Vorlesung für Studierende halten
Wie hält man eine gute Vorlesung? Tipps zur Vorbereitung und Gestaltung

Buecherstapel Symbolbild Berufungsverfahren Professur

Meist dauert eine Vorlesung 90 Minuten. © Marie Maerz / photocase.de

Bei der Vorlesung an einer Universität vermittelt der oder die Lehrende wissenschaftliche Inhalte, die Studierenden hören zu. Wie es gelingt, das Auditorium zu fesseln, lesen Sie hier.

Veröffentlicht: 27.04.2023

Von: Florian Heil

Die Vorlesung ist das am häufigsten verwendete Lehrformat an deutschen Hochschulen. In der Regel steht ein Professor oder eine Professorin in einem Hörsaal vor einer Gruppe von Studierenden und hält einen Vortrag zu dem betreffenden Vorlesungsthema. Auch Postdocs oder Privatdozent und -dozentinnen halten Vorlesungen.

Eine akademische Vorlesung dauert meist 90 Minuten; manchmal finden auch 45-minütige Doppelstunden statt, die von einer kurzen Pause getrennt werden.

Die Zahl der Zuhörenden wird in der Regel nur vom Fassungsvermögen des Hörsaals begrenzt. Da die Mehrzahl der Uni-Vorlesungen öffentlich ist, dürfen auch Besucher und Besucherinnen zuhören, ohne sich vorher anmelden zu müssen. Die Inhalte können klausurrelevant sein, eine aktive Teilnahme der Studierenden wird in Vorlesungen jedoch in der Regel nicht erwartet. Sie hören einfach zu oder machen sich Notizen.

Vorlesungen grenzen sich deutlich von Seminaren ab, in denen Inhalte eher vertieft oder in der Praxis erprobt werden. Die erfolgreiche Umsetzung basiert auf der aktiven Teilnahme der Studierenden. Die Gruppengröße bei Seminaren ist begrenzt und liegt üblicherweise bei zehn bis 30 Teilnehmenden.

Vorlesungen nehmen in fast allen Fachbereichen einen bedeutsamen Teil der Lehre ein, obwohl dieses Lehrformat in der Wissenschaft durchaus kritisch gesehen wird, da sie der Idee eines individualisierten akademischen Unterrichts kaum entsprechen kann. Studierende sind schwer zu aktivieren und persönlich einzubeziehen. Laut Christiane Bender, Professorin für Soziologie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, würden Studierende Vorlesungen oft nur aufgrund von Anwesenheitspflicht und Prüfungsdruck folgen, zumal die vorgetragene Thematik ohnehin auf universitären Lernplattformen zur Verfügung gestellt oder im Internet aus anderen Quellen zugänglich sei. Auch würden die Verarbeitungs- und Aufmerksamkeitsspannen im Hörsaal rapide sinken. 

Wie die Lernwirksamkeit von Vorlesungen erhöht werden kann, erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.

Das Ziel für die Lehrenden einer Vorlesung sollte sein, möglichst viele Studierende gleichzeitig zu erreichen. Das ist anspruchsvoll, da die Zuhörenden nicht zwangsläufig alle den gleichen Wissensstand haben – während sich ein Teil überfordert fühlen kann, neigt ein anderer Teil dazu, sich zu langweilen. Dieses Dilemma lässt sich zwar nie ganz lösen, dennoch können die Dozent:innen bereits bei der Planung berücksichtigen, weder zu tief in die Materie einzusteigen noch überwiegend Standardwissen zu vermitteln.

Am Anfang einer jeden Vorlesung sollten die Kernaussagen aus der letzten Veranstaltung noch einmal aufgegriffen werden, um die Zuhörenden ins Thema zurückzuholen. Ebenfalls von Vorteil ist eine klare Struktur im daraufhin folgenden Vortrag, die den Studierenden zu Beginn der Einheit präsentiert wird. Diese Vorgehensweise verschafft Orientierung und motiviert zum Zuhören. Zum Abschluss eines Themas sollten Lehrende besonders komplexe Sachverhalte zusammenfassen und die zentralen Punkte in visualisierter Form darstellen.

Am Ende der Vorlesung bietet sich ein inhaltlicher Ausblick auf die kommende Vorlesung an. An dieser Stelle können die Dozent:innen den Studierenden auch Übungsblätter mit Fragen mit auf den Weg geben, um Impulse für die Selbstlernphasen außerhalb der Vorlesung zu geben.

