Individualpromotion
Individualpromotion: Wie läuft sie ab und was sind Vor- und Nachteile?

Eine individuell promovierende junge Frau mit Büchern am Schreibtisch

Der in Deutschland am häufigsten gewählte Weg ist die individuelle Promotion © Timm Creative / iStock.com

Ein möglicher Weg zur Promotion ist die Individualpromotion. Diese traditionelle Möglichkeit bietet viele Gestaltungsspielräume, erfordert aber auch Disziplin. Ein Überblick.

Veröffentlicht: 10.05.2022

Von: Julia Becker, Inga Barth

Eine der wesentlichen Fragen, die sich angehende Doktoranden und Doktorandinnen vor Beginn ihrer Promotion stellen müssen, ist: Wie möchte ich promovieren?

Der in Deutschland am häufigsten gewählte Weg ist die individuelle Promotion, häufig auch „traditionelle Promotion“ genannt. Laut der Promovierendenstatistik des Statistischen Bundesamtes waren 2020 von insgesamt 149.040 Promovierenden in Deutschland 25.664 innerhalb eines strukturierten Programms untergebracht, wohingegen 120.868 Doktorandinnen und Doktoranden ohne strukturiertes Programm promovierten. 

Wie die Bezeichnung bereits verrät, können Doktorandinnen und Doktoranden bei dieser Form der Promotion insbesondere eines ausleben: Individualität. Sie kümmern sich selbstständig um die gesamte Organisation der Promotion, immer in Absprache mit dem Doktorvater oder der Doktormutter. Das umfasst die Finanzierung (bspw. über Stipendienprogramme für Promovierende), die Themenfindung sowie die Vorgehensweise und den Ablauf der Arbeit.

Neben den zwei häufigsten Formen, der Individualpromotion mit vielen Freiheiten und der strukturierten Promotion mit klar vorgegebenen Abläufen, haben Interessierte noch weitere Möglichkeiten zu promovieren. Laut dem Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN) aus dem Jahr 2021 haben sich die Formen der Promotion in den vergangenen Jahrzehnten an den deutschen Hochschulen merklich ausdifferenziert. Kooperative Formen der Promotion und Mischformen, die sowohl Teile der Individualpromotion als auch Elemente der strukturierten Promotionsform beinhalten, werden immer häufiger von Universitäten angeboten. Sonderformen der Promotion sind:

  • Die Fast-Track-Promotion: Bei der Fast-Track-Promotion wird die Promotion direkt an den Bachelorabschluss angeschlossen. Je nach Hochschule und Landeshochschulgesetz gibt es auch die Möglichkeit, parallel zum Masterstudium mit der Promotion zu beginnen.
  • Die Industriepromotion: Insbesondere in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ist die Industriepromotion eine attraktive Alternative zur universitären Anbindung. Die Promovierenden sind dabei in einem Unternehmen angestellt. 
  • Die binationale Promotion: Die Promotion an zwei Universitäten in zwei Ländern bietet vor allem Doktoranden und Doktorandinnen vielversprechende Perspektiven, die zukünftig international arbeiten möchten. 
  • Die berufsbegleitende Promotion: Ähnlich wie ein berufsbegleitendes Studium erfordert die berufsbegleitende Promotion besondere Planung und dabei ein hohes Maß an Flexibilität. Finanzierung und Zeitmanagement der Promotion müssen auf den Beruf abgestimmt und Betreuende akquiriert werden.


Die Individualpromotion ist auf eine eigenständige Organisation sowie das eigenständige Vorantreiben des Vorhabens durch die Doktoranden und Doktorandinnen ausgelegt. 

Bevor die Arbeit an der Dissertation beginnt, müssen die angehenden Doktoranden zunächst:

Der tatsächliche Ablauf und die Strukturen einer Individualpromotion lassen sich schwer verallgemeinern. Jede Promovendin und jeder Promovend organisiert sich selbst. Die Planung und das Forschungsvorhaben sind individuell abhängig vom

  • Beschäftigungsverhältnis
  • der Fachdisziplin
  • dem Umfang des Forschungsvorhabens
  • der Finanzierung bzw. dem Arbeitsumfang
  • den persönlichen Lebensumständen

All diese Faktoren haben letztendlich Einfluss auf die Dauer der Individualpromotion.

Die Dauer der Promotion ist bei einer Individualpromotion grundsätzlich nicht festgelegt, es sei denn, die jeweilige Promotionsordnung enthält entsprechende Vorgaben. Die durchschnittliche Zeit, die Doktorandinnen und Doktoranden für ihre Promotion benötigen – unabhängig davon, ob es sich um eine Individualpromotion oder eine strukturierte Promotion handelt – lässt sich statistisch kaum erheben. Der BuWiN zitiert Schätzungen auf Grundlage der Studierenden- und der Prüfungsstatistik, die eine durchschnittliche Promotionsdauer von 5,7 Jahren – ausgenommen der Fachdisziplinen Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften – ergaben.

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Für die individuelle Promotion unbedingt erforderlich ist die Suche nach einem Hochschullehrer, der die Promotion betreut – auch Doktorvater bzw. Doktormutter genannt. Eine geeignete Professorin zu finden, ist mitunter eine schwierige Aufgabe, aber essenziell für den Promotionserfolg. Der Doktorvater oder die Doktormutter nimmt das Promotionsthema an, ist Betreuerin, Mentorin, in vielen Fällen Vorgesetzte und bewertet zudem die Dissertation.

Ist ein Betreuer gefunden, muss der jeweilige Promotionsausschuss oder Fachbereich die Annahme des Doktoranden oder der Doktorandin bestätigen. An einigen Universitäten muss schon zu diesem Zeitpunkt die Zulassung zur Promotion beantragt werden. Über die genauen Rahmenbedingungen der jeweiligen Forschungseinrichtung sollten sich Interessierte rechtzeitig vor ihrer Promotionszeit informieren.

