewesen. Als Gründe nannten die Pflegeexperten unter anderem eine fehlende Vergütung für die Praxiseinsätze der Studierenden und eine noch unzureichende personelle und materielle Ausstattung der Hochschulen.
Was verdienen Akademiker in der Pflege?
Die Gehälter für Pflegefachkräfte mit und ohne akademischen Abschluss variieren je nach Qualifikation, Arbeitgeber, Berufserfahrung und konkreter Tätigkeit. Im öffentlichen Dienst, in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen wird in der Regel ein Tariflohn gezahlt.
Maßgeblich ist auf kommunaler Ebene die 2017 eingeführte Entgeltordnung für Gesundheitsberufe (TVöD-P). Pflegekräfte mit dreijähriger Ausbildung werden mindestens in die Entgeltgruppe P 7 eingruppiert, je nach Tätigkeit und Verantwortung auch höher. Für Pflegekräfte mit Leitungsfunktion beginnt die Eingruppierung bei Gruppe P 9 und für Beschäftigte mit wissenschaftlicher Hochschulausbildung, die eine ihrer Qualifikation entsprechende Tätigkeit ausüben, bei Gruppe P 13. (Quelle: ver.di).
Folgende monatliche Brutto-Vergütungen in Euro sieht der TVöD-P nach Entgeltgruppen und Stufenzuordnung vor (gültig vom 1.4.2021 bis 31.3.2022):
Seit 2020 gibt es außerdem den Mindestlohn für Pflegekräfte, für die der TVöD nicht greift. Für examinierte Kräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung oder Bachelor-Studium liegt dieser ab dem 1. Juli 2021 bei 15 Euro pro Stunde, ab dem 1. Juli 2022 erhöht er sich auf 15,40 Euro pro Stunde. (Quelle: Arbeitgeberverband Pflege).
Grundsätzlich gilt: In der Pflege wird man noch immer nicht reich, allerdings verdienen Akademiker insbesondere außerhalb der aktiven Pflege – etwa als Pflegemanager, Dozenten oder Controller – oft überdurchschnittlich. Auch für Pflegekräfte, die direkt am Patienten arbeiten, lohnt sich ein Studium in finanzieller Hinsicht häufig, wenn sie dadurch etwa zur Pflegedienstleitung oder zur Advanced Practice Nurse aufsteigen können.