S-Professur - Gemeinsame Professur
Professor oder Professorin an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung

Forscherin in einem Labor einer Forschungseinrichtung

Eine Professur an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung bietet viele Chancen. © Sean Anthony Eddy / iStock

Für Professor:innen mit großem Forschungsinteresse eignen sich S-Professuren, bei denen außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Hochschulen kooperieren.

Veröffentlicht: 30.07.2023

Von: Anke Wilde, Maresa Wolbert

Der Begriff S-Professur steht für Sonder- beziehungsweise Sektoralprofessur. S-Professor:innen sind von einer Universität ordentlich berufene Hochschullehrer:innen, die jedoch nicht nur an einer Universität, sondern auch an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung tätigsind. Daher ist eine S-Professur vor allem für diejenigen Personen interessant, die sich verstärkt mit Forschung befassen möchten.

Zu den außeruniversitären Forschungseinrichtungen hierzulande zählen die Institute der Helmholtz-Gemeinschaft, die Max-Planck-Gesellschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft und die Leibniz-Gemeinschaft. Daneben gibt es noch weitere Wissenschafts- und Forschungszentren sowie fachspezifische Institutionen, die die Möglichkeit von S-Professuren anbieten.

Nicht immer werden Professor:innen an außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf Lebenszeit berufen. Die Berufung auf Zeit hat jedoch zur Folge, dass sie – oft kaum eingearbeitet und mitten im Forschungsvorhaben – schon wieder Bewerbungen schreiben müssen. Als Beamt:innen auf Zeit müssen S-Professor:innen zudem Nachteile bei der Sozialversicherung hinnehmen. Sollten sie keine Anschlussprofessur finden, haben sie beispielsweise kein Anrecht auf Unterstützung aus der Arbeitslosenversicherung.

Universitäts-Professor:innen verbringen viel Zeit als Lehrende an der Universität, sieabsolvieren etwa acht bis neun Semesterwochenstunden (SWS). Auch die Betreuung von wissenschaftlichem Nachwuchs spielt bei Professor:innen an Universitäten eine wesentliche Rolle.

S-Professor:innen hingegen sind vorrangig an der außeruniversitären Forschungseinrichtung tätig und lehren an Universitäten nur mit einer vergleichbar geringen Zahl an SWS. Eine Ausnahme ist eine S-Professur, die nach dem weiter unten beschriebenen Karlsruher Modell angelegt ist. Auf dieser Grundlage müssen S-Professor:innen ihren universitären Lehrverpflichtungen in vollem Maß nachkommen.

Insgesamt sind Universitätsprofessor:innen also mehr in das universitäre Leben eingebunden. Dafür erhalten S-Professor:innen gezielte Forschungseinblicke an den jeweiligen Instituten. Oft steht ihnen dort eine sehr gute Infrastruktur wie Labore zur Verfügung.

Eine Professur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) ermöglicht Lehre und Forschung mit anwendungsbezogenem Schwerpunkt. Bei einer HAW-Professur gibt es viele Kooperationen, zum Beispiel mit kleinen und mittelständischen Betrieben sowie größeren Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen.

Im Unterschied zu S-Professor:innen sind HAW-Professor:innen allein an der Hochschule angestellt. Sie unterliegen keiner gemeinsamen Kooperationsvereinbarung von Hochschule und dem jeweiligen Unternehmen, bei dem sie forschen.

HAW-Professor:innen sind aufgrund von gesetzlichen Vorschriften in der Regel deutlich mehr in die Lehre involviert als S-Professor:innen oder Professor:innen, die an Universitäten tätig sind. Die Lehrverpflichtung umfasst in der Regel18 Semesterwochenstunden. Ihnen bleibt weniger Zeit für Verwaltungstätigkeiten und die Forschung, dafür haben sie mehr Kapazitäten, um sich mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs auseinandersetzen zu können.

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Bei der Berufung von S-Professor:innen gibt es vier in der Praxis vorherrschende Modelle, die auf unterschiedliche Weise eine gemeinsame Berufung regeln. Als gemeinsame Berufung wird das Berufungsverfahren von einer Hochschule und einem außeruniversitären Forschungsinstitut bezeichnet.

Gemeinsame Berufungen zeichnen sich dadurch aus, dass Wissenschaftler:innen in Professuren an Hochschulen und gleichzeitig in Leitungs- oder Forschungspositionen an einer außeruniversitären Einrichtung berufen werden. Gemeinsame Berufungen haben den Vorteil, dass eine besondere Vernetzung der hochschulischen und der außerhochschulischen Forschung möglich gemacht wird.

Grundlagen für die gemeinsame Berufung finden sich in den meisten Bundesländern im entsprechenden Hochschulrecht. Wie genau sie ausgestaltet wird und abläuft, ist allerdings nicht geregelt. Aus diesem Mangel entstanden vier Modelle: Jülicher, Berliner, Karlsruher und Thüringer Modell, wobei letzteres eher selten zur Anwendung kommt.

Noch vor Schaffung einer Stelle handeln die Kooperationspartner unter Anwendung einer dieser Modelle aus, welche Aufgaben der oder die Berufene an der Hochschule und welche er an dem Forschungsinstitut erbringen muss. Inhalte sind unter anderem der Umfang der Lehrverpflichtung sowie Kosten- und Verfahrensregelungen für die gemeinsame Berufung. Die genaue Ausgestaltung solcher Kooperationsvereinbarungen unter Anwendung eines jeweiligen Modells liegt bei den Vertragspartnern. Auch Abweichungen sind möglich.

