Forschungserfahrung: So gelingt der Nachweis
Eine Professur beinhaltet nicht nur die Lehre, sondern auch die Forschung. Wer sich um eine vakante Stelle bewerben möchte, muss also nachweisen, dass er oder sie über ein hohes Maß an – möglichst internationaler – Forschungserfahrung verfügt. Dieser Nachweis kann erbracht werden über
- eine detaillierte Auflistung der Forschungsprojekte im In- und Ausland an Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen, an denen der Anwärter mitgearbeitet hat
- die Publikationsliste, die den Bewerbungsunterlagen zwingend beizufügen ist. Welche Publikationen hat die Bewerberin vorzuweisen, wo wurden sie veröffentlicht, wie groß ist bei Ko-Autorenschaft der Anteil, der beigesteuert wurde?
Die Fähigkeit zur wissenschaftlichen Arbeit ist ein Muss
Ein zentraler Aspekt der Einstellungsvoraussetzungen sind auch die „besondere Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit“. Diese wird „in der Regel durch die Qualität einer Promotion“ nachgewiesen (siehe z.B. recht.nrw.de). Zwei Länder gehen dabei noch weiter und setzen die „gute Qualität einer Promotion“ (Schleswig-Holstein) bzw. eine „überdurchschnittliche Promotion“ (Niedersachsen) voraus.
Durch die Formulierung „in der Regel“ wird aber auch deutlich, dass die Promotion nicht zwingend Voraussetzung ist, um Professor werden zu dürfen. Hamburg beispielsweise weist explizit darauf hin, dass diese Voraussetzung auch durch eine „gleichwertige wissenschaftliche Leistung“ erfüllt werden kann. Auch Hessen tut das, mit dem zusätzlichen Hinweis, dass in einigen Fachbereichen Promotionen nicht üblich sind. Während gerade Universitäten in den meisten Fällen einen Doktortitel bei der Berufung auf einen Lehrstuhl verlangen, ist an Fachhochschulen oft die praktische Erfahrung wichtiger (siehe den Abschnitt „Fachspezifische Voraussetzungen für Professuren“).
Die Zeit nach der Promotion (die sogenannte „Post-Doc-Phase“) für zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zu nutzen, ist deshalb sehr sinnvoll investiert. Deren Anzahl kann bei der Berufung in ein Professorenamt als „wissenschaftliche Währung“ den Ausschlag geben.
Zusätzliche Leistungen als Bedingung für Professoren
Doch Hochschulen wollen nicht nur sicherstellen, dass ihre Professoren wissenschaftlich arbeiten können. Da sie ihr Renommee vor allem durch die Leistungen der Wissenschaftler beziehen, wollen sie wissen, ob die Kandidaten für einen Lehrstuhl auch bisher schon Herausragendes geleistet haben. Diese Leistungen können Wissenschaftler auf mehreren Wegen beweisen:
- in der Regel im Rahmen einer Juniorprofessur oder durch eine Habilitation
- durch gleichwertige wissenschaftliche Leistungen als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Hochschule oder Forschungseinrichtung
- oder im Rahmen einer wissenschaftlichen Tätigkeit in der Wirtschaft bzw. in einem anderen gesellschaftlichen Bereich im In- oder Ausland
Rheinland-Pfalz nennt an dieser Stelle auch den „Tenure Track“ als Ausdruck der wissenschaftlichen Leistungen. Dies ist seit 2002 eine besondere Ausgestaltung der Juniorprofessur, die schon bei der Besetzung den Übergang in eine Lebenszeitprofessur zusagt. In diesem Fall ist die Erbringung der wissenschaftlichen Leistungen im Rahmen der höchstens sechsjährigen Beschäftigungsphase möglich.
Die Qualität der Leistungen wird dann letztendlich von der betreffenden Hochschule im Berufungsverfahren bewertet. Schleswig-Holstein fordert von seinen zukünftigen Professoren außerdem, dass sie mindestens zwei Jahre an einer anderen Hochschule oder Forschungseinrichtung wissenschaftlich gearbeitet haben. Sachsen-Anhalt erweist sich bei der Erbringung dieser Voraussetzung sozial und berücksichtigt bei den Leistungen Mutterschutz-, Kindererziehungs-, und Pflegezeiten.
In vielen Fachbereichen spielt auch die Einwerbung von Drittmitteln zur Unterstützung der Forschung eine große Rolle. Wer hier während seiner Post-Doc-Phase erfolgreich Anträge – zum Beispiel an die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – formuliert und Mittel eingeworben hat, erhöht an den entsprechenden Instituten seine Chancen.
Fachspezifische Voraussetzungen für Professuren
In einigen Fachbereichen müssen Bewerber zusätzliche Qualifikationen nachweisen: Für pädagogische, künstlerische oder medizinische Professuren sind genau wie für Professuren an Fachhochschulen praktische Erfahrungen vonnöten.
Voraussetzungen für pädagogische Professuren
Für Professuren mit erziehungswissenschaftlichen oder fachdidaktischen Aufgaben in der Lehrerbildung fordern die Bundesländer fast einhellig mindestens drei Jahre Erfahrung als Lehrerin oder Lehrer an einer Schule. Es gibt nur einige Ausnahmen:
- Niedersachsen: Drei Jahre Schule ODER Erfahrung in der empirischen Forschung, die den Aufgaben der angestrebten Professur entspricht
- Sachsen-Anhalt: Drei Jahre Schule ODER empirische Forschung, aber nur, wenn innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Berufung ausreichende Berufspraxis nachgewiesen werden kann
- Saarland: Drei Jahre Schule ODER Forschung zu schulpraktischen Fragen
- Mecklenburg-Vorpommern: Drei Jahre Schule UND eine Zweite Staatsprüfung oder gleichwertige Qualifikation
Voraussetzungen für künstlerische Professuren
Für Professoren in künstlerischen Fachrichtungen gilt (analog zu den oben beschriebenen wissenschaftlichen Fähigkeiten/Leistungen): Sie müssen nachweisen, dass sie fähig sind, künstlerisch zu arbeiten und künstlerische Leistungen erbracht haben. Hier wird in den meisten Bundesländern Wert darauf gelegt, dass es sich dabei um eine mehrjährige künstlerische Tätigkeit handelt, die auch außerhalb der Hochschule erfolgreich und mit herausragenden Leistungen absolviert wurde.
Voraussetzungen für medizinische Professuren
Professoren mit ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Aufgaben brauchen zusätzlich die Anerkennung als Facharzt und in den meisten Ländern auch als Gebietsarzt in ihrem Fachgebiet, bzw. müssen eine von der jeweiligen Kammer gleichwertig empfundene Weiterbildung gemacht haben. Für Bereiche, in denen spezielle Facharztausbildungen nicht üblich sind, kann die fünfjährige praktische Tätigkeit im jeweiligen Gebiet angerechnet werden.
Voraussetzungen für Fachhochschulprofessoren
Wer einen Lehrstuhl an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften oder an einer Dualen Hochschule oder Fachhochschule ergattern will, kann in einigen Fällen zwar auf Promotion und Habilitation verzichten, muss aber Praxiserfahrung nachweisen: Hier werden „besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden“ verlangt.
Voraussetzung ist, dass die zukünftigen Professoren fünf Jahre Berufspraxis haben, von denen sie mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs tätig waren. Wer einen Lehrstuhl an eine Fachhochschule anstrebt, überlegt sich am besten schon recht frühzeitig, welche Fachgebiete in Frage kommen würden: Da die meisten Professuren praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Lehrstuhls fordern, kann man so seine beruflichen Stationen danach auswählen.