Digital Humanities: Berufe und Aufgaben
Laut Christof Schöch, Professor für Digital Humanities an der Universität in Trier und 1. Vorsitzender des Verbandes Digital Humanities im deutschsprachigen Raum e.V. (DHd), arbeitet rund die Hälfte der studierten Digitalen Geisteswissenschaftler und Geisteswissenschaftlerinnen in der Forschung. Computerbasierte Verfahren greifen in diverse Bereiche der Geisteswissenschaften ein und spielen eine tragende Rolle in der universitären Bildung. Die andere Hälfte arbeitet an staatlichen Organisationen oder in der freien Wirtschaft.
Digital Humanists sind insbesondere dort gefragt, wo sich geisteswissenschaftliche Arbeitsfelder durch die Digitalisierung und Vernetzung deutlich verändert haben. Sie beschäftigen sich beispielsweise mit dem Aufbau von Datensammlungen, mit Datenmodellierungen, Textkodierungen und XML-Technologien, sie erstellen digitale Editionen von Texten, digitale Bibliotheken und Informationssysteme und führen quantitative Analysen durch.
Jobs gibt es beispielsweise
- für wissenschaftliche Mitarbeitende oder auch Projektleitende an universitären oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen
- in den Sektoren des Bildungswesens wie Schulen oder der Erwachsenenbildung
- als Fachreferenten und Fachreferentinnen in Bibliotheken oder in deren Forschungsabteilungen
- in Bundes- oder Landesarchiven oder Museen, die derzeit stark digitalisiert werden
- in Verlagen und Online-Medien
- in Unternehmen, die digitale Angebote und Services in Bezug auf digitale Publikationsformate entwickeln
- in Firmen und Organisationen, die sich mit dem Aufbau und der Gestaltung der Informationsversorgung und des Informationsmanagements beschäftigen.
Durch die beschleunigte Veränderung der digitalen Welt entstehen zudem auch immer wieder neue, heute noch nicht absehbare Jobperspektiven.
Das Studium der Digital Humanities
Digital Humanities lässt sich als eigenständiges Fach an immer mehr Universitäten studieren. Laut kleinefaecher.de gibt es Stand August 2021 mittlerweile 31 Professuren an 23 Standorten in Deutschland. Weltweit listet das Digital Humanities Course Registry zahlreiche Studiengänge und Spezialisierungskurse auf. Der Bachelor reicht als berufsqualifizierender Abschluss aus, in der Regel absolvieren Studenten und Studentinnen laut Professor Schöch aber noch den Master.
Auch die Promotion ist an einigen Universitäten im Fach Digital Humanities möglich, oft finanziert durch eine Stelle in einem Forschungsprojekt. Vorteil der Promotion ist neben der besseren finanziellen Verhandlungsbasis vor allem die größere Chance auf eine unbefristete Anstellung im wissenschaftlichen Bereich.
Studieninhalte der Digitalen Geisteswissenschaften
Generell sind die Studieninhalte je nach Standort recht heterogen; an der Uni Trier ist der Bachelor vergleichsweise breit aufgestellt und umfasst die Fachbereiche Digital Humanities, Computerlinguistik, Medienwissenschaften und Phonetik. Im Masterstudiengang können sich die Studentinnen dann auf einen dieser Bereiche fokussieren. An der Universität Bamberg beispielsweise ist der Studiengang eher medieninformatisch ausgerichtet, andere Standorte legen Schwerpunkte auch auf Geschichte, Literaturwissenschaft oder Archäologie. Auch ein Fernstudium der Digital Humanities ist möglich, beispielsweise bietet die FernUni Hagen diesen Studiengang an.
Standortübergreifend sind jedoch die methodischen Schlüsselkompetenzen, die im Studium vermittelt werden: Die Möglichkeiten der Digitalisierung im Allgemeinen und die Veränderungen, die die digitale Transformation mit sich bringt. Zu den Lehrinhalten zählen beispielsweise der Umgang mit Datenbanken, das Programmieren sowie Kenntnisse über das maschinelle Lernen und künstliche Intelligenz, über statistische Verfahren oder auch im Natural language processing (NLP), also Kenntnisse zur Anwendung von Techniken und Methoden zur maschinellen Verarbeitung natürlicher Sprache. Das Studium ist in der Regel stark praxisorientiert und wird anhand von Beispielprojekten, Forschungsfragen oder Anwendungsperspektiven aufgebaut.
Darüber hinaus gibt es weiterhin die Möglichkeit, seinen Bachelor in einem rein geisteswissenschaftlichen Fach oder in Informatik zu machen, und sich dann im Master in der anderen Richtung zu spezialisieren. In der Praxis sind es zum Großteil Geisteswissenschaftler mit Bachelorabschluss, die aus Interesse oder aus berufsstrategischen Gründen den Entschluss fassen, sich im Masterstudiengang die technische Komponente anzueignen.