Promovieren mit Kind
Mit Familie zum Doktortitel

Eine schwangere Doktorandin begutachtet eine Probe

Eine Promotion mit Kind ist herausfordernd – kann aber gelingen © sanjeri / iStock.com

Mit Kind oder schwanger zu promovieren ist eine besondere Herausforderung. Es kann aber gelingen. Was ist zu beachten, wo gibt es finanzielle und beratende Unterstützung, und was ist mit Mutterschutz und Elternzeit?

Veröffentlicht: 02.01.2023

Von: Maike Schade, Julia Becker

Den Job und die Familie unter einen Hut zu bekommen, ist in vielen Fällen eine Herausforderung. Das gilt auch für das Schreiben der Dissertation, das auch ohne familiäre Verpflichtungen eine Herausforderung ist. Hinzu kommt: Die finanzielle Lage vieler Doktorand:innen ist prekär, Verträge sind oftmals befristet und die berufliche Zukunft auch nicht zuletzt aufgrund des Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) unsicher. Nicht die besten Voraussetzungen für eine entspannte Elternschaft.  

Die ungewisse Lebenssituation ist wohl auch der Grund dafür, dass der Anteil von Promovierenden mit Kind im Jahr 2019/20 laut der Nacaps-Studie bei nur 11 Prozent lag – und damit laut einem Beitrag zur Hochschulforschung (Brandt, Briedis, Schwabe, Heft 3/21) deutlich unter dem Schnitt in der Altersklasse der 30- bis 34-Jährigen (Frauen: 68 Prozent, Männer: 43 Prozent, BMFSFJ 2014). 

Laut diesem Beitrag liegt die geringe Quote daran, dass  

  • Absolvent:innen mit Kindern ein Promotionsvorhaben gar nicht erst angehen oder dass  
  • kinderlose Absolvent:innen mit Kinderwunsch die Familienplanung auf einen Zeitpunkt nach der Promotion verschieben.  


Generell seien Frauen unzufriedener mit der Vereinbarkeit von Promotion und Familie, so der Beitrag weiter – was unter anderem wohl daran liegt, dass sie nach wie vor in höherem Maße die Verantwortung für die Kinderbetreuung übernehmen. Das spiegelt sich auch im Frauenanteil unter den Postdocs und Professor:innen wider, der deutlich unter dem der Männer liegt.  

Dennoch: Gibt es den perfekten Zeitpunkt, Kinder zu bekommen? Wohl nicht. Und auch eine Promotion mit Kind kann gut gelingen. Worauf ist zu achten? Wo gibt es Unterstützung, finanziell und bei der Betreuung? Und was passiert, wenn eine Doktorandin während der Promotion schwanger wird, zumal in einem befristeten Anstellungsverhältnis? Diesen Fragen gehen wir auf den Grund.  

Promovieren mit Kind aus Sicht einer Mutter

Zu Beginn meiner Promotion konnte ich sehr flexibel arbeiten, da meine Tochter noch nicht geboren war.

Das änderte sich jedoch schlagartig nach ihrer Geburt. Damals haben wir versucht, die Betreuungszeiten während ihres ersten Lebensjahres gleichberechtigt auf beide Eltern zu verteilen, damit jeder von uns auch weiterhin im Beruf vorankommt – wenn auch etwas weniger als zuvor. Das würde ich auch wieder tun und anderen Paaren empfehlen.

Daher mein Tipp an Promovierende mit Kind: Selbstbewusst erst einmal kleinere Schritte gehen, aber dennoch am Ball bleiben. Bei solchen kleinen wie auch großen Schritten hat mir die Unterstützung und familienfreundliche Einstellung der Hans-Böckler-Stiftung sehr geholfen, von der ich ein Promotionsstipendium hatte.

Viele Wege führen zur Promotion, und es gibt diverse Möglichkeiten der Finanzierung: eine Promotionsstelle, eine Stelle als Wissenschaftlicher:r Mitarbeiter:in, ein Stipendium, eigenes Vermögen, ein Job außerhalb der Hochschule.  

Nicht jede Promotionsform ist dabei offenbar gleichermaßen „kinderfreundlich“, wie Zahlen der Nacaps-Studie 2018 in der folgenden Tabelle nahelegen.

Promotionsformen und Anteil der Promovierenden mit Kind

Promotionsform Anteil Doktorand:innen mit Kind (Prozent)

Stelle an einer Hochschule/ Forschungseinrichtung

14,33

Strukturiertes Programm

10,62

Stipendium

17,83

Freie Promotion

25,76

Unterschiede gibt es auch bei den Promotionsfächern. Mit 20 Prozent Promovierenden mit Kindern lag der Fachbereich Kunst/Kunstwissenschaft in der Kohorte 2019/20 vorne, gefolgt von den Geisteswissenschaften, den Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften sowie den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften (jeweils 15 Prozent). Besonders wenige Eltern gibt es in der Mathematik und den Naturwissenschaftlen: Hier haben nur 5,0 Prozent ein Kind. Im Mittelfeld liegen der Sport, die Medizin und die Ingenieurwissenschaften.  

