Ruf erhalten – was nun?
Mit dem erteilten Ruf fällt der Startschuss für den ausgewählten Kandidaten. In der Regel sucht dieser zunächst das Gespräch mit der Fakultät, um grundlegende Dinge für die anstehende Berufungsverhandlung zu klären – beispielsweise die genauen Dienstaufgaben, die mit der Professur in Forschung, Lehre, Weiterbildung, Nachwuchsförderung und Selbstverwaltung zusammenhängen. Auch über die für die Arbeit benötigten Ressourcen wie Personal, Ausstattungsgegenstände, Mittel und ähnliche Dinge kann sich der Berufene mit der Fakultät bereits austauschen, da es hier bei den Berufungsverhandlungen einen gewissen Verhandlungsspielraum gibt und der Berufene dies für sich ausnutzen sollte.
Im Anschluss formuliert der Berufene ein Konzeptionspapier für die Hochschulleitung. In diesem skizziert er seine Vorhaben in Forschung und Lehre sowie seinen Ausstattungsbedarf für diese Zwecke. Zudem schreibt der berufene Kandidat einen Besoldungsbrief, in dem er seine Besoldungsvorstellungen deutlich macht. Das Grundgehalt von Professoren ist zwar in der W-Besoldung geregelt, doch die zusätzlichen Berufungsleistungsbezüge sind Verhandlungssache. Sie hängen von diversen Faktoren ab, dazu gehören
- der bisherige Verdienst
- die individuelle berufliche Ausgangsposition des Berufenen
- die zu erbringende Leistung
- bisher erfolgte Drittmittelakquise
- Konkurrenzangebote anderer Hochschulen
- Sichtbarkeit und Vernetzung in der wissenschaftlichen Gemeinschaft
Detaillierte Informationen zur Berufungsverhandlung finden Sie im Ratgeber „Richtig verhandelt zum Professor“.
Nach der Verhandlung erhält der Rufinhaber von der Hochschulleitung eine Berufungsvereinbarung, in der alles zuvor Besprochene festgehalten ist. Dieses Angebot kann der Berufene dann annehmen oder ablehnen. Sollte die Hochschule nach der Verhandlung zu dem Schluss kommen, dass die Vorstellungen des Auserwählten stark von den eigenen abweichen, kann sie den Ruf auch selbst wieder zurücknehmen.
Dieser Vorgang wäre denkbar, wenn sich im Laufe der Berufungsverhandlungen zeigt, dass die konzeptionellen Vorstellungen des Bewerbers zur Ausfüllung der Professur nicht mit denjenigen der Fakultät übereinstimmen, etwa weil er Schwerpunkte setzen möchte, die in der Fakultät schon durch eine andere Professur vertreten sind.
Ruf annehmen oder ablehnen – die Möglichkeiten
Sagt dem Berufenen die Vereinbarung nicht zu, kann er den Ruf ablehnen. Dies ist in der Praxis zwar nicht die Regel, kommt aber durchaus vor, beispielsweise wenn der Kandidat schon als Professor tätig ist und die Heimathochschule ihm ein überzeugendes Bleibeangebot unterbreitet. Dann könnte die Hochschule dem nächstplatzierten Kandidaten auf ihrer Liste den Ruf erteilen.
Selbst wenn der Rufinhaber die Vereinbarung unterschreibt, kann er den Ruf noch solange zurückgeben, wie er nicht zum verbeamteten Professor ernannt wurde. Dieser Fall ist denkbar, wenn in der Zwischenzeit ein weiterer Ruf einer anderen Hochschule erteilt wird und der Berufene diesen zweiten Ruf präferiert. Die Zeitspanne zwischen dem Abschluss der Berufungsvereinbarung und dem geplanten Dienstbeginn kann durchaus Monate betragen. Alternativ hat der Berufene aber auch die Möglichkeit, anhand dieses neuen Sachverhalts zu versuchen, mit dem Konkurrenzangebot die Verhandlungen mit der Hochschule erneut aufzunehmen beziehungsweise fortzuführen.
Auch ein drittes Szenario ist denkbar: Der Berufene wurde ernannt und hat seine Tätigkeit als Professor bereits aufgenommen, und nun wird ihm ein weiterer Ruf erteilt. In diesem Fall kann er versuchen, Bleibeverhandlungen mit seiner Hochschule zu führen. Bringen diese nicht das gewünschte Ergebnis, kann der Professor den zweiten Ruf annehmen und an die neue Hochschule wechseln.