Nach dem Jülicher Modell, auch Beurlaubungsmodell genannt, werden die Wissenschaftler:innen an der Hochschule umgehend beurlaubt, sobald sie in ein Beamtenverhältnis an der Hochschule berufen worden sind. Sie müssen nur in reduziertem Umfang in der Lehre tätig werden, in den meisten Fällen sind es zwei Semesterwochenstunden. Zugleich schließen sie einen Dienstvertrag mit der Forschungseinrichtung, die dann auch die Vergütung übernimmt, die sich möglichst an der Beamtenbesoldung orientieren sollte. 

Nach dem Berliner Modell werden Professor:innen in ein Beamtenverhältnis an die Hochschule berufen. In diesem Rahmen weist der Dienstherr sie einer außeruniversitären Forschungseinrichtung zu, an der sie leiten und forschen sollen. Das Berliner Modell hat den Effekt, dass die Aufgaben von S-Professor:innen zur Lehre und zur akademischen Selbstverwaltung an der Hochschule reduziert werden. Die Hochschule beziehungsweise das Land übernimmt die Besoldung. Die Forschungseinrichtungen erstatten den Universitäten für diesen Ausfall die Personalkosten und beteiligen sich an den Altersbezügen. Das Modell wird daher auch Erstattungsmodell genannt.

Das Karlsruher Modell ist auch als Nebentätigkeitsmodell bekannt. Es sieht vor, dass S-Professor:innen ihren universitären Verpflichtungen in nur leicht reduziertem Ausmaß nachkommen und an der Forschungseinrichtung eine Leitungsfunktion in Nebentätigkeit aufnehmen. Dabei zahlt die Hochschule die Bezüge, die Nebentätigkeit wird gemäß einer Vereinbarung gesondert vergütet. Da das Karlsruher Modell ein enormes Arbeitspensum für S-Professor:innen bedeutet, ist es eher geeignet, wenn der forschende Part an einer vergleichbar kleinen Einrichtung stattfindet.

 Beim Thüringer Modell wird der oder die Berufene an der außerhochschulischen Einrichtung als Leitungsperson angestellt. Gleichzeitig findet eine Berufung von Seiten der Hochschule in Form einer mitgliedschaftlichen Stellung eines Professors oder einer Professorin statt. Der oder die Berufene kann daher den Titel Professor:in führen und Promotionen betreuen. Es besteht allerdings kein Beamten- oder Angestelltenverhältnis mit der Hochschule. 

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Freie Stellen finden sich bei den Stellenanzeigen unter den Bezeichnungen: „Gemeinsame Professur“ oder „S-Professur“. Die Stellen für eine S-Professur werden von der Hochschule und der außeruniversitären Forschungseinrichtung gemeinsam ausgeschrieben.

Die Besetzung einer Professorenstelle erfolgt nach einem streng reglementierten Prozess. Es findet ein spezielles Berufungsverfahren statt. Bei einer S-Professur trifft eine gemeinsame Berufungskommission die Kandidatenauswahl. Die Bestenauslese bezieht dabei neben der fachlichen Kompetenz auch unterschiedliche weitere Fähigkeiten und Kenntnisse mit ein.

Die geeignetsten Bewerber:innen werden zum „Vorsingen“ eingeladen. In der Regel stehen auch Besuche der Bewerber:innen an der jeweiligen außeruniversitären Forschungseinrichtung an. Die drei besten Kandidati:innen kommen auf eine Berufungsliste. Im Anschluss braucht es die Zustimmungen von verschiedenen Gremien, sowohl von Seiten der Hochschule als auch von Seiten der Forschungseinrichtung. Gegebenenfalls sind landesrechtliche Vorgaben einzuhalten.

Werden alle Zustimmungen erteilt, erhält der oder die Erstplatzierte den Ruf. Nach erfolgreichen Verhandlungen (etwa über Besoldungen oder Ausstattungen) kommt es zum Vertragsabschluss. In der Regel werden zwei Vertragsverhältnisse begründet: Die Berufungsvereinbarung mit der Hochschule sowie der Vertrag mit dem außeruniversitären Forschungsinstitut. Anschließend erfolgt die Ernennung als S-Professor:in.

Das Gehalt von S-Professor:innen orientiert sich am Gehalt von verbeamteten Professor:innen. Es ist nach der W-Besoldung geregelt und besteht aus dem Grundgehalt, der Familienzulage sowie weiteren Bezügen. Es gibt drei Besoldungsstufen: W1 betrifft Juniorprofessuren, W2 und W3 alle anderen Professuren mit Beamtenstatus. An Fachhochschulen bzw. HAWs wird in der Regel nach W2 vergütet, an Universitäten überwiegend nach W3. Juniorprofessor:innen verdienen etwa zwischen 4.600 und 5.500 Euro brutto Grundvergütung pro Monat (Stand Februar 2023), je nach Bundesland, in dem sie tätig sind. Bei W2- und W3-Professor:innen sind es etwa zwischen 5.900 und 8.000 Euro.

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