Professuren in Deutschland
Professor oder Professorin werden: Chancen auf einen Lehrstuhl im Überblick

Vogelperspektive Symbolbild Professur Deutschland Ueberblick

Wie steht es um den Stellenmarkt für Professuren in Deutschland? © Tim Trad / unsplash.com

Wie hoch ist die Anzahl der Lehrstühle in Deutschland, wie viele Professoren und Professorinnen scheiden bald aus – und welche Aussichten haben Frauen? Die Chance auf einen Lehrstuhl ist nicht konkret zu beziffern, aber ein Blick auf verschiedene Zahlen und Statistiken hilft, die Lage einzuschätzen.

Veröffentlicht: 09.12.2021

Von: Maria Zeitler

Fast eine Dreiviertelmillion Menschen in Deutschland arbeiten an Hochschulen und sind in Lehre, Forschung oder auch der Verwaltung tätig. 49.293 davon waren im Jahr 2020 Professorinnen und Professoren. Diese im Vergleich relativ wenigen Stellen sind begehrt: Die Zahlen der National Academics Panel Study (Nacaps), dem Datenportal des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, zeigen, dass von den jährlich etwa 30.000 Promovierten

  • ein Drittel eine Professur anstrebt,
  • ein Drittel noch unentschlossen ist, ob es die akademische Laufbahn weiter verfolgen soll,
  • ein Drittel keine Ambitionen in Sachen Professur hat. 

Doch wie aussichtsreich ist das Karriereziel Professur? Der Einblick in einige Statistiken kann helfen, die Lage auf dem universitären Arbeitsmarkt besser einzuschätzen. So kommt beispielsweise die jährliche Untersuchungsreihe „Personal an Hochschulen“ des Statistischen Bundesamtes zum Ergebnis einer positiven Entwicklung bezüglich der Anzahl der Professorenstellen in den vergangenen zehn Jahren: Sie stieg von knapp 43.000 im Jahr 2011 auf mehr als 49.000 im Jahr 2020.

Anzahl der Professuren in Deutschland ab 2011

Jahr Anzahl der Professuren

2011

42.924

2012

43.862

2013

45.013

2014

45.749

2015

46.344

2016

46.835

2017

47.568

2018

48.111

2019

48.547

2020

49.293

2021

50.260

2022

51.161

Die Tendenz ist also steigend. Bei einer längeren zeitlichen Betrachtung, die der „Bericht zur Umsetzung des Hochschulpakts 2020 im Jahr 2019“ der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) vorgenommen hat, fiel die Entwicklung noch positiver aus: Im Vergleich zum Jahr 2005 gab es 2019 insgesamt 10.682 Professorinnen und Professoren mehr, das ist eine Steigerung von gut 28 Prozent. 70 Prozent aller Lehrstuhlinhaber hatten dabei im Jahr 2019 eine unbefristete W2- oder W3-Professur inne.

Professor werden: Wie wird man Professor oder Professorin?

  1. Absolviertes Hochschulstudium
  2. Promotion: Erwerben eines Doktortitels in einem Fachgebiet
  3. Habilitation: Erlangen einer Lehrbefähigung in einem wissenschaftlichen Fach oder alternativ eine gleichwertige Qualifikation wie beispielsweise eine positiv evaluierte Juniorprofessur
  4. Berufung:Bewerbung auf freie Professorenstellen


Die Anzahl von Professuren unterscheidet sich von Fachbereich zu Fachbereich teilweise enorm. Der Auswertung des Statistischen zufolge finden sich die meisten Professuren in den Rechts-/Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie den Ingenieurwissenschaften, gefolgt von Mathematik/Naturwissenschaften.

Anzahl Professuren* nach Fachbereichen

Fachbereich Anzahl der Professuren

Rechts-/Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

15.133

Ingenieurwissenschaften

12.882

Mathematik, Naturwissenschaften

6.488

Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften

4.920

Geisteswissenschaften

3.597

Kunst, Kunstwissenschaft

3.909

Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften, Veterinärmedizin

1.212

Sport

296

Insgesamt

50.260

*Professoren, Juniorprofessoren und hauptberufliche Gastprofessoren, Stand: 2021

Quelle: Statistisches Bundesamt, Personal an Hochschulen – Fachserie 11 Reihe 4.4 © academics

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Betrachtet man die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre, lässt sich feststellen, dass sich mit zunehmendem Engagement für Chancengleichheit an Hochschulen auch die absolute Zahl der Frauen in der Professorenschaft in Deutschland kontinuierlich gesteigert hat: von 8.526 im Jahr 2011 auf 12.949 im Jahr 2020, ein Plus von etwa 50 Prozent.

