Soziologie Berufe
Nach dem Soziologiestudium: Was macht ein Soziologe oder eine Soziologin?

Eine Gruppe Menschen unterschiedlicher Herkunft unterhalten sich

Wie funktioniert eine Gesellschaft? Das beispielsweise untersuchen Soziolog:innen. © SDI Productions / iStock.com

Soziologen und Soziologinnen haben kein fest definiertes Einsatzgebiet. Doch wer seine Fähigkeiten kennt, dem eröffnen sich am Arbeitsmarkt vielfältige Chancen.

Veröffentlicht: 13.11.2022

Von: Florian Heil

Die Soziologie beschäftigt sich mit der Entstehung und Entwicklung sozialer Phänomene in unserer Gesellschaft und hat zum Ziel, gesellschaftlicher Prozesse zu deuten und zu erklären. Darunter fallen alle Begebenheiten, die mit dem Zusammenleben oder auch Zusammenarbeiten von Gruppen zu tun haben – das können zwei Personen sein oder die ganze Weltgesellschaft. Ein weiterer Schwerpunkt der Soziologie ist die Erforschung sozialer Gebilde wie Familien oder Erwerbssysteme, sogenannter Institutionen, die über Normen, Werte und Sanktionen Regelmäßigkeiten des Handelns erzeugen. 

Es handelt sich gleichermaßen um eine von verschiedenen Theorien geleitete wie auch empirisch forschende Wissenschaft, die sich in zahlreiche Untersuchungs- und Praxisfelder aufteilen. Einige der wesentlichen Bereiche der Soziologie:

  • Arbeitssoziologie
  • Familiensoziologie
  • Politische Soziologie
  • Wirtschaftssoziologie
  • Kriminalsoziologie
  • Kultursoziologie
  • Organisationssoziologie
  • Sozialstrukturanaylse
  • Empirische Soziologie

Nicht zu verwechseln ist das Studienfach Soziologie mit dem Fach Sozialwissenschaften, das an verschiedenen Hochschulen angeboten wird. Bei Letzterem handelt es sich um einen Oberbegriff, der unterschiedliche geisteswissenschaftliche Fachrichtungen vereint – eine davon kann Soziologie sein.

Andere sozialwissenschaftliche Disziplinen sind beispielsweise Politikwissenschaften (Politologie), Kulturwissenschaften, Kommunikationswissenschaften und auch Wirtschaftswissenschaften. Studiengänge der Sozialen Arbeit oder der Sozialpädagogik widmen sich hingegen vornehmlich der Lösung sozialer Probleme.

Soziologen und Soziologinnen fahren Taxi – so lautet ein weit verbreitetes Vorurteil. Tatsächlich aber steht Absolvent:innen dieser Fachrichtung ein weit gefächertes Berufsfeld offen, das jedoch nicht klar umrissen oder abgegrenzt ist. Sie arbeiten bei sozialen Einrichtungen, in der Privatwirtschaft, im öffentlichen Dienst oder in der Wissenschaft

Eine Erhebung aus Österreich aus dem Jahr 2019 hat festgestellt, wo Soziologen mit Bachelorabschluss drei Jahre nach Beendigung ihres Studiums wirklich untergekommen sind. Das Ergebnis:

  • Öffentliche Verwaltung (Justiz, Ministerien, etc.): 16 Prozent
  • Sozialwesen: 9 Prozent
  • Werbung und Marktforschung: 8 Prozent
  • Unternehmensführung und -beratung: 5 Prozent
  • Interessensvertretungen und Vereine: 5 Prozent

Die übrigen 57 Prozent verteilen sich auf andere Berufsfelder oder haben keine Anstellung gefunden. Aus Deutschland liegen nur ältere Erhebungen zu diesem Thema vor.

Die folgende Übersicht zeigt die Vielzahl der Berufe, die nach einem Soziologiestudium ergriffen werden können.

Nichts mehr verpassen?

Legen Sie sich einen Account an, um von allen Vorteilen unter “Mein academics” zu profitieren!

Einige Soziologen und Soziologinnen bleiben der wissenschaftlichen Forschung auch nach ihrem Abschluss treu. In erster Linie analysieren sie das soziale Verhalten von Menschen unter Berücksichtigung der Voraussetzungen, der Abläufe und Folgen des Zusammenlebens.

Arbeitsplätze finden Soziolog:innen als wissenschaftlich Mitarbeitende oder Professoren und Professorinnen an Forschungseinrichtungen und an Hochschulen, wo die Lehre ebenfalls zu ihren Aufgaben zählt. Für eigenständige wissenschaftliche Tätigkeiten ist ein Masterstudium und in der Regel auch eine Promotion obligatorisch.

