Graduiertenkollegs der DFG
Die Professorin fliegt gerade aus Tokio ein, der Professor startet nächste Woche eine Forschungsreise in Richtung Himalaya: An den Graduiertenkollegs der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geht es international zu – auch für Doktoranden. Anders als in Graduiertenschulen sind die Gruppen an den Kollegs mit zehn bis zwanzig Doktoranden überschaubar. Dadurch ist eine persönliche und intensive Betreuung möglich. Außerdem sind die Forschungsthemen sehr eng gesteckt.
Gesicherte Finanzierung durch Stipendien
Die Graduiertenkollegs sind auf neun Jahre befristete, an Universitäten ansässige Forschungsprogramme, die aufgrund ihrer exzellenten Arbeit von der DFG finanziert werden. Alle drei Jahre schreibt jedes Kolleg Promotionsstipendien in Höhe von minimal 1.000 Euro und maximal 1.356 Euro pro Monat aus. Dieses Geld gibt es für höchstens 36 Monate. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, mit eigener Finanzierung an den Kollegs zu promovieren.
Die Laufzeit der Promotion an einem Graduiertenkolleg beträgt – unabhängig von der Finanzierung – maximal drei Jahre. Danach haben die Doktoranden bei erfolgreichem Abschluss einen Doktortitel mit exzellentem Ruf in der Tasche. Damit ist die Promotion an einem deutschen Graduiertenkolleg im Vergleich zu ausländischen Promotionsprogrammen sehr kompakt und zeitsparend. Zu Beginn jeder Promotion wird mit den betreuenden Professoren für die Doktoranden ein individueller Promotionsplan erstellt. Gleichzeitig wird festlegt, zu welchen Zeitpunkten die Forschungsergebnisse vorgestellt werden müssen.
Dieses Curriculum bildet den Rahmen für die Promotion, innerhalb dessen die Doktoranden aber auch eigenen Organisationsspielraum haben. Wer aus dem Ausland an ein deutsches Graduiertenkolleg kommt, erhält zu Fragestellungen rund um den Aufenthalt in Deutschland qualifizierte Hilfe: Die Akademischen Auslandsämter und die Kollegs stehen den internationalen Doktoranden bei Wohnungssuche, Versicherungsfragen und beim Ankommen und Einleben am neuen Wohnort helfend zur Seite.
Internationale und nationale Graduiertenkollegs
In Deutschland gibt es derzeit 43 internationale sowie 162 nationale Graduiertenkollegs der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Stand: Februar 2015). All diese Einrichtungen bieten den Doktoranden ein international geprägtes Umfeld in den Bereichen Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften, Sozial- und Geisteswissenschaften. „Wir decken fast alle Fächer ab, wenn auch einige, wie z.B. die Rechtswissenschaften, derzeit etwas unterrepräsentiert sind“, sagt die Leiterin der Gruppe für Graduiertenkollegs bei der DFG, Dr. Annette Schmidtmann.
„Double-Degree“-Promotion
Internationale Kollegs zeichnen sich über das Angebot nationaler Kollegs hinaus durch eine feste Kooperation mit mindestens einer Partnereinrichtung im Ausland aus. Die Promotion wird hier von Professoren aus Deutschland und aus dem jeweiligen Partnerland betreut. Vielerorts wird an den internationalen Graduiertenkollegs auch an der Einführung einer offiziellen „Double-Degree“-Promotion gearbeitet – eine Promotion, die offiziell an zwei Standorten und damit auch binational abgeschlossen werden kann. Darüber hinaus können die Doktoranden mit finanzieller Unterstützung der DFG die ausländische Partnereinrichtung besuchen und dort forschen. Bewerber für ein Graduiertenkolleg-Stipendium sollten neben einem sehr guten Universitätsabschluss vor allem Freude an interkultureller und interdisziplinärer Arbeit mitbringen und eine Affinität für das spezielle Forschungsgebiet der Kollegs haben.
Englisch als Arbeitssprache
Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung ist außerdem die Beherrschung der englischen Sprache, der gebräuchlichen Arbeitssprache in den Kollegs. Stipendiaten in den Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Kollegs sollten darüber hinaus auch die Landessprachen lernen, in und zu denen sie forschen. Wer die Anforderungen erfüllt, kann sich mit Anschreiben, Lebenslauf, Motivationsschreiben und Forschungsexposé, einem Konzept zu seinem Promotionsvorhaben, bei den Kollegs bewerben. Diejenigen, die mit ihrer schriftlichen Bewerbung überzeugen können, werden zu einem persönlichen Gespräch eingeladen.
