Jura Berufsaussichten
Karriere nach dem Jura-Studium

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Die Berufsaussichten für Juristen und Juristinnen sind seit Jahren hervorragend, auch ohne zweites Staatsexamen. Mögliche Arbeitgeber sind nicht nur Kanzleien, sondern auch der öffentliche Dienst und die freie Wirtschaft. Alle Infos!
Aktualisiert: 17.02.2025
Wo arbeiten Jurist:innen?
Die Zahl der Bereiche, in denen juristische Expertise gefragt ist, wächst. Entsprechend ist die Zahl der Jurist:innen in Deutschland laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahrzehnt deutlich gewachsen: Rund 421.000 Erwerbstätige mit einem Jura-Abschluss waren 2023 laut Mikrozensus in Deutschland tätig – allerdings sind nur rund 60 Prozent der Menschen, die einmal Jura studiert haben, aktuell mit juristischen Aufgabenstellungen betraut, meldet das Statistische Bundesamt. Demnach arbeiten
- 140.000 Jurist:innen (33,3 Prozent) als Rechtsanwalt/Rechtsanwältin oder Notar:in
- 132.000 Jurist:innen (31,4 Prozent) im öffentlichen Dienst, davon 31.000 als Richter:in oder Staatsanwalt/Staatsanwältin, 43.000 in Behörden und Ministerien mit juristischen Aufgabenstellungen und 58.000 in Behörden und Ministerien mit allgemeinen Aufgaben wie Sachbearbeitung / Referent:in / Führungskraft
- 149.000 Jurist:innen (35,4 Prozent) in der freien Wirtschaft außerhalb von Kanzleien; rund 46.000 davon mit vorrangig juristischen Aufgaben (z. B. als Wirtschaftsjurist/-in, Vertragsberater/-in oder als Justiziar/-in).103.000 nahmen dagegen Tätigkeiten wahr, die keine eindeutige juristische Ausrichtung hatten; zu den häufigen Einsatzfeldern gehörten betriebswirtschaftliche und allgemeine sachbearbeitende Aufgaben, Lehre und Forschung, Geschäftsführung, Personalwesen, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen oder auch journalistische Tätigkeiten.
Arbeitslosenquote bei Jurist:innen
Die Arbeitslosenquote bewegt sich seit Jahren auf konstant niedrigem Niveau, im Jahr 2023 betrug sie nach Angaben der Arbeitsagentur lediglich 2,4 Prozent. Trotz dieser annähernden Vollbeschäftigung sei der Berufseinstieg für Jura-Absolvent:innen „nicht immer ohne Schwierigkeiten. Dies wird daran deutlich, dass unter den arbeitslosen Juristinnen und Juristen ein sehr hoher Anteil junger Menschen zu finden ist. So war mehr als die Hälfte der arbeitslosen Rechtskundigen noch keine 35 Jahre alt“, verlautbarte das Statistische Bundesamt.
Juristische Berufe: Perspektiven nach Fachbereich
Den guten Berufsaussichten für Juristen liegen vielfältige Einsatzgebiete zugrunde. Die Arbeitsfelder haben sich laut der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Köln in den letzten Jahren ein wenig verschoben: Rund ein Drittel der Absolvent:innen arbeitet nicht mehr im klassisch juristischen Bereich der Rechtsberatung und Rechtsprechung, sondern verfolgt einen Quereinstieg als Mitarbeiter:in in Unternehmen, oft in der Position einer Führungskraft. Nachfolgend die Perspektiven verschiedener Berufe für Jurist:innen in der Übersicht.
Als Anwalt oder Anwältin in einer Kanzlei
Die Anwaltschaft in Deutschland sucht seit einigen Jahren bereits händeringend sehr gut ausgebildeten Nachwuchs. Mit einem guten Abschluss steht einem Berufseinstieg in einer renommierte Großkanzlei nichts im Wege. Aber auch Absolvent:innen mit eher durchschnittlichen Noten finden im Jahr 2022 in der Regel schnell einen Job in einer Kanzlei.
