Jura Berufsaussichten
Karriere nach dem Jura-Studium

Justitia Symbolbild Karriere Jura

Der wachsende Bedarf an Rechtsberatung - auch in den Unternehmen - bietet beste Karriereperspektiven für Juristen © axelbueckert / Photocase

Die Berufsaussichten für Juristen und Juristinnen sind seit Jahren hervorragend. Auch ohne zweites Staatsexamen kommen Bewerber in den Arbeitsmarkt. Mehr dazu lesen Sie hier.

Veröffentlicht: 21.07.2022

Von: Florian Heil

Die Branche der juristischen Berufe befindet sich im Aufbruch. Die Zahl der Bereiche, in denen juristische Expertise gefragt ist, wächst. Das Jobangebot für Juristen und Juristinnen, sei es für Kanzleien oder auch für Unternehmen und Verbände, hat zugelegt. 

Die Arbeitslosenquote bewegt sich seit Jahren auf konstant niedrigem Niveau, im Jahr 2020 betrug sie nach Angaben der Arbeitsagentur lediglich 2,4 Prozent. Im Vergleich zu 2018 ist zwar ein leichter coronabedingter Anstieg der arbeitslosen Rechtswissenschaftler und Rechtswissenschaftlerinnen von 4.300 auf rund 5.000 im Jahresdurchschnitt auszumachen, dennoch handelt es sich hierbei um ein Randphänomen. Und der Bedarf an Juristen steigt weiter an. 

Steigende Studierendenzahlen könnten künftig allerdings zu mehr Konkurrenz führen: Im Jahr 2019/20 waren rund 139.000 Frauen und Männer in den Rechtswissenschaften eingeschrieben, der höchste Stand seit der Wiedervereinigung. Allerdings zeigt die Ausbildungsstatistik des Bundesjustizamts aus dem März 2022, dass die Zahl der zweiten Staatsexamina im Vergleich zum Peak um das Jahr 2000 herum wieder rückläufig ist. Das wirkt sich positiv auf den Arbeitsmarkt für Juristen aus.

Die Branche ist zudem Verwerfungen durch aktuelle Entwicklungen ausgesetzt. In der Rechtswissenschaft ändern sich die Themengebiete und Schwerpunkte durch internationale Bezüge, die Entwicklung der Gesellschaft und die Digitalisierung. So wird beispielsweise das Datenschutzrecht für viele Unternehmen immer wichtiger und schafft neue Jobs für Datenschutzbeauftragte. Auch das Urheberrecht profitiert von den aktuellen politischen Entwicklungen.

Trotz steigender Studierendenzahlen in den Rechtswissenschaften sind die Berufsperspektiven nach dem Studium glänzend. Da viele zunächst ein Referendariat beginnen, erfolgt der tatsächliche Eintritt in den Arbeitsmarkt allerdings erst nach frühestens zwei Jahren.

Denn das Studium der Rechtswissenschaften ist in zwei Stufen unterteilt:

  • Das erste juristische Staatsexamen bildet den ersten Teil der fachwissenschaftlichen Ausbildung. Mit diesem Grundwissen stehen Absolventen bereits einige Berufsfelder offen.
  • Dem ersten juristischen Staatsexamen schließt sich das zweite Staatsexamen an. Diesem Abschluss geht ein zweijähriges Rechtsreferendariat voraus. Es beinhaltet die eigentliche praktische Ausbildung eines angehenden Juristen durch den Staat und ist Voraussetzung für das Richteramt und die Anwaltschaft („Volljurist“).

Auch wenn die juristische Ausbildung zwei Staatsexamen vorsieht, sind die Berufsaussichten mit nur einem Staatsexamen in der Tasche nicht aussichtslos. Diese Absolventen und Absolventinnen kämpfen auf dem Arbeitsmarkt allerdings mit der Konkurrenz von Fachhochschulen sowie mit Bachelorabsolventen aus anderen Fachrichtungen, die als Wirtschaftsjurist oder Wirtschaftsjuristin oder beispielsweise in Rechtsabteilungen von Versicherungen tätig sein können. Zudem können sich natürlich auch Volljuristen und Volljuristinnen mit zwei Staatsexamen auf die infrage kommenden Stellen bewerben. 

Die private Wirtschaft fordert die zweite Staatsprüfung nicht zwingend, auch wenn diese oft gewünscht wird. Als Anwalt oder Anwältin, Richter oder Richterin sowie als Staatsanwalt oder Staatsanwältin ist ein Einstieg mit nur einem Examen nicht möglich.

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Besonders Prädikatsjuristen und Prädikatsjuristinnen (mindestens die Note „vollbefriedigend“) haben allerbeste Berufsaussichten. Top-Kanzleien suchen händeringend geeigneten Nachwuchs. Nach Angaben des Studien- und Karriereberatungszentrums der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln spiegelt sich das auch in den Einstiegsgehältern wider: Waren sechsstellige Brutto-Einkommen bis Mitte der 2010er-Jahre noch die Ausnahme, kommen diese bei Volljuristen mit zwei Prädikatsexamen in großen Wirtschaftskanzleien in den letzten Jahren immer öfter vor.

Doch auch Absolventen, die nur eins oder keines ihrer zwei Staatsexamen mit Prädikat abgeschlossen haben, sind laut der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Köln gesuchte Kräfte auf dem Arbeitsmarkt. Grundsätzlich steht auch ihnen der Markt der Rechtsberatung und des Staatsdienstes offen. 

Wer eine Karriere als Richter oder Richterin oder eine Anstellung in einer Top-Kanzlei anstrebt, hat mit durchschnittlichen Abschlussnoten zwar eher das Nachsehen. Für Verwaltungsjuristen und Verwaltungsjuristinnen im höheren Dienst sind jedoch regelmäßig auch Stellen mit Noten aus dem Bereich „befriedigend” ausgeschrieben. 

