Zeitmanagement
Work-Life-Balance: Gesund und ausgeglichen arbeiten und leben

Marienkaefer Symbolbild work life Balance

Wie ist es möglich sein Privatleben mit der wissenschaftlichen Karriere zu vereinbaren? © Brilliant Eye / photocase.de

Für viele Akademiker und Akademikerinnen ist eine gesunde Work-Life-Balance eine stetige Herausforderung. Tipps zum Selbst- und Zeitmanagement finden Sie hier.

Veröffentlicht: 22.08.2023

Von: Florian Heil

Die Work-Life-Balance bezeichnet die Ausgewogenheit zwischen Arbeitsleben und Privatleben, also einen Zielzustand, der die Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf gewährleistet. In einer gesunden Work-Life-Balance besteht demnach die Möglichkeit, sich neben einem fordernden Job auch persönlich entfalten zu können. Sie soll einem Burnout vorbeugen, also einen Zustand tiefer körperlicher und geistiger Erschöpfung, der in vielen Fällen auf Überforderung und Stress im Berufsleben zurückzuführen ist. Bezieht man all das mit ein, fällt auf, dass die reine Begrifflichkeit „Work-Life-Balance“ eigentlich unsauber ist, denn sie definiert Arbeit und Leben als zwei Gegenpole, obwohl die Arbeit ja einen Teil des Lebens einnimmt.

Nach der Theorie des iranischen Psychotherapeuten Nossrat Peseschkian gibt es acht Einflussfaktoren auf die Work-Life-Balance, unterteilt in vier Säulen, die die Lebensbalance eines jeden Menschen ausmachen:

  • Beruf und Finanzen
  • Familie und Bekannte
  • Gesundheit und Fitness
  • Sinn und Kultur

Nach diesem Modell ist ein Mensch mit seinem Leben zufrieden und ausgeglichen, wenn sich die vier Säulen im Gleichgewicht befinden. Je nach Individuum können diese Säulen jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Schwierig wird es erst, wenn einer dieser Lebensbereiche langfristig vernachlässigt wird oder ganz wegbricht. Dann gerät das Gleichgewicht aus den Fugen und die Situation wirkt sich auf alle Säulen negativ aus.

Arbeitgeber in Deutschland können die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht beliebig gestalten. Sie sind an verschiedene Gesetze gebunden, die die notwendige Erholung, Arbeitszeit und Freizeit regeln. So schreibt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) beispielsweise vor, dass eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten werden darf und jedem Arbeitnehmer mindestens vier Wochen Urlaub im Jahr zustehen. Und diese Statuten gelten auch, wenn der Arbeitgeber unter Personalmangel leidet oder besonders viel zu tun ist. 

Es gibt jedoch Ausnahmen, für leitende Angestellte gilt das Gesetz beispielsweise nicht. Ebenso fallen Beamte und Beamtinnen nicht unter die Bestimmungen dieses Gesetzes. Doch auch für Staatsbedienstete gibt es Maximalarbeitszeiten, die je nach Bundesland und Lebensalter zwischen 40 und 42 Stunden in der Woche variiert. 

Durch das Pflegezeit- sowie das Familienpflegezeitgesetz haben Beschäftigte zudem einen Anspruch darauf, sich für eine gewisse Zeit komplett von der Arbeit freistellen zu lassen oder die Arbeitszeit zu reduzieren, um pflegebedürftige nahe Angehörige zu betreuen.

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Wer in der freien Wirtschaft zu arbeiten beginnt, will seinem Arbeitgeber in der Regel beweisen, dass dieser mit seiner Personalauswahl goldrichtig lag. Die volle Konzentration gilt dann dem Job, Überstunden häufen sich, andere Dinge werden schnell vernachlässigt. In der Phase der Einarbeitung mag das noch gerechtfertigt sein, doch werden Überstunden über einen längeren Zeitraum zur Regel, sind die persönlichen Ressourcen schnell erschöpft und die Work-Life-Balance gerät aus den Fugen. Sorgen um den Arbeitsplatz, befristete Arbeitsverträge oder Beförderungsambitionen verstärken den Druck, sodass der Job leicht alle anderen Dinge des Lebens in den Hintergrund drängen kann.