Frauen in Professuren ab 2011

Jahr Anzahl der Professorinnen

2011

8.526

2012

8.957

2013

9.587

2014

10.062

2015

10.535

2016

10.955

2017

11.442

2018

11.902

2019

12.408

2020

12.949

2021

13.664

Auch der relative Anteil weiblicher Professoren an der Professorenschaft ist angestiegen – von 14,3 Prozent im Jahr 2005 auf knapp 26 Prozent im Jahr 2019, zeigt der GWK-„Bericht zur Umsetzung des Hochschulpakts 2020 im Jahr 2019“. Setzt man die Daten des Statistischen Bundesamtes ins Verhältnis, ergibt sich für 2020 ein nochmals leicht gestiegener Anteil von gut 26 Prozent.

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Anteil von Frauen an Personalkategorien 2019 gegenüber 2005

Personalgruppe Gesamt (2005) darunter: Frauen absolut (2005) Anteil Frauen (2005) Gesamt (2019) darunter: Frauen absolut (2019) Anteil Frauen (2019)

Wissenschaftliches und künstlerisches Personal

112.820

29.550

26,2%

149.995

55.508

37,0%

Lehrbeauftragte

11.063

3.455

31,2%

19.425

6.734

34,7%

Professuren

37.865

5.412

14,3%

48.547

12.408

25,6%

Im Zuge der Umsetzung des Hochschulpakts soll der bislang vergleichsweise niedrige Frauenanteil in der Professorenschaft gesteigert werden. Unter anderem das 2008 beschlossene, mit 200 Millionen Euro geförderte Professorinnenprogramm von Bund und Ländern soll dabei helfen: Hochschulen können zwischen 2018 und 2022 für bis zu drei Erstberufungen von Wissenschaftlerinnen auf unbefristete W2- oder W3-Stellen eine Anschubfinanzierung über maximal fünf Jahre erhalten. Auch die Leibniz-Gemeinschaft als Zusammenschluss außeruniversitärer Forschungsinstitute hat ein Professorinnenprogramm aufgelegt, in dem Wissenschaftlerinnen eine unbefristete oder mit Tenure Track versehene Professur (W3 oder W2) erhalten.

Wie alt sind Deutschlands Professorinnen und Professoren? Betrachtet man zunächst das Alter bei der Erstberufung auf einen Lehrstuhl, ergibt sich laut Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021 (BuWiN) folgende Abstufung: Das Durchschnittsalter bei der Erstberufung auf eine Juniorprofessur beträgt 35,2 Jahre, eine W2-Professur erreichen junge Wissenschaftler erstmals mit 41,7 Jahren. Durchschnittlich 43,2 Jahre sind Akademiker alt, wenn sie ihren ersten Ruf auf eine W3-Professur erreichen.

Für 2020 gibt der Bericht des Statistischen Bundesamtes zum Personal an Hochschulen einen Median von 51,9 an – eine Hälfte der Professorenschaft ist also jünger, die andere Hälfte älter als knapp 52 Jahre. Während nur zwei Professoren in Deutschland im Jahr 2020 unter 25 Jahre alt waren, ist in den Altersgruppen 50 bis 55 Jahre und 55 bis 60 Jahre mit mehr als 20.000 Personen ein großer Teil der Professoren und Professorinnen vertreten.

Anzahl von Professorinnen und Professoren in den Altersgruppen

Alter der Professorinnen und Professoren Anzahl

Unter 25

1

25 bis 30 Jahre

32

30 bis 35 Jahre

799

35 bis 40 Jahre

3.629

40 bis 45 Jahre

6.758

45 bis 50 Jahre

7.982

50 bis 55 Jahre

10.137

55 bis 60 Jahre

10.333

60 bis 65 Jahre

8.328

über 65 Jahre

2.261

In Zusammenhang mit der Altersverteilung ist für die Planung der eigenen akademischen Karriere vor allem die Zahl der Professuren interessant, die zeitnah aus Altersgründen frei werden – wird die Stelle neu ausgeschrieben, ist eine Bewerbung möglich.