Auch wenn die Note der Examen für Juristen nicht mehr die ausschlaggebende Bedeutung hat wie noch vor Jahren, ist für Absolventen mit der Note „ausreichend” die Tür bei den Top-Arbeitgebern in der Regel zu. Doch diese Kandidaten und Kandidatinnen kommen ebenfalls im Arbeitsmarkt unter, auch wenn es in vielen Fällen etwas länger dauert. Hier warten neben kleineren Anwaltskanzleien vornehmlich Stellen im öffentlichen Dienst, in Versicherungen und anderen Unternehmen, die Rechtsexpertise benötigen. Auch der Gang in die Selbstständigkeit steht den schwächeren Absolventen offen.

Die Note des zweiten Staatsexamens gibt in den meisten praktischen Berufen den Ausschlag, solange die Diskrepanz zwischen beiden Noten nicht exorbitant ist. Anders sieht es in der Wissenschaft aus: Hier kann die Note des ersten Staatsexamens eine bedeutendere Rolle für den Jobeinstieg spielen.

Generell ist es sinnvoll, sich im Laufe des Studiums auf Rechtsgebiete zu konzentrieren, die gefragt sind. Wer Expertise im Steuer-, Immobilienwirtschafts- oder Versicherungsrecht vorweisen kann, hat weniger Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt als beispielsweise der klassische Arbeitsrechtler. Zusatzqualifikationen wie ein längerer Auslandsaufenthalt, ein ausländischer Masterabschluss oder studienbegleitende praxisorientierte Erfahrungen machen auch Juristinnen mit durchschnittlichen Noten zu attraktiven Arbeitskräften, vor allem für Unternehmen.

Den guten Berufsaussichten für Juristen liegen vielfältige Einsatzgebiete zugrunde. Die Arbeitsfelder haben sich laut der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Köln in den letzten Jahren ein wenig verschoben: Rund ein Drittel der Absolventinnen arbeitet nicht mehr im klassisch juristischen Bereich der Rechtsberatung und Rechtsprechung, sondern verfolgt einen Quereinstieg als Mitarbeiter in Unternehmen, oft in der Position einer Führungskraft. Nachfolgend die Perspektiven verschiedener Berufe für Juristen in der Übersicht.

Die Anwaltschaft in Deutschland sucht seit einigen Jahren bereits händeringend sehr gut ausgebildeten Nachwuchs. Mit einem guten Abschluss steht einem Berufseinstieg in einer renommierte Großkanzlei nichts im Wege. Aber auch Absolventinnen mit eher durchschnittlichen Noten finden im Jahr 2022 in der Regel schnell einen Job in einer Kanzlei.

Aufgrund der demografischen Entwicklung und den hohen Anforderungen an einen guten Studienabschluss stehen die Chancen, in der Justiz einen Job zu ergattern, besonders gut. Viele Richterinnen und Staatsanwälte scheiden in den nächsten Jahren altersbedingt aus, zudem sind die Gerichte ohnehin schon unterbesetzt. Und der oben erwähnte Rückgang an Absolventen mit der Befähigung zum Richteramt erhöht die Chancen zusätzlich.

Unternehmensjuristen und Unternehmensjuristinnen sind ebenfalls gefragte Leute. In vielen Firmen haben sich in den letzten Jahren zwei große, neue Tätigkeitsfelder aufgetan, für die auch juristische Expertise gefragt ist: Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Allerdings könnte die schwierige konjunkturelle Situation, die Mitte des Jahres 2022 in Deutschland vorherrschte, zu einem allgemeinen Stellenabbau in Unternehmen führen. Davon wären mutmaßlich auch juristische Berufe betroffen.

Auch Notare sind sehr gefragt, da für diesen Beruf herausragenden Noten in beiden Examina notwendig sind. Der Staat bietet Juristinnen Anlaufstellen als Verwaltungsbeamtinnen, im Auswärtigen Amt, im Diplomatendienst oder beim Bundesnachrichtendienst. Und im wissenschaftlichen Bereich gibt es an der Universität Stellen für Professoren und wissenschaftliche Mitarbeitende. Diese sind allerdings begrenzt sowie befristet und stehen in der Regel nur herausragenden Absolventen und Absolventinnen offen.

Immerhin rund ein Drittel der Rechtskundigen übt keine juristische Tätigkeit aus. Sie gehen beispielsweise betriebswirtschaftlichen Aufgaben nach, arbeiten in der Lehre und Forschung, sind in der Geschäftsführung von Unternehmen tätig, arbeiten bei Versicherungen und anderen Firmen der Finanzbranche, in der Sachbearbeitung, bei den Medien oder als Personaler. 

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Die Promotion kann sich im juristischen Bereich durchaus lohnen, ist aber für die meisten Arbeitsfelder nicht erforderlich. Ein Doktortitel oder andere akademische Grade wie ein LL.M. (Master of Laws) werden von Top-Arbeitgebern aber durchaus geschätzt. Denn die Promotion fördert bei Juristen den Gang zurück in die Praxis. 

Durch die Vertiefung eines Themas und der Beschäftigung mit weitreichenden Aspekten wird eine Qualifikation erlangt, die für Arbeitgeber wie Ministerien bei Gesetzgebungsverfahren von Vorteil sein kann. Zudem bringt ein akademischer Titel in der Regel auch etwas mehr Gehalt ein. Wer in der Wissenschaft arbeiten möchte oder sich nach dem Abschluss des Studiums noch unsicher ist, wohin der Weg gehen soll, ist mit einer Promotion in jedem Fall gut beraten.  

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