Promotion Geisteswissenschaften
Was bringt der Doktortitel in Geisteswissenschaften?

Buchseiten als Symbolbild fuer Promotion Geisteswissenschaften

Welche Vorteile bringt die Promotion in den Geisteswissenschaften? © Patrick Tomasso / unsplash.com

Mit einem Doktortitel vor dem Namen belegen Geisteswissenschaftler nicht nur, akademisch fit zu sein - manche erhoffen sich dadurch auch bessere Karrierechancen oder Verdienstmöglichkeiten. Für die Promotion in Geisteswissenschaften gelten allerdings andere Regeln als für die übrigen Fachbereiche.

Veröffentlicht: 04.12.2017

Von: Nina Heitele

Wer eine akademische Laufbahn in den Geisteswissenschaften anstrebt, für den stellt sich die Frage nach dem Für und Wider einer Promotion nicht - ohne Doktor gibt es wenig Chancen, in der Wissenschaft beschäftigt zu bleiben, und keine Möglichkeit, zu habilitieren oder über andere Wege zu einer Professur zu gelangen. Gleichzeitig ist die Promotion in Geisteswissenschaften kein Garant für eine Professorenstelle. Während laut dem Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN) 2017 im Jahr 2012 2.890 Sprach- und Kulturwissenschaftler promovierten, wurden lediglich 221 Professoren neu in der jeweiligen Fächergruppe berufen. Ein eindeutiger Indikator dafür, wie gut die Chancen auf den höchsten Lehrposten im Hochschulsystem wirklich stehen, ist das zwar nicht. Wer sich aus wissenschaftlichen Bestrebungen für eine Promotion in Geisteswissenschaften entscheidet, muss jedoch wissen, dass es neben ihm viele weitere potenzielle Anwärter auf vergleichsweise wenige Professorenstellen gibt.

Ein Doktortitel in der freien Wirtschaft kann sich für Geisteswissenschaftler dann lohnen und unter Umständen sogar einen Quereinstieg erleichtern, wenn das Thema der Dissertation mit der beruflichen Tätigkeit zu tun hat, die die Absolventen danach anstreben. Nur deshalb und ohne berufsqualifizierendes Thema zu promovieren, weil man sich dadurch in jedem Fall bessere Chancen auf eine Anstellung erhofft, ist laut der Einschätzungen von Karriereberatern eher nicht empfehlenswert. In einem solchen Fall bestehe die Gefahr, auf Personaler akademisch überqualifiziert zu wirken. Daneben gibt es Berufe für Geisteswissenschaftler, zum Beispiel Leitungsposten an Museen, bei denen in der Stellenausschreibung häufig eine Promotion in Geisteswissenschaften vorausgesetzt wird. Hoffnungen auf ein höheres Gehalt werden hingegen nur bedingt erfüllt - zumindest beim Einstieg auf den Arbeitsmarkt. Für Promovierte am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn ist der Gehaltssprung gegenüber Masterabsolventen laut einer Lohnstudie von Gehalt.de vergleichsweise gering: Das Geisteswissenschaftler-Gehalt mit einem Doktortitel in der Tasche beträgt durchschnittlich nur 5.400 Euro brutto mehr im Jahr.

Bis die Verdienstkluft durch den später geringfügigen Mehrverdienst dank Doktortitel ausgeglichen ist, kann es dauern. Eine Umfrage der Hochschul-Informations-System eG (HIS) zeigt, dass Geisteswissenschaftler im Schnitt 5,1 Jahre an ihrer Promotion arbeiten. Sprach- und Kulturwissenschaftler schließen sie laut dem BuWiN 2017 erst mit durchschnittlich 35,8 Jahren ab - älter beim Abschluss der Doktorarbeit sind dieser Auswertung nach nur noch die Kunstwissenschaftler mit 38,6 Jahren.

Durchschnittsalter (arithmetisches Mittel) bei Abschluss der Promotion im Zeitverlauf (2000 bis 2014)

