Bildungssystem
Bildung in Deutschland: Struktur, Stellenwert und Qualität

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- Das deutsche Bildungssystem ist föderal strukturiert – die Zuständigkeit für Bildung liegt bei den Bundesländern, sodass es hier signifikante Unterschiede bei Lehrplänen, Schulformen, Gesetzgebung und Qualität der Bildung gibt
- Das Bildungssystem umfasst fünf Stufen: frühkindliche Bildung (Elementarbereich), die Grundschule (Primarbereich), weiterführende Schulen und Berufsausbildung (Sekundarbereich I und II) sowie die Hochschulbildung (Tertiärbereich) und lebenslanges Lernen (z.B. wissenschaftliche Weiterbildung, Quartärbereich).
- Laut PISA-Studie 2022 ist das Bildungsniveau der deutschen Schüler:innen zuletzt gesunken und im Vergleich zu den anderen OECD-Ländern durchschnittlich.
Aktualisiert: 07.10.2025
Was versteht man unter „Bildung“?
Jeder weiß etwas mit dem Begriff „Bildung“ anzufangen – doch wie dieser Begriff genau definiert wird, darüber streiten sich die Experten und Expertinnen. Einigkeit besteht darin, dass die Schulen und Hochschulen zentrale Orte für Bildungsprozesse sind – aber längst nicht die einzigen. Denn die Bildung der Persönlichkeit, das praktische und das soziale Lernen finden in hohem Maße außerhalb von Schule und Universität statt.
Fasst man den Begriff „Bildung“ weiter, bedeutet er die umfassende Entwicklung menschlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten, die das gesamte Leben andauert. Bildung befähigt zum selbstständigen Lernen, zum Erkennen von Problemen, zur Entwicklung von Lösungsstrategien und zum Umgang mit unvorhersehbaren Veränderungen.
Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835), einer der Väter des modernen Bildungsbegriffes, definierte Bildung als „die Anregung aller Kräfte des Menschen, damit diese sich über die Aneignung der Welt entfalten und zu einer sich selbst bestimmenden Individualität und Persönlichkeit führen“.
DQR: Deutscher Qualifikationsrahmen für internationalen Bildungsvergleich
Um den Begriff Bildung konkreter einordnen und internationale Qualifikationsniveaus besser vergleichen zu können, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Kultusministerkonferenz den DQR ins Leben gerufen, den Deutschen Qualifikationsrahmen. Dieses Instrument definiert acht Niveaus, die deutlich machen, welche Kompetenzen im deutschen Bildungssystem erworben werden, und setzt diese in Beziehung zum EQR, dem europäischen Pendant.
Während Niveau eins „Kompetenzen zur Erfüllung einfacher Anforderungen in einem überschaubar und stabil strukturierten Lern- oder Arbeitsbereich“ beschreibt, steht Niveau acht für „Kompetenzen zur Gewinnung von Forschungserkenntnissen in einem wissenschaftlichen Fach oder zur Entwicklung innovativer Lösungen und Verfahren in einem beruflichen Tätigkeitsfeld.“
Welche Qualifikation in welches Niveau fällt, hat der DQR in dieser Liste detailliert beschrieben. Zwei Beispiele: Die Qualifikation zum IT-Spezialisten oder zur IT-Spezialistin wird in Niveau fünf eingeordnet, ein Abschluss auf Masterebene zählt zum Niveau sieben.
Das Bildungsniveau in Deutschland – Dichter und Denker oder Doofe?
Der Bericht „Bildung in Deutschland“ des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation, der sich der Gesamtentwicklung des deutschen Bildungswesens widmet, listet einige signifikante Entwicklungen der letzten Jahre:
- Die Ausgaben für Bildung, Forschung und Wissenschaft betrugen im Jahr 2023 laut Destatis 283 Milliarden Euro (Anteil am BIP: 6,8 Prozent), das waren sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Mit 231 Milliarden Euro entfiel der größte Teil der Ausgaben auf Bildungseinrichtungen in öffentlicher und privater Trägerschaft. Dazu gehören Ausgaben für Schulen und den schulnahen Bereich (zum Beispiel Schülerbeförderung) in Höhe von 130 Milliarden Euro, 51 Milliarden Euro für tertiäre Bildungseinrichtungen wie etwa Hochschulen (einschließlich Forschung und Entwicklung) und 47 Milliarden Euro für Kindertageseinrichtungen.
- Die Anzahl der allgemeinbildenden Schulen in Deutschland lag im Schuljahr 2024/25 bei 32.836; 15.566 davon waren Grundschulen, 3.172 Gymnasien.