Am Gericht
Aufgrund der demografischen Entwicklung und den hohen Anforderungen an einen guten Studienabschluss stehen die Chancen, in der Justiz einen Job zu ergattern, besonders gut. Viele Richter:innen und Staatsanwält:innen scheiden in den nächsten Jahren altersbedingt aus, zudem sind die Gerichte ohnehin schon unterbesetzt. Und der oben erwähnte Rückgang an Absolvent:innen mit der Befähigung zum Richteramt erhöht die Chancen zusätzlich.
In einem Unternehmen
Unternehmensjuristen und Unternehmensjuristinnen sind ebenfalls gefragte Leute. In vielen Firmen haben sich in den letzten Jahren zwei große, neue Tätigkeitsfelder aufgetan, für die auch juristische Expertise gefragt ist: Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Allerdings könnte die schwierige konjunkturelle Situation zu einem allgemeinen Stellenabbau in Unternehmen führen. Davon wären mutmaßlich auch juristische Berufe betroffen.
Alternative Berufe für Jurist:innen
Auch Notar:innen sind sehr gefragt, da für diesen Beruf herausragenden Noten in beiden Examina notwendig sind. Der Staat bietet Jurist:innen Anlaufstellen als Verwaltungsbeamt:innen, im Auswärtigen Amt, im Diplomatendienst oder beim Bundesnachrichtendienst. Und im wissenschaftlichen Bereich gibt es an der Universität Stellen für Professor:en und wissenschaftliche Mitarbeitende. Diese sind allerdings begrenzt sowie befristet und stehen in der Regel nur herausragenden Absolventen und Absolventinnen offen.
Immerhin rund ein Drittel der Rechtskundigen übt keine juristische Tätigkeit aus. Sie gehen beispielsweise betriebswirtschaftlichen Aufgaben nach, arbeiten in der Lehre und Forschung, sind in der Geschäftsführung von Unternehmen tätig, arbeiten bei Versicherungen und anderen Firmen der Finanzbranche, in der Sachbearbeitung, bei den Medien oder als Personaler:in.
Erstes und zweites Staatsexamen – Karriereperspektiven
Nachdem die Studierendenzahlen bis vor wenigen Jahren kontinuierlich stiegen, sind sie nun leicht rückläufig – im Wintersemester waren laut Destatis 114.515 Studierende in den Rechtswissenschaften eingeschrieben. Im Jahr zuvor waren es noch 116.603, im Jahr 2020 119.285. Da der Bedarf im Arbeitsmarkt aber vorhanden ist, steigen somit die Karrierechancen derjenigen, die ein Jurastudium erfolgreich absolvieren.
Das Studium der Rechtswissenschaften ist in zwei Stufen unterteilt:
- Das erste juristische Staatsexamen bildet den ersten Teil der fachwissenschaftlichen Ausbildung. Mit diesem Grundwissen stehen Absolvent:innen bereits einige Berufsfelder offen.
- Dem ersten juristischen Staatsexamen schließt sich das zweite Staatsexamen an. Diesem Abschluss geht ein zweijähriges Rechtsreferendariat voraus. Es beinhaltet die eigentliche praktische Ausbildung von angehenden Jurist:innen durch den Staat und ist Voraussetzung für das Richteramt und die Anwaltschaft („Volljurist:in“).
Berufsaussichten 1. Staatsexamen Jura: Was kann man damit machen?
Auch wenn die juristische Ausbildung zwei Staatsexamen vorsieht, sind die Berufsaussichten mit nur einem Staatsexamen in der Tasche nicht aussichtslos. Diese Absolventen und Absolventinnen kämpfen auf dem Arbeitsmarkt allerdings mit der Konkurrenz von Fachhochschulen/HAWs sowie mit Bachelorabsolvent:innen aus anderen Fachrichtungen, die als Wirtschaftsjurist:in oder beispielsweise in Rechtsabteilungen von Versicherungen tätig sein können. Zudem können sich natürlich auch Volljurist:innen mit zwei Staatsexamen auf die infrage kommenden Stellen bewerben.
Die private Wirtschaft fordert die zweite Staatsprüfung nicht zwingend, auch wenn diese oft gewünscht wird. Als Anwalt oder Anwältin, Richter oder Richterin sowie als Staatsanwalt oder Staatsanwältin ist ein Einstieg mit nur einem Examen nicht möglich.
