Arzt ohne Doktortitel: Was sind die Vor- und Nachteile?
Gesellschaftlich hält sich die Ansicht, ein Doktor ohne Titel sei kein richtiger Arzt, hartnäckig. Über die fachliche Eignung im Umgang mit Patienten sagt der Doktortitel aber nichts aus, und er ist für die Niederlassung als Fach- oder Hausarzt auch keine Bedingung. Dennoch gehört er für die meisten Absolventen dazu: Laut Destatis waren 63 Prozent aller Humanmedizinabschlüsse Promotionen – deutlich mehr als bei anderen Fächern, wie der Vergleich zeigt.
Dabei hat es durchaus Vorteile, auf die Promotion in der Medizin zu verzichten:
- Mehr und frühere Praxiserfahrung
- Zeit- und damit auch Geldersparnis durch eine verkürzte Studiendauer.
Nachteile eines Verzichts auf den Doktortitel:
- Kaum eine Chance auf eine leitende Position an Krankenhäusern oder Universitäten
- Meist geringeres Einstiegsgehalt
- Schlechtere Berufsaussichten in beliebten Fachrichtungen wie der Inneren oder der Kinder- und Jugendmedizin.
Die Entscheidung, ob eine Promotion im Einzelfall sinnvoll ist oder nicht, sollte sorgsam getroffen werden. Maßgeblich hängt sie davon ab, welche der zahlreichen Berufsperspektiven für Mediziner angestrebt wird.
Stipendium & Co.: Die Medizin-Promotion finanzieren
Wie Absolventen aller Fächer die Zeit ihrer Doktorarbeit finanzieren, hängt im Wesentlichen von der Art der Promotion ab. Die meisten Mediziner beginnen schon während des Studiums mit ihrer Dissertation, daher fällt diese Frage unter das allgemeine Thema Studienfinanzierung. Extern Promovierende bewerben sich überdurchschnittlich häufig um Stipendien: Sie haben ihr Studium bereits abgeschlossen und wollen ihre Doktorarbeit nebenberuflich verfassen, ohne an einer Universität eingeschrieben zu sein. Dafür suchen sie finanzielle Unterstützung.
Stipendien gibt es aber auch für die immatrikulierten und promovierenden Mediziner: Mehrere Klinikgesellschaften bieten Studierenden höherer Semester Förderungen, die die Doktorarbeit ebenfalls umfassen. Auch medizinische Verbände unterschiedlicher Fachgebiete – von Orthopädie bis Familienmedizin – fördern Studierende und Promovierende in Medizin, die eine Affinität für die jeweilige Spezialisierung zeigen. Viele dieser Programme sind als Einmalzahlungen angelegt.
Daneben vergeben Stiftungen, Verbände und Unternehmen Stipendien: Die Deutsche AIDS-Stiftung beispielsweise fördert Studierende, die sich mit HIV, Aids oder STI auseinandersetzen wollen, mit jährlich 12.000 Euro; der ADAC unterstützt Dissertationen im Bereich Notfallmedizin. Wer im Rahmen der Promotion für die Pharmaforschung interessante Bereiche bearbeitet, kann sich um finanzielle Unterstützung über Unternehmensstipendien bewerben. Bei den entsprechenden Krankenhäusern, Verbänden und Stiftungen konkret nachzufragen, kann sich finanziell lohnen.
Übrigens: Wer die Promotion erst im Anschluss an das Examen angeht, hat keinen Anspruch auf BAföG mehr. Allerdings können die Ausgaben, die durch die Doktorarbeit entstehen, steuerlich abgesetzt werden.
Doktorarbeit in der Medizin: Tipps zur Themenwahl
Wie bei der Themenwahl für die Doktorarbeit in anderen Studiengängen sollten auch Mediziner ihr Forschungsgebiet mit Bedacht auswählen. Ausgangspunkt für die Themensuche kann die Frage nach der Art der Dissertation sein. Es werden vier Typen unterschieden.
Experimentelle Doktorarbeit
Diese Art der Dissertation wird im Labor erarbeitet: Es wird zu einem bestimmten Thema geforscht. Häufig ist der Aufwand sehr groß, da langwierige Experimente durchgeführt werden müssen, die auch nicht immer gleich beim ersten Mal gelingen. Hier ist großes Durchhaltevermögen und Freude am Arbeiten im Labor gefragt. Der Zeitaufwand für diese Art der Dissertation ist höher als bei anderen. Er lohnt sich aber insbesondere, wenn Interesse an einer Forschungstätigkeit im späteren Berufsleben besteht.
Klinische Doktorarbeit
Hier steht eine klinische Studie und die Auswertung der daraus gewonnenen Daten im Zentrum. Meist werden sie selbst erhoben (prospektive Studie), es können aber auch bereits bestehende analysiert werden (retrospektive Studie). Der Vorteil daran: Man erhält Einblick in das beabsichtigte Fachgebiet und kann bereits jetzt das Fundament für den späteren Schwerpunkt als praktizierender Arzt, auch in leitender Funktion, legen. Auch für eine Karriere in der Forschung und Lehre ist dieser Typ Arbeit geeignet.
Theoretische Doktorarbeit
Bereits bestehende Arbeiten aus der medizinischen Forschung und verwandten Gebieten wie der Medizininformatik oder -ethik werden in neue Zusammenhänge gebracht. Der Zeitaufwand kann groß sein, wenn eine Einarbeitung in andere Fächer nötig ist. Die theoretische Arbeit ist eine gute Variante, wenn eine medizintheoretische Karriere oder die Tätigkeit als praktizierender Arzt in der eigenen Praxis oder einem Krankenhaus geplant ist.
Statistische Doktorarbeit
Von Kliniken und Studien erhobene Daten werden statistisch ausgewertet und mit bestehendem Wissen verglichen. Der Zeitaufwand ist in der Regel überschaubar. Diese Art Dissertation eignet sich besonders gut, wenn eine Tätigkeit als praktizierender Arzt in einer Praxis oder einem Krankenhaus angestrebt wird.
Neben dem angestrebten Berufsweg sollten auch die eigenen Talente und Neigungen Themenwahl und Art der Arbeit beeinflussen. Die Ausrichtung der Arbeit geht Hand in Hand mit der Entscheidung für eine betreuende Doktormutter oder einen betreuenden Doktorvater, der Erfahrung im und vor allem Interesse am gewählten Forschungsgebiet haben sollte. Zahlreiche Themen werden auf den sogenannten Doktorandenbörsen der medizinischen Fakultäten mit den angeschlossenen Universitätskliniken veröffentlicht. Wer dort fündig wird, kann sich direkt für ein Thema bewerben. Häufig handelt es sich dabei um Teilaspekte längerfristiger Forschungsprojekte. Alternativ bieten diese Börsen hilfreiche Anregungen für einen eigenen Forschungsansatz. Beim Umfang machen Fakultäten und Betreuer häufig Vorgaben, über die man sich vor dem Start erkundigen sollte.