Gehaltsverhandlung
Gehaltserhöhung fordern: Argumente und Tipps

Zwei Männer geben sich nach einer Gehaltsverhandlung die Hand

Richtig angegangen ist die Gehaltsverhandlung erfolgreich. © shapecharge / iStock

Wer eine Gehaltserhöhung bekommen möchte, muss meist selbst aktiv werden. Wann wie viel mehr Gehalt drin ist und welches Vorgehen ratsam ist, lesen Sie hier.

Veröffentlicht: 11.12.2022

Von: Florian Heil

Egal in welcher Branche oder in welchem Job: In der Regel steigt das Gehalt im Laufe der Karriere an. Im öffentlichen Dienst sind diese Gehaltserhöhungen durch die Erfahrungsstufen sogar tariflich festgelegt: Für das Aufrücken in die nächste Stufe ist die Verweildauer in der Stufe der jeweiligen Entgeltgruppe maßgebend. Je mehr einschlägige Berufserfahrung vorhanden ist, desto höher fällt also der Verdienst aus. Zudem gibt es innerhalb der Erfahrungsstufen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst regelmäßige tarifliche Entgelterhöhungen

Bei anderen Arbeitgebern sieht das in der Regel anders aus: Hier kann es zwar auch sein, dass sich Gehälter an Tarifverträgen orientieren, doch zumeist sind die Beschäftigten selbst dafür verantwortlich, eine bessere Bezahlung einzufordern. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt dafür gekommen?

Das hängt in erster Linie von der individuellen Arbeitssituation ab. Eine bestimmte Zeit im Betrieb rechtfertigt alleine noch keine Gehaltsanpassung. Entscheidend ist, dass eine erkennbare und idealerweise messbare Mehrleistung über einen gewissen Zeitraum erbracht wurde. Das kann gerade bei neuen Mitarbeitern:innen bereits nach einem kurzen Zeitraum der Fall sein, wenn die Einarbeitung erfolgt ist oder die Probezeit vorbei und der Wert der Arbeitskraft nachgewiesen wurde.

Um sich die eigene Leistung und Weiterentwicklung vor Augen zu führen, kann es hilfreich sein, sich eine (digitale) Leistungsmappe oder ein Erfolgsheft anzulegen. Dort sollten zu erreichende und bereits erreichte Ziele vermerkt werden, laufende Projekte oder auch Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden. Auf diese Weise lässt sich die eigene Entwicklung immer im Blick behalten, was bei Entwicklungs- und Gehaltsgesprächen sicherlich förderlich ist.

In der freien Wirtschaft sind Arbeitgeber nicht zu einer regelmäßigen Gehaltserhöhung verpflichtet. Aber auch langgediente Mitarbeiter:innen können in regelmäßigen Abständen mehr Geld erwarten – vorausgesetzt, sie haben sich in dieser Zeit weiterentwickelt. Arbeitsrechtsexpert:innen empfehlen, etwa alle 18 bis 24 Monate eine Gehaltsanpassung zu fordern. 

Entscheidend sind stichfeste Argumente, die nachvollziehbar machen, dass eine Gehaltserhöhung gerechtfertigt ist, beispielsweise positives Feedback aus einem Jahresgespräch oder konkrete Erfolge. Gerade in einer Arbeitswelt, in der Fachkräfte fehlen und der Wert von Arbeitnehmer:innen in vielen Branchen deutlich steigt, ist falsche Bescheidenheit fehl am Platz.

Trainer und Berater Karsten Noack hält seit 1998 Coachings zum Thema Gehaltserhöhung ab. Seiner Ansicht nach sind Gehaltsverhandlungen dann erfolgreich, wenn sich der Arbeitgeber eine Zukunft ohne den Mitarbeiter nur schwerlich vorstellen kann. „Unternehmen sind in der Regel nicht bereit, mehr Geld zu bezahlen, weil der Angestellte bestimmte Dinge in der Vergangenheit geleistet hat, sondern weil sie sich für die kommenden Jahre weitere Impulse durch ihn erhoffen, die andere Mitarbeitende eher nicht erbringen“, sagt Noack. „Und natürlich ist die Bereitschaft, künftig mehr Verantwortung zu übernehmen, in diesem Zuge immer gern gesehen.“

Zudem sind Gehaltsforderungen aussichtsreicher, wenn es der Firma wirtschaftlich gut geht. Müssen Mitarbeiter:innen entlassen werden oder droht Kurzarbeit, ist der Zeitpunkt sicherlich schlecht gewählt. Wird hingegen seit Monaten Personal für die eigene Abteilung gesucht, sind die Chancen ungleich besser.

Und selbstverständlich kann auch ein Auslöser wie eine besonders starke Inflation ein Argument sein, eine Gehaltserhöhung einzufordern. Beschäftigte haben zwar ohne explizite Regelung keinen Anspruch auf einen Inflationsausgleich, denn der Arbeitgeber wird ja genauso mit höheren Ausgaben konfrontiert. Doch viele Unternehmen preisen es ein, dass neben vielen anderen Kostenpunkten auch die Gehälter steigen.