Finanzielle Unterstützung bieten ausgewählte Fonds der Hochschulen für promovierende Eltern, aber auch spezielle Stipendien für Doktorandinnen mit Kind – zum Beispiel die Christiane Nüsslein-Volhard-Stiftung. Grundsätzlich besteht für Stipendiat:innen die Möglichkeit, bei einer Schwangerschaft oder Geburt Zuschüsse oder Verlängerungen zu beantragen. Kontaktieren Sie hierzu Ihren Stipendiengeber.  

Wer schon vor Beginn der Promotion ein oder mehrere Kind(er) hat, kann entsprechend planen. Was aber, wenn die Doktorandin während der Promotion schwanger wird?  

Grundsätzlich: keine Panik!  

Sobald als möglich sollte die Schwangere ihre:n Promotionsbetreuer:in, den oder die Vorgesetzte:n und gegebenenfalls den Stipendiumsgeber informieren. Das ist zwar keine Pflicht, liegt aber in ihrem eigenen Interesse. Schließlich gibt es Vieles zu klären und zu organisieren: unter anderem den Mutterschutz, eine etwaige Elternzeit, die weitere Finanzierung, Kinder- und Elterngeld müssen beantragt und die Kinderbetreuung geklärt werden.

Achtung: Arbeitet die Doktorandin beispielsweise im Labor mit Chemikalien, kann es sein, dass während der Schwangerschaft keine Beschäftigung erlaubt ist.  

Problematisch kann es eventuell werden, wenn die schwangere Promovierende eine Projektstelle innehat. Denn der Vertrag endet mit Auslaufen des Projekts – und damit auch die Bezahlung. Mutterschutz- und Elternzeit können hier in der Regel nicht „nachgeholt“ werden. In einem solchen Falle unbedingt frühzeitig informieren, welche Alternativen und Anschlussmöglichkeiten es gibt, damit die Dissertation beendet werden kann! 

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Es gibt zahlreiche Beratungsstellen, die bei allen Fragen und Problemen weiterhelfen können. So bieten beispielsweise die Personalabteilungen, die Studentenvertretungen (z.B. AStA) und Gleichstellungsbeauftragte der Hochschulen Beratungen für promovierende Eltern an. Sie geben Tipps und Hilfestellungen unter anderem zu Kindergeld, Unterhalt, Zukunftsplanung, Kinderfreibeträgen, Elterngeld, Elternzeit oder Urlaubssemestern. Gleichzeitig sind Sie auch Ansprechpartner bei persönlichen Problemen. 

Hilfe bieten auch Netzwerke von Promovierenden mit Kind(ern) sowie die Betreuungsangebote wie Spielzimmer oder auch eine campuseigene Kita, die es in der Regel an den meisten Hochschulen gibt.  

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz besagt, dass wissenschaftlicher Nachwuchs maximal zwölf Jahr befristet beschäftigt werden darf: sechs Jahre während der Promotion und weitere sechs Jahre während der Postdoc-Phase. Promovierende mit Kind können diese Frist aufgrund der sogenannten „familienpolitischen Komponente” verlängern, und zwar um zwei Jahre pro Kind. Zudem werden Mutterschutz und Elternzeit nicht auf die Höchstbeschäftigungsdauer angerechnet. 

Promovieren mit Kind aus Sicht eines Vaters

Die Eltern-Kind-Beziehung kann in ihrer Bedeutung für den Nachwuchs kaum unterschätzt werden.

Genauso verhält es sich auch mit der Promotion: Meiner Erfahrung nach ist die adäquate Wahl von Doktormutter bzw. -vater der entscheidende Faktor für das Gelingen einer Promotion. Wer also während der Promotion Kinder eine Promotionsbetreuung suchen, die dies unterstützt.Wie sind Arbeitszeiten und Anwesenheitspflichten geregelt? Finden wichtige Besprechungen außerhalb von Kindergartenzeiten statt? Kann ein krankes Kind mal mit ins Büro kommen? Und wie ist die Reaktion, wenn ich als Vater ein halbes Jahr Elternzeit beantrage?

Diese und ähnliche Fragen sollte man rechtzeitig klären.Fazit: Mit der Geburt eines Kindes verändert sich das Leben der Eltern von Grund auf. Prioritäten verschieben sich, die Zukunft wird anders geplant. Unter diesen Umständen eine Promotion zu beginnen, ist ein besonders spannendes Abenteuer – das sich durchaus bewerkstelligen lässt. Erforderlich sind allerdings ein hohes Maß an Disziplin, ein hervorragendes Zeitmanagement und die Fähigkeit, auch mal fünfe gerade sein zu lassen.  

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