Wege zur Professur
Professur ohne Habilitation oder sogar Promotion: Geht das?

Eine rothaarige Juniorprofessorin mit einem Tablet im Arm lehnt an einem Schreibtisch

Beispielsweise eine Juniorprofessur ist eine Alternative zur Habilitation. © Kerkez / iStock

Eine wissenschaftliche Karriere mit dem Ziel Professor:in ist für viele Nachwuchswissenschaftler:innen eine reizvolle Perspektive. Neben Mentor:innen und Ausdauer sind in der Regel weiterführende akademische Grade wie Promotion oder Habilitation nötig. Doch es gibt auch Fälle, in denen es ohne diese Titel klappen kann. 

Veröffentlicht: 28.09.2023

Von: Maria Zeitler

Das Habilitationsverfahren ist in Deutschland noch immer der gängigste Weg zu einer Professur. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Habilitation aber nicht, um zum Professor oder zur Professorin berufen werden zu können. Die Einstellungsvoraussetzungen für Professor:innen sind in den Hochschulgesetzen der Bundesländer geregelt, die aber meist dem Hochschulrahmengesetz (HRG) des Bundes folgen. Darin werden in §44 unter den Einstellungsvoraussetzungen für Professorinnen und Professoren unter anderem folgende Aspekte verlangt:

  • ein abgeschlossenes Hochschulstudium
  • die pädagogische Eignung
  • die besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit, meist nachgewiesen durch die Qualität der Promotion
  • sowie je nach Anforderung der Stelle: zusätzliche wissenschaftliche Leistungen, zusätzliche künstlerische Leistungen oder besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mehrjährigen beruflichen Praxis

Die Habilitation als Voraussetzung wird hier nicht erwähnt, anders als beispielsweise im bayerischen Hochschulgesetz. Dort heißt es: „Die Habilitation dient der förmlichen Feststellung der wissenschaftlichen und pädagogischen Eignung zum Professor oder zur Professorin in einem bestimmten Fachgebiet an Universitäten (Lehrbefähigung).“ Die Habilitation ist also eine mögliche Qualifikation für eine Professur, gesetzlich verpflichtend ist sie nicht, um den Beruf auszuüben.

Seit 2002 gibt es noch eine weitere, der Habilitation ebenbürtige Qualifikation für eine Professur. Damals wurde das Hochschulrahmengesetz geändert und so ermöglicht, dass junge Wissenschaftler:innen direkt nach der Promotion zum Juniorprofessor oder zur Juniorprofessorin ernannt werden können. In der Regel erfolgt hier nach rund drei Jahren eine Zwischenevaluation. Fällt diese positiv aus, wird die Stelle verlängert.

Die Chancen für eine Berufung auf eine Lebenszeitprofessur sind dabei gut: Laut einer Studie des CHE gemeinnütziges Centrum für Hochschulentwicklung aus dem Jahr 2014 erhielten 85 Prozent der Juniorprofessoren einen Ruf auf eine Professorenstelle. Die Untersuchung ergab ebenfalls, dass 86 Prozent der befragten Juniorprofessoren ihre Professur ohne eine zusätzliche Habilitation erreichten.

Ebenfalls seit 2002 gibt es den sogenannten Tenure Track, den der Bund seit 2017 mit einer Milliarde Euro fördert: Bis 2032 finanziert er damit insgesamt 1000 zusätzliche Tenure-Track-Professuren an 75 Hochschulen. Der Weg zur Professur soll so transparenter und planbarer werden: Die speziellen Professorenstellen „richten sich an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der frühen Karrierephase und (sehen) nach erfolgreicher Bewährungsphase den unmittelbaren Übergang in eine Lebenszeitprofessur vor“, heißt es auf der Themenseite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)

Nordrhein-Westfalen hat dieses Modell beispielsweise bereits in sein Hochschulgesetz aufgenommen: „Die Universitäten können in begründeten Fällen Juniorprofessuren so ausgestalten, dass schon bei der Besetzung dieser Stelle die Berufung auf eine Professur im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder auf eine Professur in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis [...] zugesagt wird.“

Eine dritte Variante für eine Berufung ohne Habilitation kann eine erfolgreiche (Nachwuchs-)Gruppenleitung sein.

