Pflegestudium
Perspektiven für Akademiker und Akademikerinnen in der Pflege

Pflege - Unterstützende Hand für Baum

Akademiker:innen bieten sich gute Chancen im Pflegebereich. © Neil Thomas / unsplash.com

Die Pflegeausbildung in Deutschland ist im Umbruch: Mehr Fachkräfte und akademisierte Pflegekräfte sollen die Qualität der pflegerischen Versorgung sichern und ausbauen. Das Pflegestudium steht seit 2020 auch Menschen ohne vorherige abgeschlossene Ausbildung offen.

Veröffentlicht: 16.04.2023

Von: Frauke Noweck & Florian Heil

Akademiker:innen in Pflegeberufen – in Deutschland war das bis vor Kurzem die absolute Ausnahme, anders als in vielen europäischen Nachbarstaaten. Im Juli 2019 gab es nach Angaben der Bundesregierung nur rund 4.000 akademisch ausgebildete Pflegekräfte in Deutschland. Das waren sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Pflege jeweils weniger als 0,5 Prozent der Beschäftigten.

Hier zeichnet sich aber eine Trendwende ab. Das 2020 in Kraft getretene Pflegeberufegesetz hat den Rahmen für eine akademische Pflege-Erstausbildung geschaffen. Das Studium – etwa im Fach Pflegewissenschaft oder im Fach Pflegemanagement – soll so auch Schulabgänger:innen mit Hochschulreife offen stehen, die keine oder nur wenig Vorkenntnisse in der Pflege haben. So nennt etwa die Universität Fulda als Zulassungsvoraussetzung für ihren Bachelor-Studiengang Pflege neben der Hochschulzugangsberechtigung lediglich ein sechswöchiges Pflegepraktikum. 

Entsprechende Angebote sind derzeit vielerorts im Auf- und Ausbau. Die Internetplattform pflegestudium.de nennt folgende Studiengänge:

  • Advanced Nursing Practice (auch: Advanced Practice Nursing)
  • Pflegemanagement
  • Pflegepädagogik
  • Pflegewissenschaft
  • Gerontologie
  • Gesundheitswissenschaften und -management
  • Palliativpflege
  • Psychiatrische Pflege

Angeboten werden diese Studiengänge an insgesamt 112 Hochschulen (Stand April 2023). Die Studieninhalte variieren je nach Hochschule; so werden beispielsweise in Pflegemanagement unterschiedliche Schwerpunkte auf pflegerische oder betriebswirtschaftliche Themen gesetzt.

Je nach Studiengang und Schwerpunkt bieten sich unterschiedliche Wege für Akademiker:innen in der Pflege. Die wichtigsten Studiengänge kurz zusammengefasst.

Der Bachelor-Studiengang Pflegewissenschaft deckt ein breites Spektrum ab. Neben pflegerischem und medizinischem Fachwissen werden auch Kenntnisse zu den Organisationsabläufen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie zu gesetzlichen Richtlinien und betriebswirtschaftlichen Grundlagen vermittelt. Im Master-Studiengang besteht die Möglichkeit der Spezialisierung in einem bestimmten Bereich. 

Absolvent:innen bieten sich vielfältige Chancen. Mögliche Arbeitgeber sind beispielsweise

  • Krankenhäuser und Kliniken
  • Pflegeeinrichtungen
  • Krankenkassen (Pflegeberater und -gutachter)
  • Gesundheitsämter
  • Bildungs- und Forschungseinrichtungen
  • Vereine und Verbände

Absolventen eines Studiums Pflegemanagement sind darauf vorbereitet, führende Positionen in einer pflegerischen Einrichtung zu übernehmen, etwa als Pflegedienstleitung oder Stationsleitung. Je nach Schwerpunktsetzung der Hochschule erhalten neben dem pflegerischen Grundwissen betriebswirtschaftliche Inhalte mehr Raum. So kommt beispielsweise eine Tätigkeit als Pflegecontroller in Betracht, die pflegerisches und betriebswirtschaftliches Wissen vereint. 

