Welche Perspektiven haben Wirtschaftswissenschaftler mit und ohne Doktortitel?
Dass viele Manager mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund oder hochrangige Beamte in Ministerien und Verwaltungen promoviert haben, zeigt, dass ein Doktortitel – in Verbindung mit weiteren unternehmensspezifischen Fähigkeiten – Führungskräfte in Spitzenpositionen bringen kann. Eine Garantie für einen sicheren, gut bezahlten Job bietet er allerdings nicht. Ob sich die Promotion für Wirtschaftswissenschaftler lohnt, hängt stark von den individuellen beruflichen Zielen ab.
In bestimmten Branchen und Abteilungen der freien Wirtschaft werden Bewerber mit einer wirtschaftswissenschaftlichen Promotion bevorzugt, zum Beispiel bei Unternehmensberatungen, in Research-Abteilungen bei Banken oder Versicherungen sowie im Medienmanagement und an Marktforschungsinstituten. Aber auch in Ministerien, Behörden oder Verbänden sowie bei Lehrtätigkeiten an Hochschulen kann bei einer Bewerbung mit einem Doktortitel gepunktet werden.
Im Bewerbungsprozess um eine Stelle steht ein Doktortitel im Lebenslauf der Bewerbung eines Managers für ein besonders großes Fachwissen sowie analytische Fähigkeiten. Gleichzeitig bedeutet die Promotion für das einstellende Unternehmen aber auch ein höheres Einstiegsalter des Bewerbers und höhere Personalkosten, sodass ein Doktortitel die Position bei der Bewerbung nicht automatisch verbessert.
Welche Besonderheiten sind bei der Promotion Wirtschaftswissenschaften zu beachten?
Insgesamt ist die Promotionsquote unter Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern im Vergleich zu vielen anderen Fächergruppen sehr niedrig. Nur 9 % von denjenigen, die einen promotionsberechtigenden Abschluss erwarben, haben im Jahr 2014 dem Statistischen Bundesamt zufolge tatsächlich auch promoviert. Allerdings lag die Erfolgsquote bei promovierenden Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern bei 49 %, was bedeutet, dass 2014 gut doppelt so viele Absolventen eine Promotion begonnen haben, aber nur knapp die Hälfte davon diese auch mit einem Doktortitel abgeschlossen hat. Entsprechend klein ist der Anteil promovierter Wirtschaftswissenschaftler im Vergleich zu anderen Fächergruppen. 2014 stammten nur 13 % der Promovierten aus der Gruppe der Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften.
Im Schnitt dauert die Promotion von Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern 4,6 Jahre. Abgeschlossen wurde die Promotion 2014 in diesen Fachbereichen durchschnittlich im Alter von 33,2 Jahren. Die deutliche Mehrheit der Promovierten (75 %) war männlich, lediglich ein Viertel (25 %) weiblich.
Von den Wirtschaftswissenschaftlern mit Doktortitel entscheidet sich der Großteil später für einen beruflichen Werdegang in der Wirtschaft. Von den im Jahr 2010 promovierten Wirtschaftswissenschaftlern sind beispielsweise 13 % an einer Hochschule oder einer außeruniversitären Forschungseinrichtung beschäftigt, während 87 % im nicht wissenschaftlichen Bereich tätig sind.
Wegen des geringen Anteils derer, die in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre arbeiten können und dies auch wollen, sind besonders für Wirtschaftswissenschaftler Alternativen zur klassischen Promotion interessant. Eine davon ist der Master of Business Administration (MBA), der praxisnahe Kenntnisse im Management vermittelt. Nachteil ist, dass diese Form des Studiums ebenso zeitintensiv wie kostspielig ist. Vorteile sind dagegen die Inhalte, denn die Kombination aus Fachwissen und interkultureller Kompetenz erfüllt genau die Voraussetzungen, die im Management und in Führungspositionen erforderlich sind.
Wer als Wirtschaftswissenschaftler zwar eine berufliche Laufbahn in der Wirtschaft anstrebt, aber dennoch auf den klassischen Doktortitel nicht verzichten möchte, ist der perfekte Kandidat für eine Industrie-Promotion. Während der Promotionsphase arbeiten die Doktoranden dabei bereits in einem Unternehmen, das häufig auch das Thema der Dissertation entsprechend der Firmenschwerpunkte vorgibt. Diese Praxisnähe der Promotion kann später ein Pluspunkt im Lebenslauf eines Wirtschaftswissenschaftlers sein.