Life Sciences-Unternehmen
Arbeiten in Life Sciences-Unternehmen: Voraussetzungen, Berufsfelder und Karriereperspektiven

Pflanze Symbolbild Life Sciences Unternehmen

Die österreichische Bundesregierung unterstützt besonders die Forschung und Innovationen im Bereich Life Science © chuttersnap / unsplash.com

Die Lebenswissenschaften bieten für Akademikerinnen und Akademiker ein breites Tätigkeitsfeld. Was sind Life Sciences eigentlich, wie ist die Branche aufgestellt, welche Perspektiven bietet sie?

Veröffentlicht: 13.02.2022

Von: Katharina Jedlitschka

Life Sciences sind wörtlich übersetzt die Lebenswissenschaften – also der Forschungsbereich, der sich mit Lebewesen, ihren Strukturen und Vorgängen befasst. Die Life Sciences sind so vielfältig wie das Leben selbst und umfassen neben der Biologie auch ihr verwandte Bereiche wie die Medizin und Biomedizin, Chemie und Biochemie, die Pharmazie und umfasst auch die Landwirtschaft und Lebensmittelforschung. Häufig werden auch thematisch weiter entfernte Bereiche dazugezählt, wie etwa Psychologie oder Künstliche Intelligenz.

Aus wirtschaftlicher Sicht sind Life Sciences allgemein, speziell aber auch in Deutschland, ein enormer Wachstumsmarkt und das vor allem im Biotechnologie-, Medizintechnologie- sowie Pharmasektor. Der Mensch steht hier im Fokus, etwa bei der Entwicklung neuer Arzneimittel und Pharmaprodukte, verbesserter Versorgung und Diagnosen oder wirkungsvoller Therapien. Die rasante Entwicklung in diesem Wirtschaftszweig wird maßgeblich vorangetrieben durch Bevölkerungswachstum und demografischen Wandel sowie dem damit einhergehenden Anstieg von Zivilisationskrankheiten wie Krebs oder Diabetes.

Für Forschungsbereiche, bei denen der Fokus verstärkt auf technischen Aspekten von Produktionsprozessen von Produkten liegt, die der Gesundheit des Menschen dienen, hat sich das Forschungsfeld Life Sciences Engineering relativ neu entwickelt. Die Erkenntnisse aus den Lebenswissenschaften werden hier technisch genutzt und mit den Ingenieurwissenschaften verknüpft, beispielsweise in der Automobilbranche.

Wer ein Studium im Bereich der Life Sciences absolviert hat, dem eröffnen sich anschließend auf dem Arbeitsmarkt vielfältige Möglichkeiten für den Berufseinstieg – allein bedingt durch die Vielzahl an Unternehmen: 2018 gab es in Deutschland laut Statista 679 dedizierte Biotechnologie-Unternehmen, im Bereich Medizintechnik lag die Zahl der Unternehmen 2020 bei mehr als 1.400. Allein 358 Unternehmen wurden 2019 gezählt, die ihren Schwerpunkt in der Herstellung pharmazeutischer Produkte haben. Das tatsächliche Tätigkeitsspektrum ist dabei noch viel größer.

Life Sciences-Unternehmen bieten dabei nicht nur Absolventinnen naturwissenschaftlicher Fächer attraktive Jobs – auch beispielsweise Mathematiker, IT-Spezialistinnen, Wirtschaftsexperten, Ingenieurinnen, Produktmanager oder auch Juristinnen werden gesucht. 

Im Folgenden beispielhaft einige Berufsfelder in Lebenswissenschaften-Unternehmen:

  • Geräteentwicklung und -herstellung
  • Gerätebetreuung und -wartung (Technisches Management)
  • Fertigung medizintechnischer Produkte
  • Produktionsplanung und -steuerung
  • Technischer Einkauf und Vertrieb
  • Zulassung und Vermarktung
  • Apotheken 
  • Arzneimittelherstellung (Galenik)
  • Arzneimittelforschung
  • Produktmanagement und Vertrieb
  • Arzneimittelsicherheit/Qualitätssicherung
  • Toxikologie


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Der Life Sciences-Sektor in Deutschland wächst, und insbesondere die Biotechnologiebranche erlebt einen Aufschwung. Im Jahr 2020 fiel das Wachstum hier so stark aus wie schon lange nicht mehr. Eine Umfrage des Biotechnologiebranchenverbands BIO Deutschland ergab beim Umsatz der Gesamtbranche ein Plus von 36 Prozent auf knapp 6,5 Milliarden Euro, die Investitionen in Forschung und Entwicklung stiegen um 37 Prozent auf knapp 2,5 Milliarden Euro. Die Anzahl der Unternehmen lag 2020 im Vergleich zum Vorjahr zwar in etwa auf dem gleichen Niveau, die Zahl der Beschäftigten war jedoch um 10 Prozent gestiegen.