Zahl der Lehrstühle die voraussichtlich im genannten Jahr frei werden (Erreichen des 65. Lebensjahres des Professors)

Voraussichtlich altersbedingt frei werdende Professuren ab 2021

Jahr Anzahl voraussichtlich frei werdender Professuren

2021

1.294

2022

1.483

2023

1.578

2024

1.667

2025

1.737

2026

1.759

2027

1.853

2028

1.941

2029

2.072

2030

2.022

2031+

23.686

Die Zahl frei werdender Lehrstühle wird also in Zukunft ansteigen – wenn auch nur leicht. Zu diesem Schluss kommt auch der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN), der jedoch ergänzt: „Bei diesen Darstellungen muss berücksichtigt werden, dass die Anzahl altersbedingt ausscheidender Professorinnen und Professoren nicht mit der Anzahl frei werdender Professuren gleichzusetzen ist, da Professuren nicht notwendigerweise nachbesetzt werden müssen.“

Die Konkurrenz von Wissenschaftlern aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie aus dem Ausland ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Der BuWiN geht jedoch davon aus, dass zusammen mit weiteren Maßnahmen zur Schaffung neuer Professuren oder Tenure-Track-Programmen „von einem Anstieg der Gesamtzahl der frei werdenden Professuren ausgegangen werden“ kann.

Für die Karriereplanung ist vor allem interessant, wie sich die Lage im eigenen Fachbereich darstellt. Während absolut gesehen in den Sportwissenschaften nur wenige Professuren (88) frei werden, ist diese Zahl in der Mathematik und den Naturwissenschaften deutlich höher (1.838). Über alle Fächergruppen hinweg scheidet ein Drittel aller Professorinnen und Professoren an Universitäten inklusive Pädagogischer Hochschulen, Theologischer Hochschulen und Kunsthochschulen in den Jahren 2019 bis 2028 aus Altersgründen aus.

Anteil altersbedingt ausscheidender Professorinnen und Professoren zwischen 2019 und 2028 nach Fächergruppen (in Personen und in %)

Fächergruppen Altersbedingt ausscheidende Professoren und Professorinnen 2019-2028 (in Personen) Anteil altersbedingt ausscheidender Professoren und Professorinnen 2019-2028 an der Gesamtzahl der Professuren

Geisteswissenschaften

1.581

37%

Sport

88

35%

Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

1.536

25%

Mathematik, Naturwissenschaften

1.838

33%

Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften

1.293

36%

Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften, Veterinärmedizin

255

40%

Ingenieurwissenschaften

1.309

36%

Kunst, Kunstwissenschaft

1.083

38%

Zentrale Einrichtungen (ohne klinikspezifische Einrichtungen)

102

25%

Insgesamt

9.085

33%

Die drängendste Frage für junge Wissenschaftler, die vor der Entscheidung für eine oft lange und mühsame akademische Karriere stehen, ist: Wie wahrscheinlich ist es, am Ende einen Lehrstuhl zu bekommen? Sämtliche statistische Auswertungen kommen zu dem Schluss, dass diese Frage nicht abschließend beantwortet werden kann. Hier sollen dennoch einige Annäherungsversuche verschiedener Einrichtungen vorgestellt werden, die eine Einschätzung bieten – nicht ohne auf die jeweiligen eingeschränkten Deutungsmöglichkeiten zu verweisen. 

Die Chance, eine der in den kommenden Jahren frei werdende Professuren zu ergattern, hängt auch mit der Anzahl der Mitbewerber zusammen. Insgesamt schlossen 2020 insgesamt 1.533 Wissenschaftler ihre Habilitation ab, im Gegensatz zum Beginn der 2000er Jahre ein deutlicher Rückgang. Dieser bedeutet aber nicht automatisch bessere Berufungschancen, da die Bedeutung der Habilitation für die Berufung insgesamt abnimmt. Auch Promovierte ohne Habilitation können beispielsweise über die Leitung einer außeruniversitären Nachwuchsgruppe oder eine Juniorprofessur das Ziel W2- oder W3-Professur erreichen. 