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Während an Universitäten außer der genannten Alternativen noch verbreitet ist, dass nur habilitierte Wissenschaftler:innen auf einen Lehrstuhl berufen werden, liegt der Fall bei Professuren an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAWs, auch FHs) etwas anders. Da dort die Praxiserfahrung im Vordergrund steht, müssen junge Wissenschaftler:innen, die einen Ruf erhalten möchten, eher darauf achten, mehrere Jahre praktische Erfahrung in der Wirtschaft zu sammeln. Vor allem sollte dies genau zu dem Forschungsgebiet passen, das der angestrebte Lehrstuhl hat.

Wer die ganze Forschungslaufbahn an Universitäten absolviert und habilitiert hat, hat eher schlechte Chancen auf einen der praktisch ausgerichteten Lehrstühle. Er oder sie muss bei der Bewerbung eine gute Antwort auf die Frage haben, warum eine Professur an der Fachhochschule der richtige Weg ist.

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Im Gegensatz zur Habilitation ist die Promotion für die meisten Professuren unabdingbar. Ebenso wie bei der Habilitation findet sich aber in den gesetzlichen Texten keine Verpflichtung. Im Hochschulrahmengesetz heißt es, dass „eine besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit, die in der Regel durch die Qualität einer Promotion nachgewiesen wird“, nötig ist. So oder ähnlich lautet die Formulierung auch in den meisten Landeshochschulgesetzen. 

Die Fähigkeit zur wissenschaftlichen Arbeit soll also „in der Regel“ durch eine Promotion nachgewiesen werden: Das heißt nicht, dass sie im Ausnahmefall nicht auch durch andere wissenschaftliche Betätigungen nachgewiesen werden kann. Vor allem in geisteswissenschaftlichen, medizinischen und naturwissenschaftlichen Fächern gibt es in der Praxis aber so gut wie keine Chance, ohne Doktortitel Professor:in zu werden.

Auch bei HAW-Professuren müssen Wissenschaftler:innen in aller Regel promoviert sein. In einigen, vor allem künstlerisch ausgerichteten Fächern ist aber eventuell eine Professur ohne Doktortitel möglich, wie zum Beispiel in der Architektur, Musik, bildender Kunst oder Design. In diesem Fall werden Praxiserfahrung, Auszeichnungen, Preise oder erfolgreiche Ausstellungen stärker gewichtet.

Allerdings können Professor:innen an Fachhochschulen nur berufen werden, wenn sie mindestens fünf Jahre Berufserfahrung haben – davon in der Regel drei Jahre außerhalb der Hochschule. Das ist in den Landeshochschulgesetzen (z.B. in §36 des Landeshochschulgesetzes NRW) festgeschrieben. Auch die Veröffentlichung eines anerkannten und viel gelesenen Fachbuchs kann an der Hochschule für angewandte Wissenschaften im Ausnahmefall geeignet sein, die Promotion zu ersetzen.

Bei der Honorarprofessur handelt es sich um ein irreführendes Wort. Es geht nicht etwa darum, dass er oder sie für seine Tätigkeit Geld erhält – im Gegenteil: Ein:e Honorarprofessor:in lehrt ehrenamtlich und darf dafür den Titel Professor:in tragen. Auch hier wird eine Promotion nicht immer vorausgesetzt, die Zugangsbedingungen sind jedoch je nach Bundesland sehr unterschiedlich geregelt. Meist müssen Honorarprofessor:innen eine fünfjährige Lehrtätigkeit nachweisen. 

Laut § 41 Abs. 2 des Hochschulgesetzes NRW müssen die Personen beispielsweise „auf einem an der Hochschule vertretenen Fachgebiet hervorragende Leistungen in der beruflichen Praxis bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden oder hervorragende Leistungen in Forschung, Kunst und Lehre, künstlerischen Entwicklungsvorhaben und Kunstausübung erbringen“. Auch wenn der Zugang also ohne Promotion möglich ist, ist es für junge Wissenschaftler:innen nicht der leichteste Weg, um eine der knapp 50.000 regulären Professorenstellen in Deutschland zu ergattern: Meist werden Personen mit langjähriger Praxis in der Wirtschaft oder Politik berufen.

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