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Womit die eine Professorin oder ein Professor ihre Studierenden langweilt, damit kann eine andere für reges Interesse sorgen – dann nämlich, wenn sie ihre didaktischen und rhetorischen Fähigkeiten gekonnt einsetzt. Die folgenden Tipps und Hinweise sind nützlich, damit Studierende den Vorträgen im Hörsaal konzentriert folgen.

  • Eine Vorlesung sollte gegenüber der verfügbaren Literatur zu dem Thema einen echten Mehrwert bieten. Dieser ergibt sich etwa aus praxisnahen Beispielen, exemplarischen Fällen oder Ähnlichem. Auch Hinweise auf typische Fehler, die Studierende im jeweiligen Zusammenhang oft begehen, helfen, die Aufmerksamkeit der Zuhörenden zu halten. Inhalte aus Lernmaterialien lassen sich auch ganz auf Selbstlernphasen auslagern, sodass Sie sich auf Erklärungen komplexer Sachverhalte konzentrieren können.
  • Die Vorträge sollten von mehreren Fragestellungen unterbrochen werden, die die Studierenden dazu bewegen, den Stift oder Laptop aus der Hand zu legen und aktiv mitzudenken. Diese Fragen können vom Lehrenden selbst beantwortet, zur Abstimmung gestellt oder in Übungen erarbeitet werden, die den Frontalunterricht ergänzen.
  • Möglichst frei vorgetragene Vorlesungen sind für die Studierenden weniger ermüdend als Monologe, die weitgehend auf dem Ablesen eines Skripts basieren. Auch die direkte Ansprache einzelner Studierender oder des Auditoriums im Ganzen weckt die Aufmerksamkeit.
  • Legen Dozent:innen viel Wert auf die Art und Ausgestaltung der visuellen Unterstützung ihrer Worte, erhöht dies ebenfalls die Konzentrationsfähigkeit der Zuhörerenden. Egal, ob Folien oder Flipchart: Die Hilfsmittel sollten nicht mit Informationen überfrachtet werden, zudem helfen klare Überschriften bei der Orientierung. Infografiken sind in vielen Fällen hilfreich, um Lösungswege besser nachvollziehen zu können.
  • Am Ende von Vorlesungen, die besonders komplexe Sachverhalte zum Thema haben, bietet sich eine Evaluation der Sitzung an. Dazu können Lehrkräfte die Studierenden auffordern, eine E-Mail zu schreiben oder auf anderem Wege mitzuteilen, was sie an dem vermittelten Lehrstoff nicht verstanden haben. Diese Methode kann der Selbstkontrolle dienen und gibt einen Fingerzeig, welche Inhalte noch detaillierter erklärt werden sollten.
  • Lernforscher:innen haben herausgefunden, dass der Lernstoffspeicher nach maximal 30 Minuten ausgereizt ist und zum ausgeführten Thema nichts mehr aufgenommen werden kann. Somit sollten Lehrende nach einer halben Stunde ein neues Thema oder zumindest einen neuen Aspekt im Rahmen des Vorlesungsstoffes aufgreifen, um sich die Aufmerksamkeit des Auditoriums zu sichern.


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Wo Präsenzveranstaltungen nicht möglich sind, können alternativ Online-Vorlesungen angeboten werden. Dieses webbasierte Lehren hat den großen Vorteil, dass die Vorlesung aufgezeichnet und durch die Studierenden somit zu einem Zeitpunkt ihrer Wahl nachvollzogen werden kann. Komplexe Sachverhalte lassen sich bei Verständnisschwierigkeiten zudem mehrere Male anhören. 

Je länger die Online-Phasen dauern, desto wichtiger werden die Betreuung der Studierenden und die Möglichkeiten des Austausches miteinander, denn isoliert im Homeoffice lässt die Motivation meist schnell nach. Lehrende sollten daher auf Lernplattformen zurückgreifen, die virtuelle Räume anbieten, in denen sich die Studierenden untereinander verständigen können. Diese Tools bieten auch die Möglichkeit, Skripte, Foliensätze oder andere Anschauungsmaterialien hochzuladen, die in einer Präsenzvorlesung verwendet würden. Tauchen Fragen auf, können Professor:innen diese in Diskussionsforen beantworten.

Zudem sollten Dozent:innen die Dauer der Online-Vorlesung anpassen. 90 Minuten am Stück vor dem Bildschirm können sehr ermüdend sein. Hier ist es gegebenenfalls sinnvoller, die Lehrinhalte zu straffen oder auf zwei Sitzungen zu verteilen.

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