Ungleichbehandlung
Diskriminierung am Arbeitsplatz: Was tun?

Ein Demonstrationsschild „Equality in Diversity" als Symbolbild für Ungleichbehandlung

Diskriminierung ist ein wiederkehrendes Thema, auch am Arbeitsplatz. © Amy Elting / unsplash.com

Abfällige Kommentare von Kollegen oder Kolleginnen, ungerechtes Verhalten von Vorgesetzten – Diskriminierung am Arbeitsplatz hat viele Facetten. Das sollten Arbeitnehmer:innen wissen.

Veröffentlicht: 03.04.2023

Von: Maresa Wolbert

Diskriminierung ist die Benachteiligung eines Menschen wegen bestimmter tatsächlicher oder zugeschriebener individueller oder gruppenspezifischer Merkmale. Welche schützenswerten Merkmale hierunter fallen, regelt § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Demnach zählen hierzu:

  • das Geschlecht,
  • der ethnische oder kulturelle Hintergrund,
  • die Religion und Weltanschauung,
  • das Alter,
  • die sexuelle Identität oder
  • eine Behinderung.

Das bedeutet, dass Benachteiligungen – etwa in Stellenanzeigen oder im Bewerbungsgespräch –aufgrund dieser Merkmale unzulässig sind. Wer also Jobs nur an „deutsche Bewerber“ ausschreibt oder Anfragen nur an Krankenschwestern statt an Krankenpfleger:innen richtet, diskriminiert. Auch Fragen in Bewerbungsgesprächen wie: „Sind Sie Muslima?“ oder „Haben Sie vor, schwanger zu werden?“ sind unzulässig. Werden Bewerber:innen nach diesen Merkmalen gefragt, müssen sie darauf nicht wahrheitsgetreu antworten.

In Deutschland unterstützt und berät die Antidiskriminierungsstelle des Bundes Personen, die Benachteiligungen erfahren haben. Laut dem Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle gingen im Jahr 2021 insgesamt 5.617 Anfragen ein, die sich mindestens auf ein innerhalb des AGG geschütztes Diskriminierungsmerkmal zurückführen ließen. Die meisten Anfragen standen im Zusammenhang mit dem Diskriminierungsmerkmal ethnische Herkunft (37 Prozent), 32 Prozent der Anfragen bezogen sich auf das Merkmal Behinderung und 20 Prozent auf das Geschlecht.

Oft passiert Diskriminierung am Arbeitsplatz unbewusst und unbeabsichtigt. In diesen Fällen kann dennoch eine Benachteiligung vorliegen, und zwar in Form einer indirekten, mittelbaren Diskriminierung. Darunter sind alle Vorschriften, Handlungen und Kriterien zu verstehen, die neutral erscheinen, in ihrer tatsächlichen Umsetzung allerdings eindeutig als Benachteiligung zu werten sind.

Eine mittelbare Benachteiligung ist zum Beispiel gegeben, wenn der Arbeitgeber eine Kernarbeitszeit für alle Mitarbeiter:innen einführt und unter ihnen auch Teilzeitkräfte sind, die zuvor ihre Arbeitszeiten flexibel und eigenständig bestimmen konnten.

Mobbing liegt vor, wenn jemand bei der Arbeit über einen längeren Zeitraum von Vorgesetzten oder Kolleg:innen systematisch schikaniert, beleidigt, benachteiligt oder ausgegrenzt wird. Diskriminierung ist eine spezielle Form des Mobbings, da Diskriminierungsopfer aufgrund eines der gesetzlich aufgelisteten, schützenswerten Merkmale benachteiligt werden.

Eine Ungleichbehandlung ist zulässig, wenn sie sachgerecht ist. Die Anforderungen an eine legitime Nichtgleichbehandlung sind jedoch sehr hoch. Die Rechtfertigungsgründe für eine Ungleichbehandlung listet das AGG auf. Eine Ungleichbehandlung kann demnach sachgerecht und zulässig sein

  • wegen der beruflichen Anforderung (§ 8 AGG),
  • wegen der Religion oder Weltanschauung (§ 9 AGG),
  • wegen des Alters (§ 10 AGG).

Zudem sind Ungleichbehandlungen zulässig, die eine grundsätzliche Benachteiligung ausgleichen sollen. Arbeitgeber haben beispielsweise das Recht, weibliche Angestellte im Zusammenhang mit Frauenförderungsprogrammen zu begünstigen, etwa wenn es um Beförderungen oder Fortbildungen geht. Diese Ausnahmen sind ebenso auf Bevorzugungen von Angestellten mit Behinderungen anwendbar.

Beispiele für zulässige Ungleichbehandlung: 

  • Ein Opernhaus sucht eine Sopransängerin. Ein männlicher Bewerber kann trotz vergleichbarer Qualitäten zurecht abgelehnt werden, da das Merkmal „Frau“ in diesem Fall eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt. 
  • Eine gynäkologische Praxis sucht ausschließlich weibliches Pflegepersonal.

Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, die Einhaltung des Gleichstellungsgesetzes sicherzustellen. Sie müssen ihre eigenen Handlungen so gestalten, dass sie keinen ihrer Arbeitnehmer:innen in Bezug auf die im Gesetz aufgeführten Merkmale benachteiligen. Zudem müssen sie sicherstellen, dass ihre Angestellten nicht gegen das AGG verstoßen.