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Als Vorbereitung auf ein Gehaltsgespräch ist es von Vorteil, wenn Beschäftigte ihren eigenen Marktwert gut einschätzen können. Wer weiß, was der Kollege oder die Kollegin in ähnlicher Position verdient, hat bereits einen Anhaltspunkt.

Doch in den meisten Fällen wird das eigene Gehalt eher verschwiegen behandelt. Es besteht aber die Möglichkeit, den Arbeitgeber über Teamvertreter:innen, den Betriebsrat oder andere Vertrauensleute aufzufordern, eine unternehmensinterne Gehaltsstruktur offenzulegen, an der sich dann alle Beschäftigte orientieren können.

Eine weitere Option zur Bestimmung des eigenen Marktwertes sind Gehaltsportale wie gehalt.de, Arbeitgeberbewertungsplattformen wie kununu.com, Gehaltsratgeber oder der Lohnspiegel der Hans-Böckler-Stiftung, die für viele Berufe Durchschnittsgehälter ausweisen, in der Regel aufgesplittet nach Berufserfahrung. Und natürlich lassen sich auch Stellenanzeigen durchforsten – oft genügt ein Anruf beim Ansprechpartner, um die Gehaltsrange auszuloten. 

Noack empfiehlt zudem, ein aussagekräftiges Profil bei Karrierenetzwerken wie Xing oder LinkedIn einzurichten. „Sehr viele Beschäftigte werden derzeit von Headhuntern über solche Portale kontaktiert. Diese Personaldienstleister bekommen von ihren Arbeitgebern immer eine Gehaltsrange mit, die gut zur eigenen Positionierung dienen kann.“

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Eine pauschale Aussage über eine übliche Höhe einer Gehaltsanpassung ist kaum möglich. Oft fällt die erste Lohnerhöhung größer aus als folgende Anstiege, da Beschäftigte nach der Einarbeitungszeit deutlich wertvoller für das Unternehmen werden. Als grobe Hausnummer kann die erste Gehaltserhöhung bis zu 15 Prozent betragen, abhängig vom verhandelten Einstiegsgehalt. 

Spätere Gehaltsanpassungen liegen meist zwischen drei und zehn Prozent. Bei Beförderungen und Positionswechseln mit deutlich mehr Verantwortung sind auch größere Sprünge möglich.

Damit die Lohnerhöhung nicht zu niedrig ausfällt, sollten Beschäftigte selbstbewusst auftreten und eine vergleichsweise hohe Zahl nennen, die allerdings nicht konträr zur gezeigten Leistung stehen sollte. Arbeitgeber verhandeln die Forderung in der Regel nach unten. 

Noack rät allerdings dazu, den Arbeitgeber den ersten Vorschlag machen zu lassen: „Wer gute Argumente vorgelegt hat, sollte den Gesprächspartner oder die Gesprächspartnerin einfach fragen, wie sich der gesteigerte Wert der Arbeitskraft denn finanziell auswirken könnte. Und diesen Vorschlag– egal, wie er ausfällt – nicht sofort annehmen. Der Arbeitgeber sollte den Eindruck bekommen, dass der Verhandlungspartner oder die Verhandlungspartnerin über das Angebot nachdenken muss und offensichtlich erst bei einem Aufschlag zufrieden ist.“

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Gehaltswünsche werden nicht immer erfüllt: Oft lehnen Arbeitgeber eine Anpassung ganz ab, vertrösten auf einen späteren Zeitpunkt oder offerieren nur ein unzureichendes Angebot. Und dann? „Machen Sie nicht den Fehler, dem Arbeitgeber mit irgendwas zu drohen“, sagt Noack.

Auch von der Taktik, ein vermeintlich besser zahlendes Konkurrenzunternehmen ins Spiel zu bringen, rät der Experte ab. „Wer gar keine Perspektive mehr bei dem derzeitigen Arbeitgeber sieht und sicher ist, Alternativangebote zu bekommen, hat natürlich wenig zu verlieren. Doch verlässt der Arbeitnehmer die Firma nicht, beschädigt er seine Position damit auf Dauer. Viel besser ist es, die Voraussetzungen zu klären und schriftlich festzuhalten, was von einem künftig erwartet wird, damit beim nächsten Jahresgespräch eine Gehaltserhöhung vollzogen werden kann.“

Wer sich nicht auf das nächste Gespräch vertrösten lassen möchte, sollte nach Sonderleistungen fragen, also beispielsweise nach einer Einmalzahlung oder einer indirekten Gehaltserhöhung: Benefits wie mehr Urlaub, weniger Überstunden oder flexiblere Arbeitszeit und -ortswahl sind für viele Arbeitnehmerinnen ebenfalls wichtig.

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