Seniorprofessur
Seniorprofessoren: Forschende im Unruhestand

Bank Symbolbild Seniorprofessur

Die Seniorprofessur wird unter den Bundesländern verschieden aufgefasst © Ester Marie Doysabas / unsplash.com

Die Seniorprofessur gibt Universitäten die Möglichkeit, Professoren und Professorinnen auch nach dem Erreichen der Altersgrenze in Forschung und Lehre einzubinden. Voraussetzungen und Modalitäten.

Veröffentlicht: 15.02.2022

Von: Birk Grüling

Die Seniorprofessur ermöglicht es einer Universität, Professoren und Professorinnen weiterhin aktiv in Forschung und Lehre einzubinden, obwohl diese bereits die Altersgrenze für die Pensionierung erreicht haben. Der größte Unterschied zu einer ordentlichen Professur: Seniorprofessorinnen haben mehr Freiheiten und weniger Verpflichtungen. Alle Aufgaben der universitären Selbstverpflichtung – Gremienarbeit oder Verwaltungsaufgaben – fallen weg. Seniorprofessoren beschränken sich auf besondere Forschungsprojekte oder Seminare, die ihnen am Herzen liegen. Einen Lehrstuhl haben sie nicht inne.

Ist ein Professor im Ruhestand ein Emeritus? Ist eine Seniorprofessur gleichbedeutend mit einer Dienstverlängerung? Eine kurze Definition der Begrifflichkeiten. 

Emeritus und Emerita: Emeritierte Professorinnen und Professoren sind im Teilruhestand. Der Status ist nicht gleichbedeutend mit der Pensionierung: Sie sind zwar von universitärer Verwaltung befreit, behalten aber akademische Rechte und dürfen Vorlesungen halten, Prüfungen abnehmen und Doktoranden betreuen. Dafür bekommen sie auch ein höheres Ruhegehalt, vergleichbar mit der Besoldung einer aktiven Professur. 

Professor im Ruhestand: Ein Professor kann sich auch pensionieren lassen. Dann hat er keine Dienstverpflichtungen mehr, braucht keine Vorlesungen mehr halten und kann die Betreuung von Abschlussarbeiten einstellen. 

Bei beiden Modellen wird genauso wie bei der Seniorprofessur die Stelle des Lehrstuhlinhabers frei und kann nachbesetzt werden. Der Vorteil: Der akademische Nachwuchs kriegt so seine Chance. Fälschlicherweise werden die Begriffe Professor im Ruhestand und Emeritus häufig synonym verwendet. Das ist juristisch aber nicht korrekt.

Dienstverlängerung: Beamte haben grundsätzlich das Recht, ihren Ruhestand hinauszuschieben und Dienstverlängerung zu beantragen. Das gilt auch für verbeamtete Professoren und Professorinnen. Sie können dann, beispielsweise um ein Forschungsprojekt zu beenden, ihre Professur nach Erreichen des Pensionsalters für eine begrenzte Zeit weiterführen – in der Regel bis zu drei Jahre. In dieser Zeit müssen sie weiterhin allen ihren bisherigen Verpflichtungen nachkommen.

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Mit der Habilitation erhalten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die sogenannte Venia Legendi (entweder automatisch oder auf Antrag) – die Berechtigung, an wissenschaftlichen Hochschulen zu lehren. Grundsätzlich gilt sie lebenslänglich, Seniorprofessorinnen können also auch Lehrveranstaltungen abhalten, wenn sie bereits pensioniert sind. Die Seniorprofessur ist in den meisten Bundesländern mit keinem zusätzlichen Titel verbunden. Ausnahmen sind zum Beispiel Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Die genauen Rahmenbedingungen sind in den Hochschulgesetzen der Länder geregelt. 

Um eine Seniorprofessur kann man sich nicht bewerben, es gibt kein Berufungsverfahren und es wird auch keine Planstelle belegt. Vergeben werden Seniorprofessuren von den Hochschulen an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit national und international beachteten Forschungs- oder herausragenden Lehrleistungen. Vorgeschlagen werden geeignete Kandidaten von ehemaligen Kollegen der Hochschule. Die Ernennung erfolgt durch Zustimmung des Präsidiums.


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Generell gilt: Große finanzielle Anreize bringt die Seniorprofessur nicht. Je nach bundesland- oder universitätsspezifischer Regelung wird die Lehr- und Forschungstätigkeit – wenn überhaupt – ähnlich wie ein Lehrauftrag bezahlt. Häufig gilt die Pensionsunschädlichkeit als Maß. Angesichts guter Pensionen der meisten ehemaligen Lehrstuhlinhaber ist dieser Aspekt ohnehin zweitrangig. Kleinere Honorarabsprachen wirken sich auch nicht negativ auf die Pension aus und erfordern selten zusätzliche Versteuerung. 

Die genauen Rahmenbedingungen für eine Seniorprofessur hängen vornehmlich vom jeweiligen Landeshochschulgesetz ab. In einigen Bundesländern sind sie klar umrissen, in anderen gibt es sehr vage oder gar keine Vorgaben. Einige Beispiele für unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern: 

  • Bayern: Nominell gibt es hier keine Seniorprofessur. Universitätsprofessoren im Ruhestand können bei Bedarf in den Lehrbetrieb eingebunden werden und bekommen dafür Lehrauftragsvergütungen.
  • In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen können die Hochschulen selbst über die Beschäftigung von Professorinnen im Ruhestand entscheiden. 
  • In Bremen und Brandenburg gibt es keine speziellen Regelungen für Seniorprofessoren, eine Vergabe von Lehraufträgen ist aber grundsätzlich möglich. 
  • In Hamburg ist die Seniorprofessur hochschulgesetzlich geregelt. Nach der Emeritierung kann ein Professor ein bis zwölf Semester eingebunden werden. Eine Vergütung wird im Einzelfall ausgehandelt. 
  • Im Saarland können herausragende Universitätsprofessoren bei Erreichen der Altersgrenze für maximal zwei Jahre zu Seniorprofessoren ernannt werden, zweimal ist eine Verlängerung für weitere zwei Jahre möglich. In dieser Zeit haben die Seniorprofessorinnen den Status einer Gastprofessorin, sie dürfen Lehrveranstaltungen und Prüfungen abhalten, an der Studienberatung und Auswahl der Studierenden teilnehmen und im Rahmen der verfügbaren Ressourcen Forschungstätigkeiten wahrnehmen.

Mojib Latif ist einer der renommiertesten Klimaforscher der Welt, ein gern gesehener Gast in Talkshows zum Thema Klimawandel, darüber hinaus noch Präsident der Deutschen Gesellschaft Club of Rome und seit Januar 2022 Präsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg. Neben über 200 wissenschaftlichen Publikationen hat der gebürtige Hamburger zahlreiche Bücher zur globalen Erwärmung veröffentlicht. Sein akademisches und gesellschaftliches Engagement wurde mehrfach ausgezeichnet. 1954 geboren könnte Latif längst den verdienten Ruhestand genießen. Die Altersgrenze für eine Professur liegt in der Regel bei 65 Jahren. 

Doch nach Rente steht dem Klimaforscher offensichtlich nicht der Sinn. 2020 nahm er eine Seniorprofessor an der Universität Kiel an und bleibt auch der Forschungseinheit Maritime Meteorologie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel erhalten. Fünf weitere Jahre darf der Professor im Ruhestand nun in Lehre und Forschung eingebunden werden. Die Seniorprofessor sei eine Ehrung für seine exzellente Forschung und das Engagement für die Sichtbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Klimawandel zu verstehen, hieß es in der Laudatio anlässlich seiner Ernennung.

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