Zunächst Sichtung und Auswahl durch Kommission
Gerade wenn viele Bewerbungen eingehen, teilen sich die Kommissionsmitglieder oft die Sichtungsarbeit und stellen sich in einem kurzen Abriss die Bewerber gegenseitig vor. An diesem Punkt sind Sie leider darauf angewiesen, dass Sie mit Ihren Qualifikationen korrekt und wohlwollend präsentiert werden. Umso mehr sollten Sie darauf achten, dass die Stärken, die Sie für die Professur besonders attraktiv machen, dem Leser sofort ins Auge springen.
Aus den eingegangenen Bewerbungen wählt die Berufungskommission mehrere geeignete Kandidaten für das „Vorsingen“ aus. Dieses erstreckt sich dann wiederum über ein bis zwei Tage. Zu guter Letzt bestimmt die Kommission die Berufungsliste und damit die Top 3 der gewünschten Kandidaten für die zu besetzende Stelle. Viele Kommissionen arbeiten bei dieser Entscheidungsfindung den Kriterienkatalog der jeweiligen Hochschule ab, durch den der Auswahlprozess nachvollziehbar gestaltet werden soll. Der Berufungsliste dürfen auch Personen hinzugefügt werden, die sich gar nicht beworben haben. Auch Zweier- und Einerlisten sind möglich. Sollten zu wenige passende Bewerbungen eingegangen sein, oder haben sich beispielsweise auch zu wenige Frauen beworben, kann sich die Kommission für eine erneute Ausschreibung derselben Stelle entscheiden oder beantragen, dass die Professur mit anderer Schwerpunktsetzung geschaffen wird. Allerdings verzögert sich das Verfahren hierdurch häufig um Monate.
Dann Vorstellung der Dreierliste innerhalb der Institutionen
Hat die Berufungskommission die Dreierliste beschlossen, beginnt der Gang durch die Institutionen. Sowohl der Fakultätsrat, der akademische Senat als auch die Hochschulleitung müssen noch zustimmen, können durchaus noch zusätzliche Änderungen an der Liste vornehmen oder das Verfahren insgesamt neu aufrollen lassen. In verschiedenen Bundesländern wurde das Zustimmungsrecht des akademischen Senats jedoch bereits gekippt. In diesem Fall prüft dann ein Berufungsbeauftragter, inwieweit das Verfahren korrekt und entsprechend den Interessen der jeweiligen Hochschule verlaufen ist.
Ob Sie selbst in der engeren Auswahl für eine Professur waren, erfahren Sie erst zu einem sehr späten Zeitpunkt. Gemäß der jeweiligen Berufungsordnung der Hochschule erhalten Sie eine Absage und – sofern Sie auf der Berufungsliste waren – eine entsprechende Mitteilung über den erreichten Listenplatz, nachdem der Ruf an den Erstplatzierten erteilt wurde oder spätestens kurz vor seiner Ernennung zum Professor.
Verschwiegenheit über Verfahren
Die Sitzungen der Berufungskommission sind nicht öffentlich. Es muss Protokoll geführt werden, jedoch dürfen nur die Kommissionsmitglieder und, falls üblich, deren Stellvertreter die Sitzungsprotokolle einsehen. Die Kommissionsmitglieder sind zudem zur Verschwiegenheit verpflichtet. Auch Fakultätsangehörige und Bewerber dürfen keine inhaltlichen Details aus den Sitzungen erfahren. Bei einem Verstoß ist mit dienst- oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Nur der Vorsitzende der Kommission sowie die Frauenbeauftragte dürfen nach klaren Vorgaben Informationen zum Verfahren geben.
Leitfäden für Berufungsverfahren
All die Verschwiegenheit hat freilich zur Folge, dass das Auswahlverfahren intransparent ist. Zwar haben viele Hochschulen Extra-Leitfäden für Berufungsverfahren herausgegeben, in denen die Kommissionen zu einer möglichst nachvollziehbaren Durchführung des Verfahrens angehalten werden. Darin finden sich beispielsweise auch Hinweise, wie mit Befangenheit von Kommissionsmitgliedern oder mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Leistungen aufgrund verschiedener Lebensalter oder Auszeiten für Erziehung und Pflege etc. umgegangen werden könnte.
Allerdings lässt sich auch mithilfe von Protokollen und Leitfäden nicht verhindern, dass innerhalb von Berufungskommissionen unter Umständen institutsinterne Querelen ausgetragen werden, mit der Folge, dass kein mehrheitsfähiger Kandidat gefunden wird und sich das Verfahren in die Länge zieht oder dass Kandidaten bisweilen auch schon vor dem formellen Verfahren feststehen. Für viele Bewerber bedeutet das enormen Verdruss, gerade wenn sie eigentlich perfekt auf eine Stelle passen, über eine ausgezeichnete Publikationsliste verfügen und dann doch nur auf dem zweiten Listenplatz landen.