Promotion - ja oder nein
Wann lohnt sich eine Promotion?

Fragezeichen Promotion ja oder nein

Es gibt viele Gründe, die für oder gegen eine Promotion sprechen © Evan Dennis / unsplash.com

Für eine Hochschulkarriere ist sie Voraussetzung: die Promotion. Doch was, wenn das Berufsziel nicht die akademische Laufbahn ist, sondern vielleicht der öffentliche Dienst oder die freie Wirtschaft? Ist ein Doktortitel dann immer nützlich oder kann er vielleicht sogar schaden? In welchen Fachbereichen es sich zu promovieren lohnt und wann Sie auf den Doktortitel verzichten können, verrät academics.

Veröffentlicht: 01.06.2021

Von: Julia Becker & Frauke Noweck

Für eine akademische Laufbahn ist die Promotion in der Regel Voraussetzung. Streben Sie also eine Karriere in der Forschung oder Lehre an, sollten Sie die Doktorarbeit fest einplanen. Auch Mediziner:innen können mit einer Promotion nicht viel falsch machen – als Arzt oder Ärztin auch „Doktor:in“ zu sein, ist gang und gäbe. Als angehender Lehrer oder Lehrerin zu promovieren, lohnt sich dagegen nur in bestimmten Fällen. 

In der freien Wirtschaft ist der Doktortitel nicht überall ein Garant für beste Jobchancen und ein hohes Gehalt. Er kann aber je nach Fachrichtung und Branche ebenfalls einen Karriereschub bringen. Wie sinnvoll eine Promotion ist, hängt entscheidend davon ab, was Sie erreichen möchten. Vor der Entscheidung, ob Sie promovieren, sollten Sie daher ein klares Berufsziel definieren und sich über die Voraussetzungen informieren. Was erhoffen Sie sich vor diesem Hintergrund vom Doktortitel? Geht es Ihnen eher um das Renommee, um Aufstiegschancen oder schlicht um das Gehalt? 

Im öffentlichen Dienst bietet eine Promotion zwar aufgrund der tariflichen Gehaltsstrukturen nicht unbedingt finanzielle Vorteile. Jedoch kann sie die Chancen auf eine Einstellung erhöhen und somit die Jobaussichten verbessern. In manchen Bereichen, etwa in wissenschaftlichen Behörden oder in der Hochschulverwaltung, kann ein Doktortitel sogar zwingende Voraussetzung sein.

Nicht in jeder Branche bringt eine Promotion alle diese Vorteile mit sich und führt der lange, kosten- und arbeitsintensive Weg zur Promotion wirklich an das berufliche Ziel. In einigen Fachbereichen ist eine Promotion daher die Ausnahme, in anderen gehört sie fest dazu. academics bietet Hilfestellung mit der folgenden Übersicht.

Chemiker:innen, Biolog:innen und Physiker:innen sind die Spitzenreiter in Sachen Promotionsquote. Das zeigt eine 2019 erstellte Berechnung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) auf der Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes. Bei den durchschnittlichen Promotionsquoten der Jahre 2015 bis 2017 belegen dort die Fächer Biologie (86,2 Prozent), Chemie (78,9 Prozent) und Physik (64,0 Prozent) die ersten drei Plätze. Nach Angaben der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) begannen im Jahr 2019 rund 88 Prozent der Chemie-Masterabsolventen an deutschen Universitäten eine Promotion. 

Der Doktortitel ist für Absolventen naturwissenschaftlicher Fächer also annähernd die Regel. In der chemischen und pharmazeutischen Industrie – laut GDCh der Top-Arbeitgeber für Chemiker in der Wirtschaft – oder in der Biotech-Industrie ist er üblicherweise Voraussetzung für einen Job in Forschung und Entwicklung. Die Wirtschaft bietet aus diesem Grund häufig auch selbst Promotionsstellen an. Industriepromotionen sind für Naturwissenschaftler daher ein gängiges Modell. Auch in anderen Wirtschaftszweigen, in denen Naturwissenschaftler:innen tätig sind – etwa der Wissenschaftskommunikation, der Diagnostik und in Verbänden –, sorgt eine Promotion oft für bessere Einstellungs- und Gehaltschancen. 

Allerdings ist der Trend zur Promotion bei den Chemiker:innen laut GDCh in den letzten Jahren leicht rückläufig, wenn auch immer noch insgesamt auf hohem Niveau. Der Grund dafür könnten laut Thorsten Daubenfeld, Professor für Physikalische Chemie an der Hochschule Fresenius, gestiegene Jobchancen in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sein. „Promovierte Chemiker (...) sind für die KMU meist zu spezialisiert, haben aus Sicht der Unternehmen oft unrealistisch hohe Gehaltsvorstellungen und zu wenig Praxiserfahrung“, schreibt Daubenfeld in einer Publikation der GDCh

Schon gewusst?

