Nachwuchsgruppenleitung
Nachwuchsgruppenleiter: Aufgaben, Perspektiven und Gehalt

Eine Nachwuchsgruppenleiterin vor ihrer Forschungsgruppe

Nachwuchsgruppenleiter:innen können früh eigenständig forschen © jakoblund / iStock

Die Nachwuchsgruppenleitung ermöglicht, wie die Juniorprofessur, einen frühzeitigen Einblick in die Aufgaben eines Professors. Eine Berufung ist zwar nicht sicher, die Chancen stehen aber verhältnismäßig gut. Über Voraussetzungen, Chancen und Aufgaben von und für Nachwuchsgruppenleiter:innen.

Veröffentlicht: 03.03.2024

Von: Anke Wilde, Maike Schade

Nachwuchsgruppenleiter:innen leiten – wie der Name sagt – eine eigene Forschungsgruppe. Dieser gehören in der Regel noch ein bis zwei Promovierende und gegebenenfalls auch studentische Mitarbeiter:innen oder technisches Personal an, die alle von dem oder der Nachwuchsgruppenleiter:in selbst ausgesucht werden. Vor allem im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich sind diese Positionen sehr begehrt, um sich für eine ordentliche Professur zu qualifizieren.

Mit gutem Grund: Nachwuchsgruppenleiter:in können in der Regel fünf bis sechs Jahre eigenständig und weitestgehend weisungsungebunden forschen. Sie erhalten ein meist sehr großzügiges Budget, haben eine gute Infrastruktur zur Verfügung und suchen sich Ihre Mitarbeiter:innen selbst aus. Sie können so bestens und früh in der akademischen Karriere ihr Profil schärfen und mit ihrer Forschungsarbeit Sichtbarkeit erlangen. Damit stehen Nachwuchsgruppenleiter:innen oft besser da als Juniorprofessor:innen, die Projekte und Mitarbeitende über Drittmittel finanzieren müssen und sich durch stärkere Einbindung in die akademische Selbstverwaltung weniger auf ihre Forschung konzentrieren können. 

Die Idee zu den Nachwuchsforschergruppen stammt aus den Wissenschaftsorganisationen. Bereits 1969 wurden solche Gruppen bei der Max-Planck-Gesellschaft eingerichtet. Seit den späten 1990er-Jahren haben sich die Nachwuchsgruppen bei allen Wissenschaftsorganisationen immer weiter etabliert, und die Zahl geförderter Gruppen steigt kontinuierlich an. 

Eines der wichtigsten Förderprogramme ist das Emmy Noether-Programm der DFG. Auch das Bundesforschungsministerium unterstützt die Nachwuchsgruppen und schreibt regelmäßig themenbezogene Forschungsprogramme aus.

Immer häufiger richten auch die Universitäten entsprechende Gruppen ein und schreiben Leitungsposten aus. Dies alles geschieht unter anderem im Zusammenhang mit der Exzellenzstrategie, durch spezielle Landesprogramme, aber auch im Rahmen der eigenen Profilbildung. Einen Überblick über die wichtigsten Nachwuchsgruppen-Förderprogramme bekommen Sie hier.

Nachwuchsgruppenleiter:innen haben, vor allem an den Universitäten, ähnliche Aufgaben wie die Juniorprofessor:innen:

  • forschen
  • Koordination der Forschung, Führung der Gruppe
  • Promotionen und Abschlussarbeiten von Studierenden betreuen
  • pro Semester etwa zwei Lehrveranstaltungen abhalten

Oft müssen Sie jedoch keine Drittmittelanträge mehr stellen, da Ihr Forschungsprojekt samt Mitarbeitern durch entsprechende Programme bereits finanziert ist. Auch die Zeit für Gremientätigkeiten entfällt, allerdings sind Sie oft weniger gut in die hochschulinternen Abläufe eingebunden als Juniorprofessor:innen. An außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind in der Regel keine Lehrveranstaltungen abzuhalten, hier liegt der Fokus auf der Forschung. Allerdings ist es für gewöhnlich möglich, an Hochschulen Lehrveranstaltungen anzubieten und hierdurch wertvolle Erfahrungen in Richtung eigener Professur zu sammeln.

Nachwuchsgruppenleiter:innen sind grundsätzlich nicht berechtigt, Promotionsprüfungen abzunehmen. An immer mehr Hochschulen können Nachwuchsgruppenleiter:innen dieses Recht jedoch beantragen.