Dabei ist dieses Übermaß an Engagement längst nicht mehr bei allen Arbeitgebern gern gesehen. Wenn ein junger Mensch zu Beginn seiner Karriere häufig Überstunden schiebt, kann das durchaus kritisch beäugt werden. Denn dann mangelt es gegebenenfalls an Zeit- und Selbstmanagement, zwei der wichtigsten Softskills, die in die Mitarbeiterbewertung einfließen.

Bleibt eine Rückmeldung der Vorgesetzten jedoch aus, kommt der ambitionierte Arbeitnehmer schnell in einen Teufelskreis: Verzichtet er auf Dinge, die ihm Energie geben, stellt sich Frustration ein, die das Energielevel noch weiter senkt. In der Folge kann es zu einem Burnout kommen und es ist ihm gar nicht mehr möglich, seinem Job nachzugehen.

In den obersten Unternehmensebenen sind die Arbeitsbelastung und der Leistungsdruck besonders hoch. Arbeitstage zwischen 14 und 18 Stunden, mehrfach wöchentliche Reisetätigkeit über mehrere Zeitzonen hinweg, ständige Erreichbarkeit, hohe Verantwortung, regelmäßiges Arbeiten an Abenden und Wochenenden, wenig Urlaub sowie Zeit- und Kostendruck gehören bei vielen Topmanager:innen zur Tagesordnung. Wenn eine Führungskraft an Burnout erkrankt, entstehen dem Unternehmen direkte und indirekte Ausfallkosten.

Nach Erkenntnissen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), die in der Broschüre „Arbeitswelt im Wandel: Zahlen – Daten – Fakten (2020)“ nachzulesen sind, arbeiten je nach Teamgröße 18 bis 23 Prozent der Führungskräfte an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Rund die Hälfte der Führungskräfte mit mindestens fünf Mitarbeitenden berichtet, dass Stress und Arbeitsdruck in den vergangenen zwei Jahren zugenommen hätten. Einen Grund für die gestiegene Belastung nennt die Broschüre nicht. 

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Auch und gerade in der Wissenschaft herrscht für viele Mitarbeitende ein enormer Leistungsdruck. Wissenschaftliche Karrieren erfordern außerordentliche Leistungsbereitschaft und hohe Mobilität, um langfristig die Beschäftigung zu sichern. Das gilt für Lehrende genauso wie für Studierende und Nachwuchswissenschaftler, die sich profilieren wollen oder müssen. Eine unausgewogene Work-Life-Balance ist in vielen Fällen die Folge.

In vielen Fächern sind die Studienbelastungen – nicht zuletzt im Zuge der Bologna-Reformen – gestiegen. Auch in der vorlesungsfreien Zeit sind die Anforderungen an Studierende aufgrund von Klausuren, Hausarbeiten oder Praktika hoch. Haben Studierende in ihren Anfangsjahren an der Hochschule oft noch vergleichsweise viel Freizeit, kann sich das spätestens in der Prüfungsphase schnell ändern. Hier bereitet vor allem die finanzielle Situation Studierenden Kopfzerbrechen, denn ohne Nebenjob können viele ihr Studium nicht bestreiten.

Promovierende sehen sich in der Regel einer Doppelbelastung ausgesetzt: Neben der Dissertation stehen die Pflichten des Berufsalltags an. Oft sind sie in Teilzeit an der Hochschule als Wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt und schreiben ihre Doktorarbeit quasi „nebenbei“.

Und auch nach der Promotion ist die Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Freizeit oft eine Gratwanderung. Durch die in der Regel befristeten Arbeitsverträge von Postdocs müssen die Nachwuchswissenschaftlerinnen ihre Karriere in der verbleibenden Zeit vorantreiben, also neben der Lehre noch wesentliche Publikationen veröffentlichen, um die Chance auf eine Professur oder einen anderen Karriereweg in der Wissenschaft aufrechtzuerhalten. Die Konkurrenz ist groß.

