Justiziar und Syndikusanwalt
Konzern statt Kanzlei: Karriere als Unternehmensjurist oder Unternehmensjuristin

Handschlag Symbolbild Unternehmensjurist

Juristen bieten sich als Syndikus oder Justiziar vielseitige Perspektiven in Unternehmen © rclassen / Photocase

Nicht alle Juristen und Juristinnen arbeiten für Anwaltskanzleien oder den Staat. Als Justiziarin oder Syndikusrechtsanwalt kann die Tätigkeit für Unternehmen eine interessante Option sein.

Veröffentlicht: 25.08.2022

Von: Sandra Frielingsdorf, Maria Zeitler

Wer nach dem Jurastudium statt in einer Kanzlei lieber in der freien Wirtschaft arbeiten möchte, hat dort gute Aussichten. In zahlreichen Konzernen oder auch kleinen und mittleren Unternehmen werden Jurist:innen für immer mehr und vielfältigere rechtliche Fragen gebraucht – nicht nur aufgrund von Digitalisierung und Globalisierung, sondern auch wegen der Verschärfung von Haftungsrisiken. Doch was genau machen Rechtsberater:innen in Unternehmen, und was unterscheidet den Job als Unternehmensjurist:in von dem in einer Kanzlei? academics klärt auf. 

Gehalt: Gehälter in großen Kanzleien fallen in der Regel höher aus als die der Rechtsspezialist:innen in Unternehmen – eine Ausnahme bildet die Beschäftigung bei großen internationalen Konzernen. Aber: Die zeitaufwendige Mandantenakquise entfällt für Unternehmensjurist:innen.

Arbeitsinhalte: Juristinnen und Juristen in Unternehmen arbeiten sich statt in einzelne Fälle tief in die Materie des Unternehmens ein. Sie können sich Betriebe aussuchen, hinter deren Zielen und Produkten sie stehen. Rechtsberater:innen in der Industrie sollten sich allerdings für betriebswirtschaftliche Zusammenhänge interessieren. Anders als Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen müssen sie zudem juristische Rahmenrichtlinien und Fakten auch für nichtjuristische Mitarbeitende des Unternehmens verständlich und praxisnah darstellen können.

Arbeitszeiten: Rechtsberater:innen für Unternehmen haben im Unterschied zum Anwalt oder Anwältin oft geregeltere Arbeitszeiten und Aussichten auf eine bessere Work-Life-Balance.

Wer sich mit den Berufsaussichten für Jurist:innen in der Industrie befasst, stößt auf unterschiedliche Bezeichnungen. Die Begriffe Legal Counsel, Unternehmensjurist:in und Corporate Counsel werden meist gleichbedeutend mit Justiziar:in gebraucht. Sie bezeichnen angestellte Jurist:innen in Unternehmen, Verbänden oder Beamt:innen in Behörden. Dies trifft auch auf den Begriff Legal Advisor zu, wobei bei diesen der Fokus stärker auf der beratenden Funktion liegt, bei Legal Managern hingegen stärker auf ökonomischen und Projektmanagement-Kompetenzen.

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Justiziar:innen sind üblicherweise in Rechtsabteilungen tätig. Sie arbeiten für ihren Arbeitgeber, oder im Fall von Beamten und Beamtinnen für ihren Dienstherrn, als juristische Berater:innen und betreiben für ihn vor allem vorsorgende Rechtspflege. Ihre Aufgabe ist es dann, potenzielle rechtliche Konflikte frühzeitig zu erkennen und Lösungen dafür zu entwickeln, um für das Unternehmen, den Verband oder die Behörde juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Im Detail haben Justiziare folgende weitere Aufgaben:

  • Bearbeitung von Fällen in den Bereichen Wirtschafts-, Marken- und Urheberrecht und von Versicherungsverträgen, Vertragsmanagement und -monitoring sowie haftungs- und kartellrechtliche Fragen bei Unternehmenskäufen und -verkäufen
  • Erstellung von Rechtsgutachten
  • Vertretung der Organisation oder des Unternehmens vor Behörden und Gerichten ohne Anwaltspflicht (Amtsgericht, Verwaltungsgericht, Finanzgericht, Sozialgericht oder Arbeitsgericht)
  • Aufgaben im Bereich des Personal- oder Steuerwesens
  • Verabschiedung und Umsetzung von Personalabbauplänen
  • Compliance Management: Justiziar:innen wachen darüber, dass Unternehmensleitung und Mitarbeitende alle internen Richtlinien und gesetzlichen Bestimmungen im Unternehmen einhalten. 


