Bewerbungsunterlagen nachreichen
Zeugnis nachreichen bei einer Bewerbung: Was es zu beachten gilt

Unterlagen nachreichen: Geschäftsfrau entnimmt Papiere aus einem Umschlag

Wie erfolgversprechend ist es, im laufenden Bewerbungsprozess Unterlagen nachzureichen? © fotostorm / iStock

Die Bewerbungsfrist für einen attraktiven Job läuft ab – und es fehlen noch Unterlagen. Können Zeugnisse oder andere Belege nachgereicht werden? Wie geht man am besten vor? academics klärt auf.

Veröffentlicht: 19.06.2023

Von: Maike Schade

Egal ob Student oder Professorin, Handwerker oder Ärztin: Grundsätzlich ist bei Bewerbungen elementar, dass alle in der Stellenausschreibung geforderten Unterlagen und für den Job relevanten Unterlagen komplett und fristgerecht eingereicht werden. Manchmal ist das aber nicht möglich – etwa weil das Abschlusszeugnis noch nicht vorliegt, man in ungekündigter Anstellung beschäftigt ist und kein Zwischenzeugnis hat oder weil Unterlagen aus anderen Gründen nicht (mehr) vorliegen und neu beschafft werden müssen. Was tun in einer solchen Situation? Ist eine Bewerbung trotzdem möglich?

Selbstverständlich, so eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit. Wenn wichtige Zeugnisse noch nicht oder nicht mehr vorhanden sind, sei es sinnvoll, den Grund dafür sachlich und ohne Schuldzuweisung oder Rechtfertigung mitzuteilen – im Anschreiben oder im Lebenslauf. Um die Chancen auf den Job nicht zu verwirken, sollten die fehlenden Unterlagen aber schnellstmöglich und unaufgefordert nachgereicht werden.

Grundsätzlich müssten einer Bewerbung nicht zwingend alle bisher erhaltenen Zeugnisse beigelegt werden, so die Bundesagentur für Arbeit. „Fehlt ein älteres Zeugnis oder eines, das nicht unmittelbar für die angestrebte Tätigkeit relevant ist, ist das kein Beinbruch.“

In diesem Zusammenhang gut zu wissen: Offenbar räumen viele Arbeitgeber selbst relevanten Zeugnissen keinen allzu hohen Stellenwert ein. In ihrer empirischen Studie zur Aussagekraft von Arbeitszeugnissen (2015) kamen Prof. Dr. Klaus Watzka und Steffi Grau von der Ernst-Abbe-Hochschule (EAH) Jena zu dem Schluss, dass

  • 41,4 Prozent der an der Erhebung teilnehmenden Unternehmen Arbeitszeugnisse bei der Personalauswahl nur „weniger intensiv“ und
  • 9,1 Prozent die Zeugnisse sogar „kaum/gar nicht“ nutzt.
  • Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Auswertenden lesen Zeugnisse demnach nicht einmal komplett durch.

Der Grund laut den Forschenden: Nur rund sieben Prozent der Zeugnisse werden individuell angefertigt; der Großteil besteht dementsprechend aus standardisierten Formulierungen (auch aus Angst vor Rechtsstreitigkeiten) und seien demnach wenig oder gar nicht aussagekräftig. Die Mehrzahl der Verantwortlichen sowohl für die Erstellung als auch für die Auswertung von Zeugnissen seien nicht für diese Aufgabe geschult worden.

Dennoch ist es ratsam, bei fehlenden Nachweisen Alternativen anzubieten – etwa Arbeitsproben oder einen Probearbeitstag. Schließlich geht es dem potenziellen Arbeitgeber ja meist nicht um das Zeugnis an sich, sondern um die Sicherheit, dass der Bewerber oder die Bewerberin nachweislich über die nötige Eignung verfügt.

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Der Hochschulabschluss ist eigentlich nur noch reine Formsache, doch die Bewerbungsfrist für den Traumjob läuft ab, bevor das entsprechende Zeugnis vorliegt? Auch das ist kein Problem. „Liegt das Abschlusszeugnis noch nicht vor, sollte das gegenüber dem potenziellen Arbeitgeber offen und transparent kommuniziert werden, zum Beispiel durch einen kurzen Hinweis im Lebenslauf. Personaler wissen, dass Universitäten und Hochschulen oft mehrere Wochen oder sogar Monate für die Ausstellung der Zeugnisse benötigen und erwarten nicht, dass Absolventen in dieser Zeit ihre Bewerbungsaktivitäten auf Eis legen“, so die Bundesagentur für Arbeit. Eine Bestätigung der Hochschule über bislang erbrachte Leistungen und den voraussichtlichen Abschlusstermin kann eventuell Pluspunkte bringen.

Sollte der Abschluss wider Erwarten bis zum Beginn der Vertragslaufzeit nicht erreicht worden sein, sodass das Zeugnis nicht nachgereicht werden kann, bedeutet das nicht zwangsläufig die Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses. Vor allem dann nicht, wenn die Eignung trotz des fehlenden Zeugnisses gegeben ist.