Fächergruppen 2000 2005 2010 2014

Sprach- und Kulturwissenschaften

36,1

36,2

36,5

35,8

Sport

35,4

36,3

36,2

35,1

Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

32,7

32,9

33,2

33,2

Mathematik, Naturwissenschaften

31,8

32,1

31,4

31,5

Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften

32,0

32,2

31,9

31,7

Veterinärmedizin

31,4

31,6

31,5

31,7

Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften

34,4

34,3

34,0

33,5

Ingenieurwissenschaften

33,6

34,1

33,5

33,6

Kunst, Kunstwissenschaft

36,5

37,5

37,9

38,6

Insgesamt

32,7

33,0

32,7

32,6

Bis dahin leben viele in prekären Verhältnissen, während ehemalige Kommilitonen mit Bachelor- oder Masterabschluss möglicherweise schon seit Jahren berufstätig sind. Laut dem BuWiN 2017 sind zwölf Prozent aller Promovierenden von besonders niedrigen Einkommen von unter 826 Euro betroffen, unter geistes- und kulturwissenschaftlichen Absolventen sind solche geringen Gehälter außerdem deutlich weiter verbreitet als bei Promovenden anderer Fächer. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf die Unterschiede im Beschäftigungsumfang von Promovierenden: So sind die Anteile an Teilzeitbeschäftigten in geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächern vergleichsweise hoch - in allen Fächergruppen sind Frauen dazu häufiger in Teilzeit beschäftigt als Männer. Über die Gründe dafür können laut dem BuWiN 2017 keine Aussagen getroffen werden. Zu vermuten sei jedoch ein Zusammenhang mit familiären Verpflichtungen.

Was bei der Entscheidung für oder gegen eine Promotion auch eine Rolle spielen kann: Durch den späteren Abschluss fehlt es Promovierenden im Vergleich zu Bachelor- und Masterabsolventen, die sich auch durch Fort- oder Weiterbildungen weiterqualifizieren können, trotz fortgeschrittenen Alters an praktischer Erfahrung. Sinnvoll ist es deshalb, schon während des Studiums Praktika zu absolvieren oder sich um Nebenjobs in den angestrebten Berufsfeldern zu bemühen. Wer als Doktorand in den Geisteswissenschaften Zusatzqualifikationen dadurch erlangt, dass er zum Beispiel in der Lehre aktiv ist oder berufsrelevante Seminare abhält, sollte sich das deshalb zertifizieren lassen. Die eigenen Fähigkeiten werden auf diese Weise für potenzielle Arbeitgeber außerhalb der Hochschule transparenter.

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Neben einer Position in der Hochschullehre oder einem Posten in der freien Wirtschaft bietet sich für den Berufseinstieg als Geisteswissenschaftler mit Promotion außerdem die außeruniversitäre Forschung an. Infrage kommen dabei etwa das Goethe-Institut oder die Leibniz-Gemeinschaft, die sich forschend Themen wie dem gesellschaftlichen Wandel oder der Raumentwicklung annimmt. Möglichkeiten können sich auch bei der Max-Planck-Gesellschaft im Rahmen der sprach- und kulturwissenschaftlichen Schwerpunkte bieten. Was man als Interessent wissen muss: Bei solchen Einrichtungen erstreckt sich die Konkurrenz auch auf internationale Bewerber. Wer dann besondere Qualifikationen mitbringt - zum Beispiel in Form einer Doktorarbeit, die das anvisierte Forschungsfeld thematisch erweitert -, kann Vorteile haben.

Die finanziellen Rahmenbedingungen können maßgeblich für die Aufnahme und den erfolgreichen Abschluss einer Promotion in Geisteswissenschaften sein. Eine fachübergreifende Auswertung des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2013 zeigt, dass die meisten Promovierenden ihren Lebensunterhalt 2011 überwiegend mit einer eigenen Arbeitstätigkeit bestritten - immerhin 14 Prozent bezogen vor allem Gelder über ein Stipendium oder eine Studienbeihilfe durch eine Institution in Deutschland.

Die Möglichkeiten für ein Promotionsstipendium sind vielfältig. Die Begabtenförderwerke oder die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützen mit ihren Geldern Promovierende aus nahezu allen Fachbereichen. Daneben gibt es einige Stiftungen, die mit ihren Förderprogrammen speziell für Geisteswissenschaftler mit Promotionswunsch interessant sind - zum Beispiel die Gerda Henkel Stiftung. Sie richtet sich an Promovierende aus der historischen Geschichtswissenschaft. Literatur-Promovierende können bei der Stiftung Bildung und Wissenschaft Chancen auf ein Promotionsstipendium in Geisteswissenschaften haben.

Einen guten Überblick, wenn es um Fördermöglichkeiten während der Promotionsphase geht, bieten Hochschulen, die oftmals interne Promotionsberatungen anbieten. Da sich die Zugangsvoraussetzungen - manche Promotionsstipendien sind zum Beispiel ans Alter gebunden - ändern können, ist es für Interessierte empfehlenswert, sich immer bei den Anbietern direkt zu informieren.

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