Auch der öffentliche Dienst hält zahlreiche Institutionen und Tätigkeiten bereit, die von Soziologinnen und Soziologen ausgeführt werden können. In der öffentlichen Verwaltung kommen sie auf Bund-, Länder- und Gemeindeebene beispielsweise bei Institutionen der Sozialversicherung und anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten und Körperschaften zum Einsatz. 

Im Sozialwesen, wie bei Sozial- und Jugendämtern, finden sich ebenfalls zahlreiche Stellen. Der Bildungs- und Kulturbereich freut sich über Soziolog:innen und auch die Bereiche der öffentlichen Arbeitssicherheit, Gesundheitsberichterstattung, Stadtentwicklung und Regionalplanung sind potenzielle Arbeitgeber.

Und nicht zuletzt sind Soziologen und Soziologinnen aufgrund ihrer Kenntnisse über soziale Phänomene und Hintergründe bei der Polizei und anderen Behörden gern gesehen, die sich mit Kriminalität beschäftigen.

In der freien Wirtschaft stehen Soziologinnen und Soziologen zahlreiche Berufe in verschiedenen Branchen offen. Zu den beliebtesten gehören:

  • Markt- und Meinungsforschung: Beratung, Expertise, Feldarbeit, Auswertung und Analysen
  • Personalmanagement: Akquise, Entwicklung und Weiterbildung, Arbeitsorganisation, Konzeptentwicklung, Beratung
  • Projektmanagement: Operative Planung, Durchführung, Steuerung und Realisierung von Projekten
  • Consulting: Arbeitsplatzgestaltung und -organisation, Unternehmenskultur, strategische Kommunikation
  • Marketing: Kunden-, Markt- und Wettbewerbsanalyse, Produktmanagement
  • Journalismus: Redaktions- und Recherchearbeit, Zielgruppenanalyse
  • Öffentlichkeitsarbeit: PR, Kommunikation, Organisation, Beratung, Pressearbeit
  • Gesundheitswesen: Datenauswertung, Beratung, Organisation, Betreuung, Verwaltung und Qualitätsmanagement bei Krankenkassen oder privaten Krankenhäusern
  • Selbstständige Beratung oder Coachings

Darüber hinaus finden Soziologinnen und Soziologen vergleichsweise oft Jobs bei Verbänden, Vereinen, NGOs, Kirchen, Stiftungen oder Parteien. Dort sind sie beispielsweise für die Beratung und Betreuung, Projektplanung und Verwaltungstätigkeiten zuständig oder helfen bei der Organisation und Durchführung von Seminaren, Kursen und Veranstaltungen.

Anzeige

Die Berufsaussichten für Soziolog:innen sind keineswegs so schlecht, wie oft kolportiert wird. Der Arbeitsmarkt zeigte sich in den vergangenen Jahren stabil. Laut Mikrozensus gab es 2021 nur etwa 1.200 Arbeitslose, die eine Tätigkeit als Soziolog:innen, Gender- oder Sozialwissenschaftler:innen anstrebten. Das sind sieben Prozent weniger als im Vorjahr.

Weitere 1.900 arbeitslose Soziologieabsolvent:innen suchten vorrangig nach alternativen Jobs, beispielsweise im Personalwesen, der Sozialpädagogik oder Lehrtätigkeiten. Bezogen auf alle Erwerbspersonen mit einem Hochschulabschluss im Fachbereich Soziologie belief sich die studienfachspezifische Arbeitslosenquote auf 3,2 Prozent.

Laut dem Berufsverband Deutscher Soziologinnen und Soziologen e.V. sind die Jobaussichten für Soziolog:innen auch im Vergleich zu anderen Berufen gut. Immer weniger Absolvent:innen würden auf immer mehr freie Stellen treffen. Dieses an sich positive Bild sei aber durchaus abhängig von den individuellen Präferenzen während des Studiums und auch von der Frage, welche Pflichtpraktika durchgeführt wurden. Auch sei es von Vorteil, wenn die Bachelor- oder Masterarbeit empirisch und/oder in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen oder einer anderen Organisation erarbeitet wurde. Jobs an der Universität seien hingegen immer noch relativ prekär.

Auch die Gehaltsaussichten für Soziolog:innen sind nicht schlecht: Laut dem Gehaltsportal gehalt.de verdienen sie im Mittel 47.700 Euro brutto im Jahr (Stand Januar 2024). Der Entgeltatlas der Arbeitsagentur, der allerdings Soziolog:innen, Sozialwissenschaftler:innen und Genderwissenschaftl:inner zusammenfasst, kommt auf ein Mediangehalt von rund 60.000 Euro im Jahr.

Im öffentlichen Dienst beschäftige Soziologen und Soziologinnen werden nach Tarif bezahlt. Mehr zum Gehalt von Soziolog:innen lesen Sie im Artikel „Was verdienen Soziolog:innen?“.

Artikel teilen