Warum Bildung wichtig ist
Bildung in Deutschland: Stellenwert und Bildungssystem

Wilhelm von Humboldt Statue Symbolbild Bildung in Deutschland

Welche Rolle spielt die Bildung in Deutschland? © justhavealook / istockphoto.com

Welchen Stellenwert Bildung in Deutschland hat, wie Deutschland in dieser Hinsicht abschneidet und wie das Bildungssystem aufgebaut ist – diesen Fragen nähern wir uns hier.

Veröffentlicht: 20.09.2022

Von: Florian Heil

Jeder weiß etwas mit dem Begriff „Bildung“ anzufangen – doch wie dieser Begriff genau definiert wird, darüber streiten sich die Experten und Expertinnen. Einigkeit besteht darin, dass die Schulen und Hochschulen zentrale Orte für Bildungsprozesse sind – aber längst nicht die einzigen. Denn die Bildung der Persönlichkeit, das praktische und das soziale Lernen finden in hohem Maße außerhalb von Schule und Universität statt.

Fasst man den Begriff „Bildung“ weiter, bedeutet er die umfassende Entwicklung menschlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten, die das gesamte Leben andauert. Bildung befähigt zum selbstständigen Lernen, zum Erkennen von Problemen, zur Entwicklung von Lösungsstrategien und zum Umgang mit unvorhersehbaren Veränderungen.

Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835), einer der Väter des modernen Bildungsbegriffes, definierte Bildung als „die Anregung aller Kräfte des Menschen, damit diese sich über die Aneignung der Welt entfalten und zu einer sich selbst bestimmenden Individualität und Persönlichkeit führen“.

Um den Begriff Bildung konkreter einordnen und internationale Qualifikationsniveaus besser vergleichen zu können, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Kultusministerkonferenz den DQR ins Leben gerufen, den Deutschen Qualifikationsrahmen. Dieses Instrument definiert acht Niveaus, die deutlich machen, welche Kompetenzen im deutschen Bildungssystem erworben werden, und setzt diese in Beziehung zum EQR, dem europäischen Pendant.

Während Niveau eins „Kompetenzen zur Erfüllung einfacher Anforderungen in einem überschaubar und stabil strukturierten Lern- oder Arbeitsbereich“ beschreibt, steht Niveau acht für „Kompetenzen zur Gewinnung von Forschungserkenntnissen in einem wissenschaftlichen Fach oder zur Entwicklung innovativer Lösungen und Verfahren in einem beruflichen Tätigkeitsfeld.“

Welche Qualifikation in welches Niveau fällt, hat der DQR in dieser Liste detailliert beschrieben. Zwei Beispiele: Die Qualifikation zum IT-Spezialisten wird in Niveau fünf eingeordnet, ein Abschluss auf Masterebene zählt zum Niveau sieben.

Der Bericht „Bildung in Deutschland“ des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation, der sich der Gesamtentwicklung des deutschen Bildungswesens widmet, listet einige signifikante Entwicklungen der letzten Jahre:

  • Die Ausgaben für Bildung, Forschung und Wissenschaft betrugen im Jahr 2020 241 Milliarden Euro. Die Ausgaben je Schüler beziehungsweise Schülerin liegen mit 14.200 US-Dollar über dem OECD-Durchschnitt von 11.800 US-Dollar.
  • Die Anzahl der Bildungseinrichtungen in Deutschland ist 2020 im Vergleich zu 2010 um rund vier Prozent gestiegen. Dieser Zuwachs basierte insbesondere auf dem Ausbau der Kindertagesbetreuung und der Hochschulstandorte.
  • Im Jahr 2020 verfügten 26 Prozent der Bevölkerung über einen höheren beruflichen oder akademischen Abschluss, ein Zuwachs um fünf Prozent verglichen mit 2010.
  • Die Zahl der im Bildungswesen Beschäftigten hat seit 2010 um 20 Prozent zugelegt.