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Das durchschnittliche Vollzeitgehalt von Justiziar:innen oder beispielsweise als Legal Counsel Beschäftigten beträgt durchschnittlich 60.000 bis 70.000 Euro brutto jährlich. Die Gehaltsspanne ist jedoch groß und reicht je nach Arbeitgeber von knapp 50.000 bis mehr als 100.000 Euro Jahreseinkommen. 

Grund dafür ist, dass das Gehalt von Unternehmensjurist:innen zum einen stark von der Berufserfahrung, zum anderen aber auch von der Größe, Branche und Art des Unternehmens abhängt. Nach Angaben des Gehaltsvergleichsportals gehalt.de verdient die Hälfte der Berufsgruppe zwischen 53.276 und 99.288 Euro (Stand: August 2022). Das Gehalt von verbeamteten Justiziar:innenen richtet sich nach der Gehaltsstruktur im öffentlichen Dienst.

Unternehmen setzen in ihren Stellenanzeigen für Justiziar:innen üblicherweise ein Jurastudium voraus. Im Unterschied zur Tätigkeit als Rechtsanwältin oder Syndikusanwalt (siehe unten) reicht dafür aber meist ein erstes Staatsexamen. Auch Abschlüsse als Master of Laws (LL.M.), Wirtschaftsjurist:in, als Diplom-Rechtspfleger:in (FH), Diplom-Verwaltungswirt:in (FH) oder als Bachelor of Laws Unternehmensjurist/in können für eine Stelle als Justiziar:in genügen. Entsprechend ist auch keine Rechtsanwaltszulassung nötig.

Wer bereits einen bestimmten Arbeitgeber oder eine Branche im Blick hat, profitiert oft eher von einer fachspezifischen Promotion als vom zweiten Staatsexamen. Während spezialisierte Expert:innen besonders in großen Konzernen Chancen haben, können Generalisten mit einem breit gefächerten Qualifikationsspektrum in kleinen und mittleren Unternehmen auf eine Einstellung hoffen.

Syndikusrechtsanwälte und -anwältinnen sind Rechtsanwält:innen mit abgeschlossenem zweitem Staatsexamen, die nicht in einer Kanzlei, sondern zum Beispiel bei einem Unternehmen beschäftigt sind und für dieses als Rechtsberater:in fungieren. „Syndikusrechtsanwalt“ ist eine geschützte Berufsbezeichnung. Umgangssprachlich spricht man jedoch auch vom Syndikus oder der Syndikusanwältin.

Da es für Betriebe ab einer gewissen Größe wirtschaftlich sinnvoll ist, die Rechtsexpertise an das Unternehmen zu binden, finden sich vor allem in mittleren und größeren Unternehmen aller Branchen Syndikusrechtsanwält:innen. Beschäftigung finden sie häufig in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie, im Finanzsektor, im Immobiliengeschäft, der Versicherungsbranche und der Verlagswelt

Syndikusrechtsanwälte und -anwältinnen sind zugelassene Rechtsanwält:innen und müssen daher immer einen Kanzleisitz nachweisen. Sind sie nicht nebenberuflich noch rechtsanwaltlich für andere Mandanten tätig – was erlaubt ist –, geben daher viele Syndizi einfach ihre Privatadresse als Kanzleisitz an. 

  • Analyse rechtlicher Probleme, Fragestellung und Vorschriften
  • Lösungsfindung und Briefing von Abteilungen und Führungskräften
  • Vermittlung bei unternehmensinternen Konflikten
  • Aufsetzen von Verträgen
  • Schulungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in rechtlichen Fragen
  • Mitgestaltung unternehmensinterner Regelungen (und dadurch Einfluss auf die Unternehmenskultur).