Graduiertenschulen
Große internationale Forscherteams wie auch interdisziplinäre Doktorandengruppen: Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Graduiertenschulen sind Orte des gegenseitigen Austauschs und gemeinsamen Fortschritts.
Während an den Graduiertenkollegs in eher kleinen Gruppen zu sehr speziellen Fragestellungen und Projekten geforscht wird, arbeiten an Graduiertenschulen internationale Forscher aus äußerst unterschiedlichen Fachgebieten an übergeordneten, weitreichenden Themenkomplexen. Sie arbeiten häufig fakultätsübergreifend.
Im Rahmen der Exzellenzinitiative gegründet
An den Einrichtungen, die an deutsche Universitäten angegliedert sind, können sich Wissenschaftler ein exzellentes berufliches Netzwerk aufbauen und sich austauschen. Ein Beispiel hierfür ist die Göttinger Graduiertenschule für Neurowissenschaften und Molekulare Biowissenschaften (GGNB), die zu den größten Graduiertenschulen in Deutschland zählt. Sechs Fakultäten der Universität Göttingen, drei Max-Planck-Institute und das Deutsche Primatenzentrum forschen hier gemeinsam in den Bereichen der Hirn- und Verhaltensforschung, Biochemie, Biophysik sowie der Zell- und Entwicklungsbiologie. Die Doktoranden arbeiten innerhalb der Forscherteams nicht nur für sich, sondern sind an übergeordneten Forschungsprojekten beteiligt.
„Unsere 350 Doktoranden, von denen bis zu 45 Prozent aus dem Ausland kommen, sind direkt in die Forschergruppen eingebunden“, unterstreicht der wissenschaftliche Koordinator der GGNB Dr. Steffen Burkhardt.
Unterstützung über die Promotion hinaus
An den meisten der von der DFG geförderten Graduiertenschulen werden Doktoranden finanziell durch Stipendien unterstützt, sodass ihr Lebensunterhalt abgesichert ist. Als weiteres Plus bietet der Großteil der Graduiertenschulen Hilfe bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen oder aber auch der Visumbeschaffung an. Wer sich für eine Graduiertenschule interessiert, sollte zunächst herausfinden, welche Schwerpunkte am besten zum eigenen Promotionsthema passen. Eine Übersicht zu den 45 von der DFG geförderten Graduiertenschulen finden Sie auf der Webseite der Forschungsgemeinschaft.
Wie an Graduiertenschulen bewerben?
Das Bewerbungsverfahren ist je nach Standort verschieden. Grundsätzlich wird bei der Kandidatenwahl darauf geachtet, dass die Bewerber während ihres Studiums bereits über den Tellerrand hinaus geschaut und sich mit wenigstens einer weiteren Fachrichtung beschäftigt haben. Zudem ist die Beherrschung der englischen Sprache Pflicht: Die Veranstaltungen an Graduiertenschulen werden in der Regel in Englisch abgehalten. Nach der ersten Bewerbungsrunde steht häufig ein Assessment-Center auf dem Plan. Hier müssen die Bewerber Vorträge halten und zeigen, dass sie ins Team passen. Einige Graduiertenschulen bieten für ausländische Bewerber auch Vorstellungsgespräche über Videokonferenzen an.
Gut betreut zum Doktortitel
Ist die Aufnahme an einer Graduiertenschule geschafft, können sich die Doktoranden auf eine sehr gute Betreuung freuen. Zugleich werden sie aber auch gefordert – beispielsweise müssen die Nachwuchswissenschaftler regelmäßig Zwischenergebnisse ihrer Arbeit präsentieren. Durch dieses fokussierte und strukturierte Vorgehen werden die Doktoranden dabei unterstützt, ihre Promotion im Schnitt bereits nach drei Jahren abzuschließen. Die von der DFG geförderten Graduiertenschulen wurden im Rahmen der Exzellenzinitiative gegründet, mit der Bund und Länder universitäre Spitzenforschung fördern wollen. Dadurch ist die Zukunft der Graduiertenschulen aber auch ein Stück weit ungewiss. Denn die aktuelle Runde der Exzellenzinitiative läuft im Jahr 2017 aus. Bislang ist unklar, wie es danach weitergeht. Grundsätzlich soll der Wettbewerb weitergehen – wie dieser im Detail aussieht und welche Einrichtungen weiter gefördert werden – steht aber noch nicht fest. Deshalb wollen erste Graduiertenschulen schon jetzt keine neuen Doktoranden mehr annehmen. Für Interessenten ist es daher ratsam, sich vor einer Bewerbung direkt bei den jeweiligen Graduiertenschulen nach dem aktuellen Stand der Dinge zu erkundigen.
Hier finden Sie einige Graduiertenschulen im Porträt.