Im Zuge der Umsetzung des Hochschulpakts soll der bislang vergleichsweise niedrige Frauenanteil in der Professorenschaft gesteigert werden. Unter anderem das 2008 beschlossene, mit 200 Millionen Euro geförderte Professorinnenprogramm von Bund und Ländern soll dabei helfen: Hochschulen können zwischen 2018 und 2022 für bis zu drei Erstberufungen von Wissenschaftlerinnen auf unbefristete W2- oder W3-Stellen eine Anschubfinanzierung über maximal fünf Jahre erhalten. Auch die Leibniz-Gemeinschaft als Zusammenschluss außeruniversitärer Forschungsinstitute hat ein Professorinnenprogramm aufgelegt, in dem Wissenschaftlerinnen eine unbefristete oder mit Tenure Track versehene Professur (W3 oder W2) erhalten.
Altersverteilung: Demografie der Professuren
Wie alt sind Deutschlands Professorinnen und Professoren? Betrachtet man zunächst das Alter bei der Erstberufung auf einen Lehrstuhl, ergibt sich laut Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021 (BuWiN) folgende Abstufung: Das Durchschnittsalter bei der Erstberufung auf eine Juniorprofessur beträgt 35,2 Jahre, eine W2-Professur erreichen junge Wissenschaftler erstmals mit 41,7 Jahren. Durchschnittlich 43,2 Jahre sind Akademiker alt, wenn sie ihren ersten Ruf auf eine W3-Professur erreichen.
Für 2020 gibt der Bericht des Statistischen Bundesamtes zum Personal an Hochschulen einen Median von 51,9 an – eine Hälfte der Professorenschaft ist also jünger, die andere Hälfte älter als knapp 52 Jahre. Während nur zwei Professoren in Deutschland im Jahr 2020 unter 25 Jahre alt waren, ist in den Altersgruppen 50 bis 55 Jahre und 55 bis 60 Jahre mit mehr als 20.000 Personen ein großer Teil der Professoren und Professorinnen vertreten.
Anzahl ausscheidender Professoren
In Zusammenhang mit der Altersverteilung ist für die Planung der eigenen akademischen Karriere vor allem die Zahl der Professuren interessant, die zeitnah aus Altersgründen frei werden – wird die Stelle neu ausgeschrieben, ist eine Bewerbung möglich.
Zahl der Lehrstühle die voraussichtlich im genannten Jahr frei werden (Erreichen des 65. Lebensjahres des Professors)
Die Zahl frei werdender Lehrstühle wird also in Zukunft ansteigen – wenn auch nur leicht. Zu diesem Schluss kommt auch der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN), der jedoch ergänzt: „Bei diesen Darstellungen muss berücksichtigt werden, dass die Anzahl altersbedingt ausscheidender Professorinnen und Professoren nicht mit der Anzahl frei werdender Professuren gleichzusetzen ist, da Professuren nicht notwendigerweise nachbesetzt werden müssen.“ Die Konkurrenz von Wissenschaftlern aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie aus dem Ausland ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Der BuWiN geht jedoch davon aus, dass zusammen mit weiteren Maßnahmen zur Schaffung neuer Professuren oder Tenure-Track-Programmen „von einem Anstieg der Gesamtzahl der frei werdenden Professuren ausgegangen werden“ kann.
Wie viele Lehrstühle werden pro Fachbereich frei?
Für die Karriereplanung ist vor allem interessant, wie sich die Lage im eigenen Fachbereich darstellt. Während absolut gesehen in den Sportwissenschaften nur wenige Professuren (88) frei werden, ist diese Zahl in der Mathematik und den Naturwissenschaften deutlich höher (1.838). Über alle Fächergruppen hinweg scheidet ein Drittel aller Professorinnen und Professoren an Universitäten inklusive Pädagogischer Hochschulen, Theologischer Hochschulen und Kunsthochschulen in den Jahren 2019 bis 2028 aus Altersgründen aus.
Professor werden: Wie stehen die Chancen auf eine Berufung?
Die drängendste Frage für junge Wissenschaftler, die vor der Entscheidung für eine oft lange und mühsame akademische Karriere stehen, ist: Wie wahrscheinlich ist es, am Ende einen Lehrstuhl zu bekommen? Sämtliche statistische Auswertungen kommen zu dem Schluss, dass diese Frage nicht abschließend beantwortet werden kann. Hier sollen dennoch einige Annäherungsversuche verschiedener Einrichtungen vorgestellt werden, die eine Einschätzung bieten – nicht ohne auf die jeweiligen eingeschränkten Deutungsmöglichkeiten zu verweisen.
Wie ist die Konkurrenzsituation durch andere Habilitierte?
Die Chance, eine der in den kommenden Jahren frei werdende Professuren zu ergattern, hängt auch mit der Anzahl der Mitbewerber zusammen. Insgesamt schlossen 2020 insgesamt 1.533 Wissenschaftler ihre Habilitation ab, im Gegensatz zum Beginn der 2000er Jahre ein deutlicher Rückgang. Dieser bedeutet aber nicht automatisch bessere Berufungschancen, da die Bedeutung der Habilitation für die Berufung insgesamt abnimmt. Auch Promovierte ohne Habilitation können beispielsweise über die Leitung einer außeruniversitären Nachwuchsgruppe oder eine Juniorprofessur das Ziel W2- oder W3-Professur erreichen.
Hinzu kommen Bewerber aus dem Ausland, je nach Fach Bewerber aus der Industrie, aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen, auf andere Weise Qualifizierte und die in den Vorjahren nicht zum Zuge gekommenen Bewerber. Eine verlässliche Antwort auf die Anzahl qualifizierter Bewerber im eigenen Fachbereich ist derzeit nicht möglich, weil es keine statistisch fundierten Aussagen über die Anzahl von Wissenschaftlern gibt, die grundsätzlich berufungsfähig wären.
Wie steht es um Ausschreibungen und Bewerberzahlen?
Der Deutsche Hochschulverband DHV wertet seit 2009 alle zwei Jahre die Daten seines Ausschreibungsdienstes für Professorenstellen aus und sieht in der aktuellsten Erhebung Ende 2019 „positive Signale“.
Die Anzahl der 2017 ausgeschriebenen Stellen betrug somit 1.426, wobei mit 332 die weitaus meisten und fast ein Viertel aller ausgeschriebenen Professuren auf den Bereich Humanmedizin / Gesundheitswissenschaften entfallen, gefolgt von den Ingenieurwissenschaften und Kunst/Kunstwissenschaften.
Der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021 (BuWiN) errechnet die Chancen auf eine Berufung in einer Langzeitbeobachtung: Er hat festgestellt, dass die Gesamtzahl der Bewerbungen von 1997 bis 2018 um 16 Prozent, die Gesamtzahl der Berufungen hingegen im gleichen Zeitraum um 40 Prozent gestiegen ist. Individuelle Erfolgschancen können damit nicht errechnet werden, da die Anzahl der Bewerbungen nicht die Anzahl der sich bewerbenden Personen widerspiegelt – manche bewerben sich auf mehrere Vakanzen. Der BuWiN kommt dennoch zum Schluss, dass sich rein rechnerisch eine leicht verbesserte Chance einer Bewerbung ergibt.
Das Monitoring-Bericht „Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung“ der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) bezieht in seine Überlegungen außerdem die Chance auf einen Listenplatz im Berufungsverfahren in seine Berechnungen ein. Demnach betrug 2018 die Chance von Bewerbern, auf einem Listenplatz zu landen, rund zehn Prozent. Die Chance von diesem Listenplatz aus berufen zu werden, lag bei 46 Prozent.