§12 AGG regelt außerdem, dass der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, Mitarbeiter:innen in geeigneter Art und Weise zu schulen, damit diese wissen und erkennen, wann sie benachteiligt werden, welche Rechte sie haben und wie sie sich gegen Diskriminierungen wehren können.

Auch wenn eine Diskriminierung von Dritten – wie Lieferant:innen oder Kund:innen – erfolgt, steht der Arbeitgeber in der Pflicht, seine Mitarbeiter:innen vor Benachteiligungen und Diskriminierung am Arbeitsplatz zu schützen. Machen beispielsweise Lieferanten beim Abholen einer Fracht frauenfeindliche Bemerkungen in Anwesenheit von Arbeitnehmer:innen, müssen Arbeitgeber hierauf reagieren, etwa in Form von Abmahnungen oder sogar Kündigungen der Geschäftsbeziehungen.

Kümmern sich Arbeitgeber nicht darum, dass die Vorschriften des AGG eingehalten werden, haben Mitarbeiter:innen bei einer Diskriminierung am Arbeitsplatz verschiedene rechtliche Möglichkeiten. Sie richten sich nach der Art und dem Ausmaß der Benachteiligung. 

  • Beschwerderecht: Betroffenen Mitarbeiter:innen steht ein Beschwerderecht zu. Es richtet sich an den Betriebsrat oder die Personalvertretung, falls vorhanden. Alternativ hat der Arbeitgeber eine Beschwerdestelle einzurichten. In dieser Einrichtung kümmern sich Mitarbeiter:innen oder eine ganze Abteilung so um die Anliegen von Kolleg:innen, dass sie sich ohne Angst an diese Stelle wenden können. 
  • Leistungsverweigerungsrecht: Erfährt ein Arbeitgeber von einer Diskriminierung und unterlässt es dennoch, auf diese angemessen zu reagieren, haben Betroffene unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, ihre Arbeitsleistung zu verweigern. Die Voraussetzungen liegen vor, wenn die Würde der Betroffenen verletzt wird und ein Umfeld entsteht, in dem gemäß § 3 Abs. 3 AGG die folgenden negativen Einflüsse herrschen: Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen, Beleidigungen oder Belästigung. Ein Leistungsverweigerungsrecht besteht überdies, wenn Arbeitnehmer:innen von sexuellen Belästigungen betroffen sind (§ 3 Abs. 4 AGG).
  • Schadensersatzansprüche: Wer am Arbeitsplatz diskriminiert wird, kann Schadenersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen (§ 15 AGG). Ist der Arbeitgeber selbst Täter, haben Opfer Anspruch auf Ersatz des entstandenen materiellen Schadens (Lohnausfall). Zudem können sie einen Ausgleich für immaterielle Schädigungen verlangen (Schmerzensgeld). Ein Recht auf Schadenersatz besteht grundsätzlich auch dann, wenn ein Arbeitgeber die Diskriminierung nicht zu vertreten hat, er aber keine Gegenmaßnahmen ergriffen hat.


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Fühlen sich Arbeitnehmer:innen ungerecht behandelt, sollten sie sich entweder an die diskriminierende Person direkt oder an die beauftragte Vertrauensperson des Unternehmens wenden. Ein offenes Gespräch bringt oft Klärung. Falls nicht, stehen Opfern die oben genannten juristischen Möglichkeiten zur Verfügung. 

In jedem Fall kann es hilfreich sein, wenn bei wiederholter oder dauerhafter Diskriminierung das genaue Verhalten schriftlich festgehalten wird. Das erleichtert im Streitfall die Beweisführung. 

Sind Vorgesetzte für die Diskriminierung verantwortlich, fällt es vielen Betroffenen schwer, ihre Führungskraft auf das Fehlverhalten anzusprechen. Dennoch sollte das immer der erste Schritt sein. Ist das Gespräch nicht von Erfolg gekrönt, sollten sich Opfer von Diskriminierung an höhere Vorgesetzte, die Personalabteilung oder den Betriebsrat wenden. Möchten Betroffene sich nicht an eine geeignete Stelle innerhalb des Unternehmens wenden oder haben bisher ergriffene Maßnahmen keine Wirkung gezeigt, können sie bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes Hilfe bekommen.

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Kommt es in Unternehmen zu wiederholter Diskriminierung, wirkt sich das negativ auf das Betriebsklima aus: Die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer:innen sinkt, die Produktivität innerhalb des Unternehmens insgesamt geht zurück. Wirtschaftliche Schäden drohen. Auch der Ruf eines Unternehmens leidet, werden diskriminierende Benachteiligungen bekannt.

Sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmer:innen sollte also daran gelegen sein, dass es im Unternehmen nicht zu Benachteiligungen kommt. Die größte Wirkung entfaltet sich, wenn ein Unternehmen klar gegen Diskriminierung Stellung bezieht und eine Unternehmenskultur schafft, die Diversität fördert. Innerbetriebliche Schulungen und Workshops können die Führungsriege und Mitarbeiter:innen für dieses Thema sensibilisieren. 

Es gilt: Arbeitgeber und Führungspersonal sind Vorbilder. Nur wenn sie sich für ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander einsetzen und es selbst glaubwürdig leben, können sie ein offenes Betriebsklima und eine Unternehmenskultur schaffen, in der Diskriminierung keinen Platz hat.

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