An den Universitäten in Deutschland verfügt jede Fakultät über eine eigene Promotionsordnung, die Zulassung, Betreuung, Promotionsverfahren und Prüfungen regelt. Die Einrichtung, in der Promovierende forschen, ist frei wählbar: Zur Wahl stehen Universitäten, außeruniversitäre Einrichtungen sowie mit Universitäten kooperierende Institutionen. Wenn es das Dissertationsthema erlaubt, kann die Doktorarbeit auch in den eigenen vier Wänden erarbeitet werden. Durch diese Gestaltungsspielräume bietet die individuelle Promotion einerseits ein hohes Maß an Freiheit, andererseits erfordert sie auch ein hohes Maß an Selbstständigkeit, Durchhaltevermögen sowie eine ordentliche Portion Motivation.

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Wer promoviert – egal ob strukturiert oder individuell – hat die Wahl zwischen zwei Formen der Dissertation: der Monografie und der kumulativen Dissertation.

Die Doktorarbeit in Form einer Monografie ist in der Regel eine mehrere Hundert Seiten umfassende Arbeit, die inhaltlich geschlossen ist. Sie ist die häufigste Form der Dissertation. Eine andere Möglichkeit ist die kumulative Dissertation. Bei dieser Form der Dissertation wird eine Sammlung publizierter Fachartikel durch die Promovierenden eingereicht. Die kumulative Dissertation wird deshalb auch Sammel- oder Publikationsdissertation genannt.

Von einer internen Promotion spricht man, wenn die Doktorandin bzw. der Doktorand zur Finanzierung der individuellen Promotion an der Hochschule angestellt ist, an der sie oder er promoviert. Dabei wird unterschieden zwischen einer Promotionsstelle und einer Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterin.

Eine Promotionsstelle zu ergattern, ist aufgrund vieler Aspekte für die Promovierenden komfortabel: Sie werden zumindest zu einem Teil für die Arbeit an ihrer eigenen Promotion bezahlt. Ihre Stelle beinhaltet die Arbeit am Lehrstuhl und die Forschung für den vorgesetzten Professor oder die Professorin, ein Teil der Arbeitszeit ist jedoch auch explizit der Arbeit am eigenen Promotionsvorhaben vorbehalten. Für diesen Promotionsweg empfiehlt es sich, bereits früh enge Kontakte zu Professoren zu knüpfen und sich Monate im Voraus über offene Promotionsstellen zu informieren. In einigen Fällen muss eine solche Stelle erst neu geschaffen werden. Da dieser Prozess unter Umständen sehr viel Zeit in Anspruch nehmen kann, sollte er daher in der zeitlichen Planung unbedingt berücksichtigt werden.

Vorteil einer internen Promotion im Rahmen einer Promotionsstelle kann sein, dass die Promovierenden im besten Fall in engem Kontakt zu ihrer betreuenden Person stehen und die Kommunikation dadurch erleichtert wird. Außerdem genießen die Promovierenden eine stärkere Einbindung in das entsprechende Uninetzwerk. 

Als Angestellte im Rahmen einer wissenschaftlichen Mitarbeit ist es anders: Hier ist die eigene Forschungsarbeit an der Dissertation kein Teil der Stelle, sondern wird nebenher geleistet. Das kann ein Nachteil sein, wenn dadurch möglicherweise die Arbeitszeit an der eigenen Dissertation zu kurz kommt.

Wer sich entscheidet, individuell zu promovieren, hat neben der internen Promotion auch die Möglichkeit der externen Promotion. In diesem Fall schreiben die Doktoranden ihre Dissertation ohne Anstellung an einem Lehrstuhl. Dabei können sie allein von zu Hause arbeiten, aber auch an einer außeruniversitären Einrichtung oder, wie bei der Industriepromotion, begleitet durch ein Unternehmen. Auch diese Form der individuellen Promotion hat Vor- und Nachteile. Die Promovierenden strukturieren ihren (Arbeits-)Alltag selbst, was – je nach persönlichen Präferenzen und Charakter – förderlich oder hinderlich sein kann. 

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Ob angehende Promovierende sich für eine strukturierte, eine individuelle oder eine andere Form der Promotion entscheiden, ist von vielen Faktoren abhängig. Einige Fragen helfen bei der Entscheidung möglicherweise weiter:

  • Wie gestalten sich meine aktuellen Lebensumstände?
  • Wie soll meine Work-Life-Balance aussehen?
  • Brauche ich feste Strukturen in meinem wissenschaftlichen Arbeiten?
  • Neige ich zu Burn-out oder Schreibblockaden?
  • Wie viel fachliche Begleitung wünsche ich mir im Prozess?
  • Wie möchte ich mich – mit oder neben der Promotion – finanzieren?
  • Möchte ich berufsbegleitend promovieren?

Die Rahmenbedingungen der zwei am häufigsten vorkommenden Promotionsformen können je nach Typ und Arbeitsweise individuell von Vor- oder Nachteil sein.

Individuelle vs. strukturierte Promotion

Individuelle Promotion Strukturierte Promotion

Zeitvorgabe/Curriculum

Nein

Ja

Geregelte Finanzierung

Nein

Überwiegend ja

Ort

Frei wählbar

An Einrichtung gebunden

Individuelle Betreuung

Nein, nur durch Doktorvater/ -mutter

Ja

Besuch von Lehrveranstaltungen

Nein

Ja

Quelle: academics © academics

Wer sich näher mit der strukturierten Promotion auseinandersetzen möchte, findet im academics-Ratgeber „Strukturierte Promotion: Möglichkeiten und Wege einer Graduiertenausbildung“ weitere Informationen.

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