Dieser Wachstumstrend wird sich fortsetzen, denn Life Sciences gehören zu den Zukunftsbranchen. Die Herausforderungen nehmen zu, ob im Bereich Medizin, Energie, Material oder Umwelt und Klima. Und somit steigt auch der Forschungs- und Entwicklungsbedarf, in der Industrie ebenso wie an Universitäten. Die beruflichen Chancen, speziell in Forschung und Entwicklung, stehen gut.

Das 2021 vom Financial Times Equity Screener veröffentlichte Ranking der führenden Biotech- und Pharmakonzerne in Deutschland kommt zu folgendem Ergebnis:

  • Der Life Sciences-Konzern Bayer AG führt mit fast 50 Milliarden US-Dollar Umsatz die Liste der Biotech- und Pharmakonzernen an.
  • Platz zwei geht an das Wissenschafts- und Technologieunternehmen Merck mit knapp 21 Milliarden US-Dollar Umsatz.
  • Der drittgrößte Anbieter im Biotech-Bereich ist mit knapp 1,9 Milliarden US-Dollar Umsatz Qiagen, ein Anbieter von Proben- und Testtechnologien.
  • Das Pharmaunternehmen Dermapharm mit Sitz in Grünwald belegt mit einem Jahresumsatz von 0,91 Milliarden US-Dollar Platz vier im Ranking.
  • Dahinter finden sich deutsche Unternehmen wie die PharmaSGP mit einem Umsatz von 0,78 Milliarden US-Dollar, die Evotek AG mit 0,58 Milliarden Umsatz sowie die Biotest AG mit einem Umsatz von 0,55 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021.  

Start-ups haben es im Bereich der Life Sciences meist schwer. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung sind hoch, bis ein Produkt fertig und geprüft ist, vergeht viel Zeit. Die Zahl der Unternehmensneugründungen ist dennoch hoch und es gibt zahlreiche Netzwerke, Initiativen, Förderprogramme und Wettbewerbe wie den Life Sciences Start-up Day (Konferenz für die Life Sciences Community), das Branchennetzwerk Life Sciences Nord, das Life Sciences Cluster BioRN sowie die Wettbewerbe Science4Life und BioRiver Boost.

Daneben gibt es auch branchenspezifische Verbände, wie den Verband der Chemischen Industrie (VCI), den Deutschen Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik (Spectaris), den Branchenverband der Biotechnologie-Industrie (BIO Deutschland) oder die Vereinigung Deutscher Biotechnologie-Unternehmen (VBU).

Wissenschaft oder Wirtschaft, was ist in den Life Sciences attraktiver? Diese Frage lässt sich nicht allgemeingültig beantworten. Allgemein lassen sich die Vorteile einer Karriere in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen im Vergleich zu einem Job an einer Hochschule oder einer staatlichen Forschungseinrichtung folgendermaßen zusammenfassen:

  • Gutes (Einstiegs-)Gehalt
  • Sichere, unbefristete Stellen
  • Gute Karriereaussichten, auch schon mit Bachelorabschluss
  • Fachkräftemangel sorgt für breites Jobangebot
  • Forschungsmöglichkeiten in F&E-Abteilungen.

Demgegenüber ist die akademische Laufbahn stark von Unsicherheit geprägt, denn die meisten Stellen sind projektbezogen und damit befristet ausgeschrieben, die Bezahlung ist in der Regel weniger gut. Obwohl eine Beschäftigung in der freien Wirtschaft also in vielerlei Hinsicht empfehlenswert – oder besser gesagt: vernünftig – ist, entscheiden sich viele Studierende nach Abschluss von Masterstudium oder Promotion gegen den Weg in die freie Wirtschaft. Das sind vor allem diejenigen Hochschulabgänger, die Forschung mit Leidenschaft betreiben und sich einem bestimmten Thema schon lange mit Herzblut widmen. Wem die Freiheit und Intensität der eigenen Forschung wichtig ist, ist besser beraten, eine akademische Laufbahn einzuschlagen.

Ob Uni oder Unternehmen: Beide Wege haben ihre Vor- und Nachteile. Ein Richtig oder Falsch gibt es nicht, die Entscheidung ist von individuellen Faktoren und persönlichen Zielen abhängig. Doch egal, ob man nun in der freien Wirtschaft (bzw. in der industriellen Forschung), in einer großen Forschungseinrichtung wie dem Max-Planck-Institut oder einem Fraunhofer-Institut, oder an der Universität arbeiten will: Wer eine erfolgreiche Doktorarbeit vorweisen kann, verbessert seine Karrierechancen in jedem Fall erheblich. Für Akademiker und Akademikerinnen, die sich nach Abgabe ihrer Doktorarbeit in der Postdoc-Phase befinden, kann die freie Wirtschaft zudem sehr reizvoll sein.

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