Monographie vs. kumulative Dissertation
Kumulativ oder monographisch promovieren? Vor- und Nachteile

Magazinstapel kumulative Dissertation

Verbreitet ist die kumulative Dissertation vor allem in den Naturwissenschaften und in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften © Ratchat / istockphoto.com

Zur Promotion ein Gesamtwerk – die Monographie – einreichen oder mit mehreren Publikationen kumulativ promovieren? Wann bietet sich welche Option an, und was sind die jeweiligen Vor- und Nachteile?

Veröffentlicht: 04.06.2023

Von: Julia Becker & Maike Schade

Ein einzelner, Hunderte Seiten starker Text, in dem jahrelange Arbeit steckt – so stellen sich die meisten Menschen eine Doktorarbeit vor. Diese sogenannte Monographie ist auch die häufigste Form der Dissertation, sowohl bei der strukturierten Promotion als auch bei der Individualpromotion.

Doch es geht auch anders: In vielen Fachbereichen, vor allem in den Naturwissenschaften, können alternativ einzelne, meist in Fachzeitschriften veröffentlichte Artikel zusammengefasst und eingereicht werden. Dies nennt man kumulative, Publikations- oder Sammeldissertation. Was sind die Voraussetzungen, die Vor- und Nachteile? academics klärt auf.

Der Begriff Monographie leitet sich vom griechischen „monos“ (alleine, einer) und „graphein“ (schreiben) ab. „Einzelschrift“ heißt aber nicht, dass das Werk nur von einem einzigen Autoren stammen darf – es können auch mehrere Autoren zusammenarbeiten –, sondern dass hier nur ein einziges, streng umrissenes Thema von allen Seiten erschöpfend und kritisch beleuchtet wird. Vor allem in den Geisteswissenschaften sind Monographien die übliche Variante. 

Für den Umfang einer Monographie gibt es regulär keine Vorgaben. Der Aufbau ist aber in der Regel standardisiert, es gibt

  • eine Einleitung,
  • einen Hauptteil mit Methoden- und Diskussionskapiteln sowie
  • eine Reflexion oder ein Fazit. 

Arbeiten mehrere Autor:innen zusammen, gilt das Werk nur dann als Monographie, wenn die Texte gemeinsam verfasst werden. Achtung: Wer eine Monographie zusammen mit einem oder mehreren Ko-Autor:innen schreibt, muss exakt benennen, welche Passagen und Erkenntnisse von ihm oder ihr stammen. Die Promotionsordnung gibt Aufschluss, wie das zu geschehen hat, wie viele oder welche Ko-Autor:innen zulässig sind und wie hoch der Eigenanteil sein muss.

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In einigen Fachbereichen, vor allem in der empirischen Forschung, bietet es sich an, die Forschungsergebnisse nicht als Gesamtwerk, sondern in Teilergebnissen zu veröffentlichen – beispielsweise dann, wenn diese Ergebnisse bis zum Erscheinen der Monographie bereits veraltet wären oder wenn verschiedene Methoden („mixed mode“) angewandt werden. 

Unter bestimmten Voraussetzungen können diese einzelnen Fachartikel kumuliert (lateinisch cumulare: an- oder aufhäufen) und von Einleitung, Überleitungen und Fazit umrahmt als Dissertationsschrift eingereicht werden. 

Ob eine solche Sammeldissertation möglich ist, schreibt die Promotionsordnung vor, ebenso nennt sie die weiteren Bedingungen. Festgelegt ist hier beispielsweise:

  • wie viele Artikel publiziert werden müssen – in der Regel je nach Fachbereich zwei bis sechs
  • ob die Paper bereits veröffentlicht sein müssen oder ob es genügt, wenn sie angenommen wurden oder sich zumindest im Prüfverfahren befinden
  • wo sie veröffentlicht oder angenommen sein müssen – in der Regel muss es sich um renommierte Fachzeitschriften handeln 
  • ob Ko-Autoren zugelassen sind und wenn ja, welche und wie viele: Dürfen auch Betreuer Ko-Autoren sein? Dürfen sie dann noch betreuen? Wie hoch muss der Eigenanteil sein? 
  • wie lang die Artikel sein müssen
  • wie die Dissertation aus den einzelnen Artikeln formal gestaltet werden muss. 

Wie bei einer Monographie muss auch hier eine Promotionsprüfung abgelegt werden. Der dann verliehene Doktortitel ist gleichwertig.

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Eine kumulative Dissertation oder Publikationspromotion bietet gegenüber einer monographischen mehrere Vorteile. So verteilt sich die Schreibarbeit der Promotion auf mehrere kleine Projekte statt auf ein großes. Dies kann grundsätzlich zur Motivation beitragen und eine Erleichterung sein, wenn aufgrund anderer Verpflichtungen eine längerfristige, dauerhafte Arbeit an der Dissertation nur schwer möglich ist. 

Zudem erreichen Artikel in einem angesehenen Journal schneller ein wesentlich größeres Fachpublikum als eine Monografphe – das fördert die Sichtbarkeit und Reputation des Promovenden und kann der akademischen Karriere einen entscheidenden Schub bringen. 