Der Arbeitgeber kann allerdings zumindest in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses ohne Weiteres kündigen, erst danach greift das Kündigungsschutzgesetz (§ 1 Abs. 1) – und zwar unabhängig von der vereinbarten Länge der Probezeit. Erst nach Ablauf des halben Jahres muss er für eine personenbedingte Kündigung die mangelnde Eignung des Arbeitnehmers darlegen und beweisen. Hat der Bewerber den Arbeitgeber über seine Eigenschaften arglistig getäuscht, ist zudem eine Anfechtung des Arbeitsverhältnisses möglich.

Wer eine Beamtenlaufbahn anstrebt, muss die für die jeweilige Laufbahn geforderten schulischen Abschlusszeugnisse vorlegen: einen Hauptschulabschluss für den einfachen, einen Realschulabschluss für den mittleren, das (Fach-)Abitur für den gehobenen und einen Masterabschluss (oder Gleichwertiges) für den höheren Dienst. Wer den Nachweis zum Zeitpunkt der Bewerbung noch nicht erbringen kann, muss das Zeugnis bis Amtsantritt nachreichen.

Auch bei einer Bewerbung als Angestellter im öffentlichen Dienst spielen Zeugnisse eine große Rolle. Die konkreten Bedingungen sind ebenso wie die speziellen Bewerbungs- und Auswahlverfahren in der Regel in der Stellenanzeige genau beschrieben.

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Wer sich aus einer ungekündigten Festanstellung auf einen neuen Job bewirbt, möchte häufig nicht, dass der aktuelle Arbeitgeber von den Veränderungswünschen erfährt. Gelingt der Jobwechsel nicht, kann sich das schließlich negativ auswirken, und sei es nur auf das Betriebsklima. Das können die meisten Unternehmen nachvollziehen und bestehen nicht auf ein Zwischenzeugnis, wenn die Sachlage in der Bewerbung oder im Vorstellungsgespräch offen kommuniziert wird. Wenn doch, ist es ohnehin ratsam zu überlegen, ob man die Stelle bei diesem Unternehmen wirklich antreten möchte.

Denn selbst wenn man wollte, kann man ein Zwischenzeugnis mitunter gar nicht vorlegen: Ein Arbeitgeber ist in der Regel nicht gesetzlich verpflichtet, auf Wunsch eines Beschäftigten ein solches auszustellen. Allerdings gewähren Tarifverträge den tarifgebundenen Arbeitnehmern zum Teil einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis: Paragraf 35 Absatz 2 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) besagt, dass Beschäftigte aus triftigen Gründen auch während des Arbeitsverhältnisses ein Zwischenzeugnis verlangen können. Triftige Gründe sind beispielsweise eine Versetzung oder die Zuweisung neuer Aufgabenfelder.

Wer sich aus ungekündigter Stellung bewirbt, kann in der Regel kein aktuelles Arbeitszeugnis vorlegen und muss meist auch keines nachreichen. Schließlich wird dieses erst zum Ende des Arbeitsverhältnisses ausgestellt. Also dann, wenn die Zusage für den neuen Job ohnehin bereits vorliegt. Es gibt aber auch hier eine Ausnahme: Das Zeugnis muss nachgereicht werden, wenn das im neuen Arbeitsvertrag so festgelegt ist.

Da Hochschulbeschäftigte entweder Tarifangestellte im öffentlichen Dienst oder Beamt:innen sind, müssen die relevanten Unterlagen in der Regel vorliegen, damit ein Arbeitsvertrag abgeschlossen werden kann. Auch hier gilt aber: Sie können bis zum Abschluss des Auswahlverfahrens nachgereicht werden.

Bei einer Bewerbung um eine Professur, bei der sich das sehr kompetitive Berufungsverfahren über viele Monate erstreckt, ist es äußerst wichtig, Unterlagen nachzureichen – die Promotions- oder Habilitationsurkunde, aber auch Nachweise über wichtige Publikationen, Preise oder eine gelungene Drittmitteleinwerbung können die Chancen auf einen Ruf deutlich verbessern, erklärt Dr. Ulrike Preißler vom Deutschen Hochschulverband (DHV): „Viele Hochschulen wählen qualitativ, aber auch quantitativ aus: Wer hat besonders viele Drittmittel eingeworben, wer hat wie viele in einem Peer-Review-Verfahren positiv begutachtete Publikationen vorzuweisen? Wer hier entsprechende Unterlagen nachreicht, kann im Ranking durchaus einige Plätze nach oben rutschen.“

Preißlers Tipp: Die Nachweise nicht einfach einsenden, sondern vorher den persönlichen Kontakt zum:r Vorsitzenden der Berufungskommission suchen. „Egal ob telefonisch oder per Mail, wer die Nachreichung ankündigt, sich nach dem Stand des Auswahlverfahrens erkundigt und um Weiterleitung der Unterlagen an die Berufungskommission bittet, kann seinen Namen dadurch eventuell in den Fokus rücken.“

Die persönliche Nachfrage nach dem Fortschreiten des Verfahrens sei auch dann gut und erlaubt, wenn die Hochschule sich nach geraumer Zeit bis auf die Eingangsbestätigung nicht wieder gemeldet hat. „Das kommt leider nicht selten vor. Einige Hochschulen informieren online über den aktuellen Stand des Auswahlverfahrens. Es wäre wünschenswert, wenn dies alle Hochschulen so machen würden“, so die Expertin des DHV.

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