Was ist eine Stiftungsprofessur?
Stiftungsprofessur: Auf Zeit und aus Drittmitteln finanziert

Strassenschild Symbolbild Stiftungsprofessur

Welche Rechte und Pflichten hat man als Stiftungsprofessor? © BellPhotography423 / istockphoto.com

Stiftungsprofessuren werden von Drittmittelgebern finanziert. Alles über Rechte, Pflichten und Gehaltsaussichten von Stiftungsprofessoren lesen Sie hier.

Veröffentlicht: 29.11.2022

Von: Anke Wilde, Maresa Wolbert

Stiftungsprofessuren werden nicht vom Staat, sondern ganz oder zumindest teilweise von einem Drittmittelgeber finanziert. Drittmittelgeber können Unternehmen, Stiftungen oder auch Privatpersonen sein. 

Für die Besetzung einer Stiftungsprofessur gelten die Vorgaben des jeweiligen Landeshochschulgesetzes. Die Stellen werden im Rahmen eines regulären Berufungsverfahrens in Verantwortung der jeweiligen Hochschule besetzt. Von den ersten Gedanken eines Förderers, eine Professur finanzieren zu wollen, bis zur schlussendlichen Besetzung können zwölf bis 18 Monate vergehen. 

Eine Analyse des Stifterverbandes anhand von aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Stand: Juni 2022) zeigt:

  • Im Jahr 2020 gab es 774 Stiftungsprofessuren. Rund 55 Prozent und damit 428 Professuren wurden von der Wirtschaft finanziert, für 45 Prozent (346 Professuren) gab es Geld von Stiftungen. 
  • 211 Stiftungsprofessoren und -professorinnen lehren und forschen an privaten Hochschulen. Das sind 4,3 Prozent der 4.910 Professuren an Privathochschulen.
  • 563 Stiftungsprofessuren wurden an Hochschulen in staatlicher Trägerschaft eingerichtet. Damit sind 1,3 Prozent von den 44.383 Professuren an staatlichen Hochschulen Stiftungsprofessuren. Die Finanzierung dieser Minderheit läuft über Stiftungen (0,7 Prozent) und Unternehmen (0,6 Prozent).
  • Die meisten Stiftungsprofessuren sind in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Berlin zu finden. Den größten Anteil von Stiftungsprofessuren an allen Professuren im jeweiligen Bundesland hat Berlin mit 3,23 Prozent, den geringsten Anteil Sachsen-Anhalt mit 0,39 Prozent.

Stiftungsprofessuren kann es in allen Fachrichtungen geben. Laut dem Servicezentrum Stiftungsprofessuren werden rund 34 Prozent aller Stiftungsprofessuren in den Wirtschaftswissenschaften eingerichtet, in den MINT-Fächern sind es insgesamt 36 Prozent. Die Geisteswissenschaften und die Medizin machen einen Anteil von jeweils etwa 11 Prozent aus.

Die Laufzeit einer Stiftungsprofessur richtet sich nach der Vereinbarung zwischen dem Förderer und der Hochschule. Die meisten Stiftungsprofessuren haben eine Laufzeit von fünf Jahren, aber auch zehn Jahre sind möglich. Oft übernimmt nach Ablauf der Förderdauer die entsprechende Hochschule die Stiftungsprofessur als reguläre W2- oder W3-Professur.

Prestigeträchtige Stiftungsgeber sind die Lichtenberg-Professuren der VolkswagenStiftung und die Heisenberg-Professuren der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Doch sie sind nicht die einzigen Förderer, die durch Finanzierungen eine Brücke zwischen Wirtschaft und Wissenschaft schaffen. Hier gibt es eine Liste der aktuell vom Stifterverband betreuten Stiftungsprofessuren.

Bei der Schaffung der Professorenstellen betätigt sich der Stifterverband als sachkundiger Vermittler zwischen den Förderern und den Hochschulen. Eine Stiftungsprofessur wird in der Regel eingerichtet, wenn ein Förderer für ein Thema, das ihm wichtig ist, eine Hochschule findet, die dieses Forschungsthema ebenfalls bearbeiten will. 

Die Hochschule entscheidet dann darüber, ob sie die Stiftungsprofessur annehmen möchte. Ein innovatives Forschungsfeld, das zur Hochschule passt, hat dabei gute Chancen. Förderer und Hochschule stehen dabei in engem Austausch über Erwartungen und Möglichkeiten der Stiftungsprofessur. Wegen dieser engen Verzahnung stehen Stiftungsprofessuren bisweilen in dem Ruf, nicht unabhängig forschen zu können. 

Der Stifterverband für die Wissenschaft hat daher einen Code of Conduct formuliert, nach dem die Hochschulen frei über die Annahme von Stiftungsprofessuren entscheiden und ihnen die Freiheit von Forschung und Lehre ohne jede Beeinflussung seitens des Förderers zugesichert wird. Letztlich sind es aber die beiden Vertragspartner – Stifter und Hochschule –, die über die Ausgestaltung der Professur und die Verwertung des generierten Wissens entscheiden.

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Die Inhaber einer Stiftungsprofessur haben dieselben Rechte und Pflichten wie die regulären Professorinnen und Professoren an einer Hochschule. Sie forschen und lehren nicht nur, halten Prüfungen ab oder bieten Studierenden Sprechstunden an, sondern übernehmen zudem die Verantwortung für die Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses. So helfen sie bei Masterarbeiten oder Promotionen, leiten die Studierenden an und geben ihr Know-how weiter. 

Stiftungsprofessoren haben ebenso ein Weisungsrecht gegenüber ihren Mitarbeitenden. Sie können auch arbeitsrechtliche Maßnahmen wie Abmahnungen oder Kündigungen aussprechen. Zu den weiteren Aufgaben zählen zudem die Mitarbeit in der akademischen Selbstverwaltung sowie die Verwaltung des eigenen Lehrstuhls. 

Auch das Berufungsverfahren einer Stiftungsprofessur weist in den Abläufen keine Unterschiede zu einer regulären Professur auf: Die Professur wird öffentlich ausgeschrieben, und eine von der Hochschule eingesetzte Berufungskommission entscheidet, welcher Kandidat oder welche Kandidatin am geeignetsten erscheint. Ein Unterschied besteht allerdings: In der von der Hochschule eingesetzten Berufungskommissionkann der Förderer auf Wunsch ein Gastrecht erhalten.

Die Höhe des Fördervolumens hängt maßgeblich von der Besoldungsstufe der Stiftungsprofessur ab. Die Vergütung eines Stiftungsprofessors erfolgt nach der W-Besoldung. In der Regel übernimmt der Förderer das Gehalt sowie individuelle Leistungszulagen und einen Versorgungszuschlag. Außerdem bezahlt er oft die Kosten für weiteres Personal sowie Sachmittel. 

Die Fördersummen liegen zwischen 50.000 und 500.000 Euro pro Jahr, abhängig von Fachgebiet und Hochschulart. Oft sind die Summen in naturwissenschaftlichen Fächern höher als in den Geisteswissenschaften; Universitäten erhalten mehr als Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW, früher FH). Stiftungsprofessoren an Privathochschulen handeln ihr Gehalt mit der Bildungseinrichtung aus. 

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