Nachwuchsgruppenleitung: Pro und contra

  • Gutes Renommee
  • Selbstständigkeit in Forschung und ggf. auch Lehre
  • Wichtige Erfahrungen für eine reguläre Professur
  • Gute Ausstattung
  • Ersetzt in manchen Fächern nicht die Habilitation
  • V. a. an Universitäten geringere Einbindung in institutionelle Abläufe
  • Unklarer Status v. a. zum Promotionsrecht


Je nach Programm können die Voraussetzungen leicht variieren. Für gewöhnlich ist für die Bewerbung bei einem Nachwuchsgruppenprogramm aber erforderlich:

  • eine überdurchschnittlich bewertete, nur wenige Jahre zurückliegende Promotion,
  • einschlägige Publikationen bei Fachmagazinen mit Peer-Review-Verfahren
  • internationale Forschungserfahrungen,
  • mindestens zwei Jahre Erfahrung als Postdoc oder ggf. als Juniorprofessor:in vor der Zwischenevaluation
  • ein innovatives, exzellentes Forschungsvorhaben, das die Gutachter:innen der jeweiligen Programme überzeugt

Beim Emmy Noether-Programm und bei den ERC Starting Grants müssen Sie zudem die Erklärung einer Hochschule oder eines Forschungsinstituts einholen, dass diese Sie bei einem erfolgreichen Antrag als Mitarbeiter aufnehmen und Ihnen Räumlichkeiten und die nötige Infrastruktur zur Verfügung stellen wird.

Im Folgenden wird die Antragstellung für das Emmy-Noether-Programm skizziert, nachzulesen im Leitfaden. Die Dauer bis zur Entscheidung beträgt hier ca. acht Monate. Folgende Unterlagen sind einzureichen:

  • Angaben zum Projekt, zu den beteiligten Personen und bestehenden Verpflichtungen, inklusive Zusammenfassung dieser Daten in deutscher und englischer Sprache
  • Beschreibung des Forschungsvorhabens, insgesamt maximal 25 Seiten in Schriftgröße 11 (Arial), Zeilenabstand 1,2 (Formatvorlage vorhanden); aufgeführt werden müssen die Ausgangslage (aktueller Forschungsstand), die voraussichtliche Gesamtdauer des Projekts, die Ziele sowie eine detaillierte Beschreibung des geplanten Vorhabens inklusive der Methoden (auf deutsch oder englisch). Außerdem sind Angaben zum Umgang mit den Forschungsdaten sowie zur Diversität sowohl der Forschungsgruppe als auch des Forschungsthemas zu machen.
  • Projekt- und themenbezogenes Literaturverzeichnis

Die Antragsstellung ist beim Emmy-Noether-Programm ausschließlich über das elan-Portal der Deutschen Forschungsgemeinschaft möglich.

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Nachwuchsgruppenleiter:innen bauen ihre Arbeitsgruppe selbst auf. Meist sind in den Programmen ein bis drei Mitarbeitende vorgesehen. Das sind in der Regel Doktorand:innen oder je nach Fachbereich auch technische Angestellte; studentische Hilfskräfte sind ebenfalls möglich.

Beim Aufbau einer solchen Nachwuchsgruppe gilt es einiges zu beachten – nicht nur fachliche Qualifikation der Mitarbeitenden ist entscheidend, sondern auch die Chemie muss stimmen. Zudem ist es wünschenswert, dass die Gruppe möglichst divers aufgestellt ist. Viele Programme machen dies zur Voraussetzung, mindestens jedoch wird es positiv bewertet.

Um geeignetes Personal zu finden, müssen diese Stellen zunächst ausgeschrieben werden. Dazu setzen Sie sich mit der Personalstelle Ihrer Einrichtung in Verbindung. Überlegen Sie sich gut, welche Anforderungen Sie an Ihre Mitarbeiter:innen stellen werden. Welche Aufgaben sollen sie übernehmen, was sollten sie dafür mitbringen? Ein gutes Netzwerk ist hierbei von Vorteil, weil geeignete Kandidat:innen direkt angesprochen werden können, damit sie sich bewerben.

Mit Ihrer Position als Nachwuchsgruppenleiter:in sind Sie nicht mehr Kollege bzw. Kollegin, sondern auch Vorgesetzte:r. Sie sollten sich deshalb klar darüber sein, wie Sie diese Rolle ausfüllen wollen. Überlegen Sie sich, wie Sie die Arbeit in Ihrer Gruppe organisieren möchten. Machen Sie sich einen Zeitplan für das Forschungsprojekt – was muss wann erledigt sein?

Regelmäßige Teambesprechungen helfen auszuloten, welche Tätigkeiten konkret anstehen und wo gerade Schwierigkeiten auftreten. Achten Sie bei Entscheidungen auf die Auffassungen Ihrer Mitarbeiter:innen und pflegen Sie einen kooperativen und transparenten Führungsstil – dieser hat sich in der Wissenschaft nachweislich am besten bewährt.