Sie sind noch unschlüssig, ob Sie promovieren sollten? Finden Sie es heraus! Als registrierte:r Nutzer:in können Sie kostenlos den academics-Promotionstest machen, den wir gemeinsam mit dem Psychologischen Institut der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg entwickelt haben.

Zum Promotions-Test

Bedeutet die Promotion für Mathematiker:innen automatisch größere Chancen auf dem Arbeitsmarkt? Das hängt davon ab, wo Sie arbeiten möchten. In der Wirtschaft kommt es manchmal ganz auf die Branche und die Unternehmensgröße an. Manche Arbeitgeber, zum Beispiel in der Unternehmensberatung, legen aus Gründen des Renommees Wert auf eine Promotion. Grundsätzlich sind Mathematiker:innen aber gesuchte Fachkräfte – auch ohne Doktortitel stehen die allgemeinen Chancen auf dem Arbeitsmarkt gut. 

Ingenieur:innen sind eher Praktiker:innen. Entsprechend nachrangig ist der Stellenwert eines Doktortitels in den technischen Fachbereichen außerhalb von Lehre und Forschung. Nach der Berechnung des CHE von 2019 lag die jährliche Promotionsquote in den ingenieurwissenschaftlichen Fächern im untersuchten Zeitraum durchgehend bei unter 30 Prozent – angehende Wissenschaftler:innen eingeschlossen. Darunter: Werkstofftechnik mit 28,2 Prozent, Verfahrenstechnik mit 26,9 Prozent, Maschinenbau mit 25,3 Prozent und Bauingenieurwesen mit 17,7 Prozent.

In der Wirtschaft stehen Ingenieur:innen auch ohne Promotion viele Türen offen. Bewirbt sich ein:e Ingenieur:in mit Doktortitel, kann das kleine und mittlere Unternehmen sogar abschrecken: Womöglich ist der Kandidat oder die Kandidatin eher theoretisch geschult als praktisch versiert und hat darüber hinaus exorbitante Gehaltsvorstellungen. Vor allem bei größeren Unternehmen aber kann der Doktortitel für angehende Führungskräfte karrierefördernd sein und schraubt in der Regel auch das Gehalt nach oben – mehr dazu im nächsten Absatz. 

Den Doktortitel findet man bei Wirtschafts-, Sozial- und Politikwissenschaftler:innen, die in der freien Wirtschaft tätig sind, eher selten. Auch in den jüngeren Absolventenjahrgängen ist das Ziel Promotion nicht sehr weit verbreitet: Gemäß der Berechnung des CHE lag die durchschnittliche jährliche Promotionsquote im Zeitraum 2015 bis 2017 in allen drei Fachbereichen bei deutlich unter 20 Prozent. Bei Wirtschafts- und Politikwissenschaftler:innen betrug sie jeweils 15,8 Prozent, bei den Sozialwissenschaftlern 14,2 Prozent. 

Der Hintergrund: Während eine Promotion auch in diesen Fachbereichen für eine Hochschulkarriere zwingend ist, spielt sie für eine Karriere als Sozialwissenschaftler:in in der freien Wirtschaft kaum eine Rolle. Zudem setzen sich Spezialisierungen auf dem Master-Level als Alternativen zur Promotion durch: etwa der Master of Business Administration (MBA) oder der Master of Laws (LL.M.). Sie sind praxisbezogener und bereiten gezielter auf die Tätigkeit in einem bestimmten Berufsumfeld vor. In Forschung und Lehre oder auch im öffentlichen Dienst ist der Doktortitel aber entweder Pflicht oder zumindest hilfreich.

Auch die Promotion in den Wirtschaftswissenschaften ist nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Volks- und Betriebswirte vor allem für eine wissenschaftliche Karriere erforderlich. Bei bestimmten Arbeitgebern, etwa im öffentlichen Dienst oder bei Nichtregierungsorganisationen (NGOs), kann der Doktortitel ebenfalls einen Vorteil bringen – auch in Bezug auf das Gehalt.

Nichts mehr verpassen?

Legen Sie sich einen Account an, um von allen Vorteilen unter “Mein academics” zu profitieren!

Eine Promotion kostet Zeit, Nerven und auch Geld. Da stellt sich zwangsläufig die Frage, ob und wie sie sich später auf das Gehalt auswirkt. In einigen Fachbereichen lässt sich pauschal sagen: Wer den Doktortitel hat, verdient in der Regel mehr. Naturwissenschaftler:innen, Mathematiker:innen, Informatiker:innen und Ingenieur:innen profitieren häufig von der Promotion. Sozial- und Politikwissenschaftler dagegen erleben den positiven Effekt nicht so stark. 