Um das Bildungsniveau in Deutschland seriös einordnen zu können, sind Vergleichswerte mit anderen weit entwickelten Staaten notwendig. So wird alle drei Jahre beispielsweise die weltweite PISA-Studie unter fünfzehnjährigen Schülerinnen und Schülern durchgeführt, die in den Bereichen Naturwissenschaften, Mathematik und Lesen den Bildungsstand überprüft. Die derzeit aktuellsten (Stand: September 2022) vorliegenden Ergebnisse aus dem Jahr 2018 bescheinigen Deutschland nur einen durchschnittlichen Platz. 

Im Vergleich der teilnehmenden 35 OECD-Länder landete Deutschland beim Schwerpunkt Lesekompetenz auf Platz 15. Viele andere westliche Länder wie Frankreich, die USA, Schweden oder Großbritannien lagen in etwa gleichauf. Jede fünfte teilnehmende Person habe dabei nur Grundschulniveau erreicht, hieß es in der Auswertung. In Mathematik und Naturwissenschaften wurden ähnliche Platzierungen erreicht.

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Ein besserer Bildungsgrad wird Deutschland in der OECD-Bildungsstudie 2021 zugeschrieben, in der der Aufbau, die Finanzierung sowie die Leistung der Bildungssysteme in 37 OECD-Staaten und acht Partnerländern untersucht wurde. Einige relevante Ergebnisse:

  • In Deutschland verfügen 86 Prozent aller Erwachsenen entweder über eine Studienberechtigung oder eine abgeschlossene Berufsausbildung. Das ist mehr als der OECD-Durchschnitt (80 Prozent).
  • In Deutschland beteiligten sich 59 Prozent der Männer (25- bis 64-Jährige) und 53 Prozent der Frauen an formaler und nicht-formaler Aus- und Weiterbildung. Im OECD-Durchschnitt waren es mit 47 Prozent bzw. 48 Prozent viel weniger.
  • Die Bildungsgebühren an öffentlichen Einrichtungen in Deutschland zählen zu den niedrigsten unter den Ländern mit verfügbaren Daten.

Eine Vergleichsstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), der INSM-Bildungsmonitor, hat die unterschiedlichen Bildungssysteme der einzelnen Bundesländer evaluiert. Bewertet wird, inwiefern die Bundesländer Bildungsarmut reduzieren, zur Fachkräftesicherung beitragen und Wachstum fördern. 

Das Ergebnis: Sachsen schneidet am besten ab, gefolgt von Bayern und Thüringen. Bremen fand sich am anderen Ende des Rankings wieder, noch hinter Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Die Studienautoren kamen insgesamt zu dem Schluss, dass sich die Bildungssysteme seit 2013 in fast der Hälfte der Bundesländer unter dem Strich verschlechtert haben. 

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Bekanntlich haben die Bundesländer die Hoheit über ihre Bildungspolitik. Es gibt aber eine Grundstruktur des Bildungswesens in Deutschland, an der sich alle Länder orientieren:

  • Elementarbereich: Umfasst die frühkindliche Bildung in Kinderkrippen, Kitas und Vorschulen (Vorklassen)
  • Primarbereich: Beginnt mit der Schulpflicht und umfasst die Grundschulzeit
  • Sekundarbereich I: Umfasst verschiedene Schulformen wie Gymnasien, Realschulen, Hauptschulen und Gesamtschulen.
  • Sekundarbereich II: Umfasst die weiterführenden Schulen wie die gymnasiale Oberstufe, Berufsschulen, Förderschulen oder Berufsausbildungen im dualen System.
  • Tertiärbereich: Umfasst Universitäten und Fachhochschulen sowie Berufsakademien sowie Einrichtungen der beruflichen (Weiter-) Bildung wie Abendschulen.

Innerhalb dieser Grenzen können die Bundesländer ihre Bildungssysteme frei ausgestalten. So gibt es etwa die Vorschulen nur in Hamburg, Haupt- und Realschulen existieren in nennenswerter Zahl nur noch in sechs Ländern und pädagogische Hochschulen gibt es nur in Baden-Württemberg.

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