Hinzu kommt: Während der Postdoc-Phase befinden sich Frauen oft in einem Alter, in dem die Familiengründung eine Rolle spielen kann. Und diese Doppelbelastung mit Kind und Karriere führt in vielen Fällen zu einer Überforderung.

Generell ist es wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten: Wer seiner Arbeit aus intrinsischer Motivation heraus nachgeht, wird mutmaßlich mehr Zeit mit dem Job verbringen können, ohne dabei aus dem Gleichgewicht zu geraten, als jemand, der seine Arbeit als bloße Pflichtaufgabe ansieht. Dennoch gibt es einige hilfreiche Tipps und Methoden für das Selbst- und Zeitmanagement, damit eine gesunde Work-Life-Balance nicht in Gefahr gerät.

  • Eine vorausschauende und realistische Planung bringt Struktur in den Alltag und hilft, einen oft überfordernden „Wust“ von Unerledigtem in klare Einzelbereiche aufzulösen. Eine solche Zeitplanung schafft zudem mehr Raum für Kreativität: In eingeplanten „unproduktiven“ Zeiten lässt sich ganz bewusst abschalten und Kraft sammeln.
  • Durch regelmäßige Selbstbeobachtung, Sensibilisierung der eigenen Bedürfnisse und gegebenenfalls ein „Stresstagebuch“ fällt es vielen Menschen leichter zu erkennen, in welchen Situationen das Stresslevel besonders hoch ist und was dagegen helfen kann. Wem es gelingt zu identifizieren, welche Bereiche ihn oder sie im Leben unglücklich macht, kann gezielt daran arbeiten, diese zu verändern.
  • Bei flexibler Arbeitszeit ist es ratsam, diese an fest terminierte Hobbys oder Verabredungen anzupassen, sodass die Freizeitaktivitäten direkt an den Arbeitstag anschließen.
  • Für Freunde und Freizeit können fest eingeplante Zeiten in der Woche oder am Wochenende hilfreich sein, die dann auch konsequent eingehalten werden. Private Termine sollten denselben Stellenwert haben wie ein Geschäftstermin.
  • Sind die beruflichen Anforderungen dauerhaft zu hoch, ist es wichtig, dass Arbeitnehmer rechtzeitig das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen. Gesprächspartner kann ein Mentor oder eine Mentorin sein sowie ein Vorgesetzter oder eine Vorgesetzte des Vertrauens. In diesem Gespräch sollte sachlich zur Sprache kommen, welche Konsequenzen die Überlastung bereits nach sich zieht und wie eine Lösung für die Zukunft aussehen könnte.
  • Ein Sabbatical kann Kraft bringen und zu neuer Ausgeglichenheit führen.

Das Arbeiten im Homeoffice kann sich unterschiedlich auf die Work-Life-Balance auswirken: Während sich die einen über mehr Flexibilität freuen, leiden andere unter dem Verschwimmen der Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben. Laut einer Studie des Software-Bewertungsportals Capterra wird im Homeoffice tendenziell mehr außerhalb der definierten Arbeitszeiten gearbeitet, die Work-Life-Balance wird aber trotzdem positiver wahrgenommen als im Büro. 

Neben ambitionierten Karrierewünschen gehört die oftmals schlechte Selbstorganisation im Homeoffice zu den Ursachen für Mehrarbeit. Unordnung kann beispielsweise ein Grund für geringere Produktivität sein und zudem die mentale Gesundheit beeinflussen. Ein aufgeräumter Schreibtisch hilft, effizienter zu arbeiten. Wichtig ist, dass die durch den nicht vorhandenen Arbeitsweg gewonnene Zeit tatsächlich zur Entspannung und Erholung genutzt wird und nicht dafür, noch mehr Arbeitsaufgaben zu erledigen. So kann beispielsweise ein Powernap, also ein kurzer Schlaf in der Tagesmitte, die Konzentration erhöhen und die Leistungsfähigkeit für den Rest des Tages verbessern.

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