Hinzu kommen Bewerber aus dem Ausland, je nach Fach Bewerber aus der Industrie, aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen, auf andere Weise Qualifizierte und die in den Vorjahren nicht zum Zuge gekommenen Bewerber. Eine verlässliche Antwort auf die Anzahl qualifizierter Bewerber im eigenen Fachbereich ist derzeit nicht möglich, weil es keine statistisch fundierten Aussagen über die Anzahl von Wissenschaftlern gibt, die grundsätzlich berufungsfähig wären.

Der Deutsche Hochschulverband DHV wertet seit 2009 alle zwei Jahre die Daten seines Ausschreibungsdienstes für Professorenstellen aus und sieht in der aktuellsten Erhebung Ende 2019 „positive Signale“.

Ausschreibungen (W2/W3) an Universitäten und Kunsthochschulen nach Fachbereichen

Fächergruppe/Fachbereich Anzahl Anteil

Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften, Veterinärmedizin

39

2,7%

Biologie

63

4,4%

Chemie

29

2,0%

Geowissenschaften, Geographie

22

1,5%

Geschichte

38

2,7%

Humanmedizin / Gesundheitswissenschaften

332

23,3%

Informatik

68

4,8%

Ingenieurwissenschaften

164

11,5%

Kulturwissenschaften, Sport

43

3,0%

Kunst, Kunstwissenschaft

131

9,2%

Mathematik

59

4,1%

Pädagogik (inkl. Sonderpädagogik)

66

4,6%

Pharmazie

3

0,2%

Philosophie

12

0,8%

Physik, Astronomie

40

2,8%

Politikwissenschaften

21

1,5%

Psychologie

26

1,8%

Rechtswissenschaften

47

3,3%

Sozialwissenschaften, Sozialwesen

41

2,9%

Sprach- und Literaturwissenschaften

85

6,0%

Theologie

26

1,8%

Wirtschaftswissenschaften

71

5,0%

Insgesamt

1.426

100,0%

Stand: 2017

Quelle: Ausschreibungsdienst des Deutschen Hochschulverbandes; eigene Darstellung © academics

Die Anzahl der 2017 ausgeschriebenen Stellen betrug somit 1.426, wobei mit 332 die weitaus meisten und fast ein Viertel aller ausgeschriebenen Professuren auf den Bereich Humanmedizin / Gesundheitswissenschaften entfallen, gefolgt von den Ingenieurwissenschaften und Kunst/Kunstwissenschaften. 

Der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021 (BuWiN) errechnet die Chancen auf eine Berufung in einer Langzeitbeobachtung: Er hat festgestellt, dass die Gesamtzahl der Bewerbungen von 1997 bis 2018 um 16 Prozent, die Gesamtzahl der Berufungen hingegen im gleichen Zeitraum um 40 Prozent gestiegen ist. Individuelle Erfolgschancen können damit nicht errechnet werden, da die Anzahl der Bewerbungen nicht die Anzahl der sich bewerbenden Personen widerspiegelt – manche bewerben sich auf mehrere Vakanzen. Der BuWiN kommt dennoch zum Schluss, dass sich rein rechnerisch eine leicht verbesserte Chance einer Bewerbung ergibt.

Das Monitoring-Bericht „Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung“ der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) bezieht in seine Überlegungen außerdem die Chance auf einen Listenplatz im Berufungsverfahren in seine Berechnungen ein. Demnach betrug 2018 die Chance von Bewerbern, auf einem Listenplatz zu landen, rund zehn Prozent. Die Chance von diesem Listenplatz aus berufen zu werden, lag bei 46 Prozent.

Chancen auf Listenplätze und Berufungen

1997 2003 2008 2013 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022

Bewerbungen

62.731

71.756

74.349

67.117

63.211

68.928

71.193

71.418

90.888

81.604

Listenplätze

6.172

6.744

7.680

6.954

5.974

6.594

6.740

6.652

8.293

8.097

Berufungen

2.396

2.620

3.301

3.175

2.711

2.963

3.059

3.023

3.853

3.716

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