Ein weiterer Pluspunkt der kumulativen Dissertation: Bei interdisziplinär angelegten Arbeiten kann in Journalen verschiedener Fachrichtungen publiziert werden. Dies kann von Vorteil sein, wenn der oder die Promotionsbetreuende nicht in allen Teilgebieten Experte ist: Die Prüfenden der Fachzeitschriften haben die nötige Expertise. Es sollte aber mit dem oder der Promotionsbetreuenden vorher abgesprochen werden, ob dies den Regularien der Fakultät entspricht und ob die einzelnen Paper formal einander angeglichen werden müssen oder im Original – wie veröffentlicht bzw. angenommen – in die Dissertation aufgenommen werden können.

Ein paar Artikel veröffentlichen und fertig ist die Dissertation? So einfach ist es nicht. Im Gegenteil: Um als Teile einer Dissertationsschrift anerkannt zu werden, müssen die Paper in der Regel von renommierten, international bekannten Fachzeitschriften veröffentlicht werden (mehr dazu: Tipps für die wissenschaftliche Publikation).

Das gelingt nur bei außergewöhnlich guten Arbeiten; bei manchen Journalen sogar nur dann, wenn ein namhafter Wissenschaftler an der Erstellung beteiligt ist. Ein zweischneidiges Schwert, denn ein bekannter Ko-Autor kann zwar die Veröffentlichung vereinfachen, möglicherweise kommt der Aufsatz dann aber nicht mehr für die Dissertation infrage. Grundsätzlich gilt bei Publikationsdissertationen wie bei der Monographie: Der Eigenanteil muss bei Ko-Autorenschaften klar erkennbar sein. 

Die Auswahl der zu veröffentlichenden Texte erfolgt in den Redaktionen nach strengen Maßstäben: In sogenannten Peer-Review-Verfahren werden die eingereichten wissenschaftlichen Texte von unabhängigen Gutachter:innen gelesen und bewertet. Danach entscheidet sich, ob ein Text für eine Veröffentlichung im Journal geeignet ist.

Diese Verfahren können monate- oder sogar jahrelang dauern, vor allem, wenn noch Überarbeitungen nötig werden; es folgt das Warten auf die Veröffentlichung, die Voraussetzung für die Dissertation sein kann. Dieser energie- und nervenraubende Prozess muss bei einer kumulativen Dissertation in der Regel mehrfach durchlaufen werden – bei einer Monographie nur einmal. 

Hinzu kommt, dass gemäß formaler Vorgaben oft zusätzlich zu den Artikeln eine Einleitung, überleitende Texte, ein Diskussionsteil und ein Fazit erstellt werden müssen. Unter dem Strich ist es durchaus möglich, dass der Aufwand in Summe größer ist als bei der Erstellung einer monografischen Dissertation.

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Die Frage, welche Dissertationsform kostengünstiger ist, lässt sich laut der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) nicht eindeutig beantworten. So können sowohl Fachartikel als auch Monographien klassisch veröffentlicht werden – oder aber im sogenannten Open Access. Hierbei wird ein Buch oder ein Artikel im Internet kostenlos öffentlich zugänglich gemacht. Der Verlag stellt daher die anfallenden Kosten, die sonst üblicherweise von Abo- oder Nutzungsgebühren gedeckt werden, in vielen Fällen dem Verfasser oder dessen Einrichtung in Rechnung.

Die Kosten können dabei je nach Verlag sehr unterschiedlich hoch ausfallen. Doch nicht immer ist die Open-Access-Publikation kostenpflichtig: Die DFG verweist auf zahlreiche Open-Access-Journale, die keine Gebühren verlangen. Eine Übersicht bietet das Verzeichnis Directory of Open Access Journal (DOAJ).

Die klassische Publikation als Artikel (gedruckt im Heft oder mit Bezahlschranke im Internet) ist dagegen in der Regel kostenfrei für den Autor oder die Autorin, bestenfalls gibt es sogar Tantiemen. 

Bei Monographien lässt sich laut DFG ebenfalls keine pauschale Aussage über die Kosten treffen. So könnten bei einer traditionellen Publikation der zuweilen vorgeschriebenen Pflichtexemplare durchaus mehrere Tausend Euro anfallen. Doch auch hier gibt es Verlage, die gebührenfreie Publikationsmöglichkeiten anbieten.

Beim Schreiben der Monographie bietet sich plötzlich die Gelegenheit, Teilergebnisse in einem angesehenen Fachjournal zu veröffentlichen. Ist es möglich, noch auf eine kumulative Dissertation umzusatteln? Die Antwort auf diese Frage lautet: Ja, wenn eine Sammeldissertation laut Promotionsordnung grundsätzlich erlaubt ist und der Promotionsbetreuende zustimmt. 

Auch im gegenteiligen Fall ist ein Umschwenken in begründeten Fällen meist möglich. Sollte sich während des Forschungsprozesses herausstellen, dass eine Aufsplittung in einzelne Artikel doch nicht umsetzbar ist, nicht alle veröffentlicht werden oder aus anderen Gründen die Publikation der – auch bereits erschienenen – Artikel in Form einer Monographie wünschenswert ist, kann in Absprache mit dem Promotionsbetreuenden die Art der Dissertation geändert werden.

Wichtig: Sind bereits Artikel erschienen, müssen die rechtlichen Vorgaben des Verlagsabgeklärt werden: Dürfen die publizierten Artikel in einer Monographie verwendet werden? Dürfen formale Anpassungen vorgenommen werden? Der Hinweis auf die entsprechende Ausgabe des Fachjournals, in der der Artikel erschienen ist, ist in der Regel verpflichtend.

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