- Im Prüfungsjahr 2024 (Wintersemester 2023/2024 und Sommersemester 2024) haben rund 511.600 Studierende und Promovierende einen Abschluss an einer deutschen Hochschule erworben – 1,9 Prozent mehr als im Vorjahr (Quelle: Destatis).
- Laut OECD-Bildungsbericht 2024 liegt der Anteil der 25- bis 34-Jährigen in Deutschland mit einem tertiären Bildungsabschluss bei 40 Prozent – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren, vor allem unter Frauen, „bei denen sich der Anteil mit mindestens einem Bachelorabschluss innerhalb einer Generation nahezu verdoppelt hat“. Dennoch sei der Anteil der 25- bis 34-jährigen Frauen mit Bachelorabschluss sieben Prozentpunkte niedriger als im OECD-Durchschnitt (47 Prozent).
- Im Jahr 2022 waren in Deutschland 2,7 Millionen Menschen im Bildungswesen beschäftigt, was sechs Prozent aller Erwerbstätigen entspricht, so der Nationale Bildungsbericht 2024.
PISA-Studie: Wie gut ist das deutsche Bildungssystem?
Um das Bildungsniveau in Deutschland seriös einordnen zu können, sind Vergleichswerte mit anderen weit entwickelten Staaten notwendig. So wird alle drei bis vier Jahre beispielsweise die weltweite PISA-Studie unter fünfzehnjährigen Schülerinnen und Schülern durchgeführt, die in den Bereichen Naturwissenschaften, Mathematik und Lesen den Bildungsstand überprüft. Die derzeit aktuellsten der PISA-Studie 2022 (Erhebung 2025 läuft noch) vorliegenden Ergebnisse bescheinigen Deutschland nur einen durchschnittlichen Platz – und deutlich geringere Kompetenzen vor allem in Mathematik und Lesen als noch 2018.
Demnach seien die Leistungseinbußen in allen drei Bereichen – auch der Corona-Pandemie geschuldet – „überdurchschnittlich groß“. Deutschland liege nur noch in den Naturwissenschaften signifikant über dem Durchschnitt der OECD-Staaten (492 zu 485 Punkten). In Mathematik (475 zu 472 Punkten) und Lesen (480 zu 476 Punkten) entsprächen die Ergebnisse jetzt dem OECD-Durchschnitt, der in beiden Bereichen ebenfalls gesunken ist.
Bildungssysteme der Bundesländer
Eine Vergleichsstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), der INSM-Bildungsmonitor, hat die unterschiedlichen Bildungssysteme der einzelnen Bundesländer evaluiert. Bewertet wird, inwiefern die Bundesländer Bildungsarmut reduzieren, zur Fachkräftesicherung beitragen und Wachstum fördern.
Das Ergebnis 2025: Sachsen schneidet am besten ab, gefolgt von Bayern und Hamburg. Bremen fand sich am anderen Ende des Rankings wieder, noch hinter Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Die Studienautoren kamen insgesamt zu dem Schluss, dass sich die Bildungssysteme seit 2013 in elf der 16 Bundesländer verschlechtert haben, in Thüringen um satte 6,5 Prozentpunkte. Verbessert hat sich demnach die Schulbildung in Hamburg (+ 7,5 Prozentpunkte), Saarland, Berlin, Hessen und Bayern.
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So ist das deutsche Bildungssystem aufgebaut
Bekanntlich haben die Bundesländer die Hoheit über ihre Bildungspolitik. Es gibt aber eine Grundstruktur des Bildungswesens in Deutschland, an der sich alle Länder orientieren:
- Elementarbereich: Umfasst die frühkindliche Bildung in Kinderkrippen, Kitas und Vorschulen (Vorklassen)
- Primarbereich: Beginnt mit der Schulpflicht und umfasst die Grundschulzeit
- Sekundarbereich I: Umfasst verschiedene Schulformen wie Gymnasien, Realschulen, Hauptschulen und Gesamtschulen, meist die Klassen fünf bis neun oder zehn.
- Sekundarbereich II: Umfasst die weiterführenden Schulen wie die gymnasiale Oberstufe, Berufsschulen, Förderschulen oder Berufsausbildungen im dualen System.
- Tertiärbereich: Umfasst Universitäten und Fachhochschulen/HAWs sowie Berufsakademien sowie Einrichtungen der beruflichen (Weiter-) Bildung wie Abendschulen.
- Quartärbereich: Umfasst die wissenschaftliche oder berufliche Weiterbildung nach Abschluss der Erstausbildung – also etwa die Promotion.
Innerhalb dieser Grenzen können die Bundesländer ihre Bildungssysteme frei ausgestalten. So gibt es etwa die Vorschulen nur in Hamburg, Haupt- und Realschulen existieren in nennenswerter Zahl nur noch in sechs Ländern und pädagogische Hochschulen gibt es nur in Baden-Württemberg.