Eine Analyse des Gehaltsportals gehalt.de zeigt: In fast allen Fachbereichen ist das Einstiegsgehalt durchschnittlich höher, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin promoviert ist. In der Informatik und in den Naturwissenschaften ist der Gehaltsunterschied zum Absolvent:innen auf Master-Niveau besonders hoch. 

Gehaltsvorteil für Berufseinsteiger mit Promotion in verschiedenen Fachbereichen

Fachbereich Gehaltsunterschied durch Promotion bei Berufseinstieg

Ingenieurwissenschaften

+ 8,64 Prozent

Wirtschaftswissenschaften

+ 8,65 Prozent

Naturwissenschaften

+ 10,68 Prozent

Informatik

+ 17,84 Prozent

Quelle: gehalt.de © academics

Was Promovierte in vielen Bereichen eint, ist außerdem, dass sie oft Stellen mit mehr Verantwortung bekommen. Denn wer einen Doktortitel erworben hat, hat bereits bewiesen, dass er motiviert ist, Leistung zeigen und auch komplexe Aufgaben erledigen kann. In dieser Hinsicht kann die Promotion ein Türöffner sein. 

Dem gegenüber steht jedoch der Aufwand, den der Weg zur Promotion mit sich bringt: Vor allem Geistes- und Sozialwissenschaftler:innen, die keine Wissenschaftskarriere anstreben, sollten gut abwägen, ob ein etwaiges späteres Gehaltsplus den zeitlichen und finanziellen Aufwand einer Promotion rechtfertigt. Denn schließlich werden sie zum Zeitpunkt ihres Berufseinstiegs durchschnittlich älter sein als Akademiker:innen, die „nur“ einen Masterabschluss oder ein Diplom in der Tasche haben – und starten entsprechend später als Vollverdiener:innen ins Berufsleben.

Lohnt sich eine Promotion für eine Karriere außerhalb der Wissenschaft?

Fachgebiet Einschätzung der Berufsverbände Mit Blick auf das Gehalt

Naturwissenschaften

ja

ja

Mathematik

ja

ja

Sozialwissenschaften

nein

nein

Wirtschaftswissenschaften

nur in bestimmten Fällen

nur in bestimmten Fällen

Ingenieurwissenschaften

nur in bestimmten Fällen

ja

Quelle: academics © academics

Eine Promotion kann eine gute Investition in die Zukunft sein. Doch kann auch das Gegenteil eintreten? Kann eine Promotion auch schädlich sein, weil man für bestimmte Stellen überqualifiziert ist? Die Antwort: Ja, auch das ist möglich.

Arbeitgeber haben ein Interesse daran, dass ihr Personal motiviert und möglichst bezahlbar ist. Gerade in Branchen, in denen die Promotion nicht zwingend zum akademischen Ausbildungsprofil gehört, scheinen bei Berufseinsteiger:innen das gebotene Gehalt und die Aufgaben oft nicht zu einer promovierten Person zu passen. Mancher Bewerber oder manche Bewerberin sieht sich dann gezwungen, Kompromisse zu machen. 

Umso wichtiger ist es, sich – wie eingangs angesprochen – ein möglichst umfassendes Bild von den Anforderungen zu machen, die in der angestrebten Branche an Berufseinsteiger:innen gestellt werden. Bietet sich direkt nach dem Masterabschluss eine attraktive Einstiegsmöglichkeit in den Job, sollten gerade Geistes- und Gesellschaftswissenschaftler:innen, die in die Wirtschaft möchten, nicht zögern und ihr den Vorrang vor einer Promotion geben.

Anzeige

Droht die Arbeitslosigkeit nach Abschluss des Masterstudiums, so steht oftmals eine Promotion als Mittel zur Vermeidung derselben im Raum. Ein solches Vorgehen aus Mangel an Alternativen sollte aber gut überlegt sein. 

Sicher: Wenn nach dem Studium die ersten Bewerbungen erfolglos bleiben, ist das frustrierend. Trotzdem sollten sich Hochschulabsolvent:innen gut überlegen, ob eine Promotion aus Mangel an Alternativen wirklich der richtige Weg ist. Im Fokus sollte dabei nach wie vor die Frage stehen: Was will ich beruflich erreichen? Nützt mir die Promotion dafür wirklich? Kann ich mir vorstellen, in die Wissenschaft zu gehen? Ist das nicht der Fall, dann sollten weitere Möglichkeiten wie etwa eine Spezialisierung ins Auge gefasst werden.

Denn bei einer halbherzig angefangenen Promotion besteht ein großes Risiko, dass sie mittendrin doch abgebrochen wird. Das kann sich auch negativ auf spätere Bewerbungen auswirken, da künftige Arbeitgeber dem Bewerber oder der Bewerberin schlimmstenfalls mangelndes Durchhaltevermögen und Unschlüssigkeit bei der Karriereplanung attestieren könnten.

Artikel teilen