Studierte Pflegepädagogen und Pflegepädagoinnen sind die Lehrer:innen der Pflegefachkräfte von morgen. Sie arbeiten in der Aus- und Weiterbildung sowie an Hochschulen oder forschen an wissenschaftlichen Instituten. Den Studiengang Pflegepädagogik wählen häufig Fachkräfte aus der Pflege, die sich höher qualifizieren und ihr Wissen an den Nachwuchs weitergeben möchten.

Advanced Practice Nurses (APN) sind akademisch hoch qualifizierte Pflegefachkräfte, die auch zu medizinischen Tätigkeiten berechtigt sind. Sie können sich in ihrem Studium auf bestimmte Krankheitsbilder spezialisieren, etwa auf Demenz, Krebs, Herzerkrankungen oder auf die Palliativpflege. Viele APN arbeiten eng am Patienten, die Ausbildung kann aber auch für übergeordnete Leitungsfunktionen wie in der Pflegeverwaltung qualifizieren. 

Wer ein Studium der Advanced Nursing Practice aufnehmen möchte, muss in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem Gesundheitsberuf und mehrere Jahre einschlägige Berufspraxis mitbringen. Wer kein Abitur hat, erhält in vielen Fällen bei ausreichender Job-Erfahrung trotzdem Zugang zum Studium. 

Schon gewusst?

Im Jahr 2021 schlossen laut Destatis 2.064 Studierende ihr Studium der Pflegewissenschaften ab.

Der Praxisbezug ist für Akademiker:innen in Pflegeberufen ein immens wichtiger Ausbildungsbaustein, der nicht vernachlässigt werden darf – ein Pflegestudium, in dem auch fachliche sowie soziale Kompetenzen vermittelt werden, ist deshalb der beste Weg. Nichtsdestotrotz gibt es auch Möglichkeiten für einen Quereinstieg.

Vor allem Absolventen und -Absolventinnen in BWL und Wirtschaftswissenschaften haben gute Chancen – schließlich spielen ökonomische Aspekte im Pflegebereich eine große Rolle. pflegestudium.de nennt als mögliche Berufe:

  • Pflegecontroller (kaufmännische Betreuung von Pflegemaßnahmen und -projekten, Budgetierung, Datenerhebung etc.)
  • Pflege-Qualitätsmanager:in (Analyse, Optimierung und Weiterentwicklung von Abläufen und Maßnahmen, Beschwerdemanagement etc.)
  • Pflege-Auditor:in (Audits, Dokumentation, Optmierungsvorschläge etc.

Die Digitalisierung der Pflege ist notwendig, um etwa das Angebot an Telemedizin und Smart Homecare auszubauen. Hier können sich nach Ansicht des Bundesverbandes Gesundheits-IT (bvitg) für technisch geschulte Pflegefachkräfte neue Berufsbilder ergeben. Gerade für IT- und Data-Expert:innen bieten sich hervorragend Berufsperspektiven.

Eine Akademisierung der Gesundheitsfachberufe wird daher von vielen Seiten als notwendig betrachtet, um auch komplexe Anforderungen und sich stetig ändernde Bedingungen bewältigen zu können. Pflegekräfte sollen mehr Eigenverantwortung in der Versorgung erhalten, um effektiver arbeiten zu können. 

Der Wissenschaftsrat empfahl für Pflege- und Therapieberufe bereits 2012 eine Akademisierungsquote zwischen 10 und 20 Prozent und einen entsprechenden Ausbau primärqualifizierender Studiengänge. Zum damaligen Zeitpunkt war das Pflegestudium lediglich eine Weiterbildungsmöglichkeit für ausgebildete Fachkräfte oder fand als duales Studium an Pflegefachschulen statt. 

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Die Gehälter für Pflegefachkräfte mit und ohne akademischen Abschluss variieren je nach Qualifikation, Arbeitgeber, Berufserfahrung und konkreter Tätigkeit. Im öffentlichen Dienst, in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen wird in der Regel ein Tariflohn gezahlt. 