Berufsaussichten mit 2. Staatsexamen: Glänzende Perspektiven als Volljurist:in
Besonders Prädikatsjurist:innen (mindestens die Note „vollbefriedigend“) haben allerbeste Berufsaussichten. Top-Kanzleien suchen händeringend geeigneten Nachwuchs. Nach Angaben des Studien- und Karriereberatungszentrums der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln spiegelt sich das auch in den Einstiegsgehältern wider: Waren sechsstellige Brutto-Einkommen bis Mitte der 2010er-Jahre noch die Ausnahme, kommen diese bei Volljurist:innen mit zwei Prädikatsexamen in großen Wirtschaftskanzleien in den letzten Jahren immer öfter vor.
Doch auch Absolvent:innen, die nur eins oder keines ihrer zwei Staatsexamen mit Prädikat abgeschlossen haben, sind laut der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Köln gesuchte Kräfte auf dem Arbeitsmarkt. Grundsätzlich steht auch ihnen der Markt der Rechtsberatung und des Staatsdienstes offen.
Wer eine Karriere als Richter:in oder eine Anstellung in einer Top-Kanzlei anstrebt, hat mit durchschnittlichen Abschlussnoten zwar eher das Nachsehen. Für Verwaltungsjurist:innen im höheren Dienst sind jedoch regelmäßig auch Stellen mit Noten aus dem Bereich „befriedigend” ausgeschrieben.
Berufsperspektiven auch ohne Bestnote
Auch wenn die Note der Examen für Jurist:innen nicht mehr die ausschlaggebende Bedeutung hat wie noch vor Jahren, ist für Absolvent:innen mit der Note „ausreichend” die Tür bei den Top-Arbeitgebern in der Regel zu. Doch diese Kandidaten und Kandidatinnen kommen ebenfalls im Arbeitsmarkt unter, auch wenn es in vielen Fällen etwas länger dauert.
Hier warten neben kleineren Anwaltskanzleien vornehmlich Stellen im öffentlichen Dienst, in Versicherungen und anderen Unternehmen, die Rechtsexpertise benötigen. Auch der Gang in die Selbstständigkeit steht den schwächeren Absolvent:innen offen.
Die Note des zweiten Staatsexamens gibt in den meisten praktischen Berufen den Ausschlag, solange die Diskrepanz zwischen beiden Noten nicht exorbitant ist. Anders sieht es in der Wissenschaft aus: Hier kann die Note des ersten Staatsexamens eine bedeutendere Rolle für den Jobeinstieg spielen.
Mit Zusatzqualifikationen die Chancen vergrößern
Generell ist es sinnvoll, sich im Laufe des Studiums auf Rechtsgebiete zu konzentrieren, die gefragt sind. Wer Expertise im Steuer-, Immobilienwirtschafts- oder Versicherungsrecht vorweisen kann, hat weniger Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt als beispielsweise klassische Arbeitsrechtler:innen.
Zusatzqualifikationen wie ein längerer Auslandsaufenthalt, ein ausländischer Masterabschluss oder studienbegleitende praxisorientierte Erfahrungen machen auch Jurist:innen mit durchschnittlichen Noten zu attraktiven Arbeitskräften, vor allem für Unternehmen.
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Dr. iur.: Die Berufsaussichten mit Promotion
Die Promotion kann sich im juristischen Bereich durchaus lohnen, ist aber für die meisten Arbeitsfelder nicht erforderlich. Ein Doktortitel oder andere akademische Grade wie ein LL.M. (Master of Laws) werden von Top-Arbeitgebern aber durchaus geschätzt. Denn die Promotion fördert bei Jurist:innen den Gang zurück in die Praxis.
Durch die Vertiefung eines Themas und der Beschäftigung mit weitreichenden Aspekten wird eine Qualifikation erlangt, die für Arbeitgeber wie Ministerien bei Gesetzgebungsverfahren von Vorteil sein kann. Zudem bringt ein Doktorgrad in der Regel auch etwas mehr Gehalt ein. Wer in der Wissenschaft arbeiten möchte oder sich nach dem Abschluss des Studiums noch unsicher ist, wohin der Weg gehen soll, ist mit einer Promotion in jedem Fall gut beraten.