Der Syndikus ist nicht Steuerberater:in oder Wirtschaftsprüfer:in des Unternehmens. Ebenfalls nicht zu den Aufgaben einer Syndikusanwältin oder eine Syndikusanwalts gehört die Vertretung des Arbeitgebers vor Gericht. Dies ist verboten, da sie in Abhängigkeit zu ihrem Arbeitgeber steht, Rechtsanwält:innen jedoch als unabhängige Organe der Rechtspflege arbeiten müssen. Dadurch ergibt sich aber als weitere Aufgabe für den Syndikus das Beauftragen und die Koordination externer Rechtsanwälte.

Wer das Berufsziel Syndikus verfolgt, muss zunächst ein Jurastudium mit dem ersten Staatsexamen abschließen. Nach einem anschließenden zweijährigen Referendariat muss erfolgreich das zweite Staatsexamen absolviert werden. Mehrjährige Berufserfahrung in einer Anwaltskanzlei oder der Rechtsabteilung eines Unternehmens erhöhen die Chancen, als Syndikusrechtsanwalt beauftragt zu werden. 

Die Höhe des Einkommens hängt von verschiedenen Faktoren ab, zu denen Größe und Standort des Unternehmens, die Branche sowie die Berufserfahrung des Syndikus zählen. Zudem kann eine Syndikusrechtsanwältin/ein Sydikusrechtsanwalt mit mehreren Mandanten ihr Honorar steigern. Nach oben ist somit keine klare Grenze gesetzt – und auch große internationale Konzerne gewinnen außerordentlich gute und spezialisierte Syndizi oft durch hohe Gehälter. 

Die Größe des Unternehmens spielt eine wichtige Rolle, wenn man betrachtet, dass Syndikusrechtsanwält:innen in Unternehmen mit weniger 100 Mitarbeitenden rund 75.000 Euro verdienen, bei Arbeitgebern mit mehr als 20.000 Mitarbeitenden kann sich das Einkommen jedoch schon auf knapp 100.000 Euro brutto jährlich belaufen. Laut gehalt.de liegt der Durchschnittsverdienst zwischen rund 73.000 und rund 96.000 Euro brutto pro Jahr. Den Einfluss des Faktors Berufserfahrung verdeutlichen ebenfalls die Zahlen von gehalt.de (Stand: August 2022):

  • Erfahrung unter 3 Jahre: 62.511 Euro
  • Erfahrung 3-6 Jahre: 67.326 Euro
  • Erfahrung 7-9 Jahre: 73.709 Euro
  • Erfahrung mehr als 9 Jahre: 91.151 Euro.


Ob die Tätigkeit in einer Rechtsabteilung oder als Syndikus das Richtige ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Es hängt auch davon ab, welche Ausbildung vorliegt und was man ganz persönlich in den unterschiedlichen Ausprägungen der Berufe für sich als Vor- oder Nachteile interpretiert. Die folgende Tabelle zeigt diese auf und kann bei der Orientierung helfen. 

Unterschiede zwischen Justiziar und Syndikusanwalt im Überblick

Justiziar/Justiziarin Syndikusrechtsanwalt/-anwältin

Theoretisch nach dem 1. Jura-Staatsexamen möglich oder mit anderer fachspezifischer Ausbildung

2. Jura-Staatsexamen nötig

Keine Zulassung bei der Rechtsanwaltskammer nötig

Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nötig

keine eigene Kanzlei notwendig

muss eine Anwaltskanzlei vorweisen

feste Anstellung

feste Anstellung, ggf. mit selbstständiger Nebentätigkeit

Gehalt von einem festen Arbeitgeber

kann neben dem Angestelltengehalt mehrere Mandanten/Einkommensquellen haben

weisungsgebunden

fachlich unabhängig, nicht an Weisungen gebunden

Quelle: academics © academics
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