Maßgeblich ist auf kommunaler Ebene die 2017 eingeführte Entgeltordnung für Gesundheitsberufe (TVöD-P). Pflegekräfte mit dreijähriger Ausbildung werden mindestens in die Entgeltgruppe P 7 eingruppiert, je nach Tätigkeit und Verantwortung auch höher. Für Pflegekräfte mit Leitungsfunktion beginnt die Eingruppierung bei Gruppe P 9 und für Beschäftigte mit wissenschaftlicher Hochschulausbildung, die eine ihrer Qualifikation entsprechende Tätigkeit ausüben, bei Gruppe P 13. (Quelle: ver.di). Die monatlichen Brutto-Vergütungen (Euro) finden Sie in der folgenden Tabelle (Stufe 1 gibt es in diesen höheren Entgeltgruppen nicht).

Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst - Pflege (TVöD-P)*

Entgeltgruppe Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6

P 16

4.490,85

4.648,28

5.156,63

5.749,20

6.010,59

P 15

4.394,40

4.538,47

4.898,67

5.329,75

5.494,38

P 14

4.288,08

4.428,68

4.780,16

5.257,71

5.344,85

P 13

4.181,78

4.318,89

4.661,64

4.909,13

4.973,03

P 12

3.969,12

4.099,27

4.424,61

4.624,46

4.717,41

P 11

3.756,50

3.879,67

4.187,58

4.392,07

4.485,03

P 10

3.545,85

3.660,42

3.985,40

4.142,26

4.241,02

P 9

3.373,96

3.545,85

3.660,42

3.880,82

3.973,77

* nach Entgeltgruppe (EG) und Stufenzuordnung in Euro brutto pro Monat, gültig vom 1.4.2022 bis 31.12.2022; die Tarifrunde 2023 läuft.

Quelle: oeffentlicher-dienst.info © academics

Seit 2020 gibt es außerdem den Mindestlohn für Pflegekräfte, für die der TVöD nicht greift. Für examinierte Kräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung oder Bachelor-Studium liegt dieser ab dem 1. Mai 2023 bei 17,60 Euro pro Stunde, ab dem 1. Dezember 2023 erhöht er sich auf 18,25 Euro pro Stunde. (Quelle: ver.di).

Grundsätzlich gilt: In der Pflege wird man noch immer nicht reich, allerdings verdienen Akademiker:innen insbesondere außerhalb der aktiven Pflege – etwa als Pflegemanager:in, Dozent:in oder Controller:in – oft überdurchschnittlich. Auch für Pflegekräfte, die direkt am Patienten arbeiten, lohnt sich ein Studium in finanzieller Hinsicht häufig, wenn sie dadurch etwa zur Pflegedienstleitung oder zur Advanced Practice Nurse aufsteigen können. 

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Auch die Ausbildung wurde durch das neue Pflegeberufegesetz attraktiver gestaltet. Das Schulgeld für angehende Altenpfleger:innen wurde abgeschafft, die Ausbildungsinhalte in den verschiedenen Fachbereichen stärker generalisiert und neue Mindestanforderungen für die Qualität der Ausbildung aufgestellt. 

So sind die zuvor gesetzlich getrennt geregelten Ausbildungen der Kranken- und Altenpflege seitdem zusammengeführt:

  • Die Auszubildenden erhalten zunächst zwei Jahre lang eine gemeinsame Ausbildung. 
  • Anschließend besteht die Möglichkeit, sich für den Bereich der Kinderkrankenpflege oder Altenpflege zu entscheiden. Auszubildende, die diesen Weg wählen, führen nach Abschluss der dreijährigen Ausbildung die Berufsbezeichnung „Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in“ oder “Altenpfleger/in“.  
  • Auszubildende, die auch im dritten Jahr die generalistische Ausbildung fortsetzen, erwerben den Berufsabschluss als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann.  


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