Ein klassisches Problem von Führungskräften in der Wissenschaft ist, dass sie von bestimmten Forschungsaufgaben wie den Tätigkeiten im Labor nicht lassen können und sich bei den hinzukommenden Managementaufgaben verzetteln. Viele Einrichtungen bieten ihren frischgebackenen Führungskräften entsprechende Seminare an – ein Angebot, das Sie nutzen sollten.

Als Vorgesetzte:r stehen Sie auch in einer Verantwortung gegenüber Ihren Mitarbeiter:innen. Diese brauchen einerseits klare Anweisungen zu ihren Aufgaben. Andererseits benötigen Sie auch den Freiraum, um etwa ihre Promotion voranzutreiben. Erinnern Sie sich an Ihre eigene Zeit als weisungsgebundene:r Mitarbeiter:in – was empfanden Sie damals als unterstützend, was waren typische Störfaktoren?

Besprechen Sie mit Ihren Mitarbeitenden, welche Bedürfnisse sie an Sie als Betreuer:in haben. Teilen Sie ihnen gleichermaßen auch Ihre Bedürfnisse mit, denn auch Sie als Nachwuchswissenschaftler:in brauchen Zeit für Ihre eigenen Projekte, und als Verantwortlicher in einem Drittmittelprojekt müssen Sie Fristen einhalten. Einigen Sie sich mit Ihren Doktoranden über verbindliche Ziele, die Sie gegebenenfalls in einer Betreuungsvereinbarung festhalten können. Anregungen dazu finden Sie auch in den „Empfehlungen für das Erstellen von Betreuungsvereinbarungen“ der DFG.

Zudem müssen Sie mit der Fakultät, an der Sie zu Gast sind, Ihren Status als Betreuer;in klären. Nachwuchsgruppenleiter:innen betreuen zwar de facto die Doktorand:innenen, die in ihrer Gruppe arbeiten, haben aber formal nicht das Recht, Promotionsprüfungen abzunehmen. Viele Universitäten gehen inzwischen aber dazu über, ihren Nachwuchsgruppenleiter:innen (unter strengen Vorgaben und erst nach erfolgter, positiver Zwischenevaluation) das Promotionsrecht zu verleihen.

Oft beschränkt sich dieses Recht darauf, lediglich die Mitglieder Ihrer Arbeitsgruppe zu betreuen und zu prüfen. Informieren Sie sich am besten noch bevor Sie die Stelle antreten, wie man es an Ihrer Fakultät mit dem Promotionsrecht hält. Sollten Sie im Emmy Noether-Programm sein, wird dieser Punkt bereits im Musterarbeitsvertrag, den Sie dem Antrag beifügen müssen, geregelt. Ansonsten müssen Sie einen entsprechenden Antrag an Ihre Fakultät stellen, oder Sie können zwar als fachliche:r Betreuer:in auftreten, nicht aber die Promotionsprüfung abnehmen.

Je nach Förderprogramm steht für die meisten Nachwuchsgruppenleiter:innen etwa zur Halbzeit, spätestens im vierten Projektjahr, eine Zwischenevaluation an. Dabei wird überprüft, ob die Arbeitsgruppe fortgeführt wird und die Mittel für die restliche Laufzeit des Projekts entsperrt werden.

Ähnlich wie bei der Juniorprofessur muss dafür ein Arbeits- und Ergebnisbericht vorgelegt werden. Dieser wird zusammen mit den Publikationen, die im Rahmen des Forschungsprojekts entstanden sind, begutachtet. Auf dieser Basis wird entschieden, ob das Projekt weitergeführt wird.

Dokumentieren Sie daher parallel zu Ihrer Arbeit, was Sie getan haben und wie sich das Forschungsprojekt bisher entwickelt hat. Beachten Sie, dass es zu den Anforderungen an die Zwischenevaluation programmspezifische Unterschiede gibt.

Die Vergütung von Nachwuchsgruppenleiter:innen hängt von den Rahmenbedingungen an der aufnehmenden Einrichtung ab. Wer über das Emmy Noether-Programm der DFG gefördert wird, wird in der Regel als Angestellter des öffentlichen Dienstes mit Leitungsaufgaben eingruppiert, also in die Entgeltgruppen E14 oder E15. Basis ist der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) aber auch der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Das Gehalt bewegt sich also je nach Berufserfahrung und Verantwortung bei einer Vollzeitstelle zwischen rund 60.000 bis über 80.000 Euro brutto pro Jahr.

Um für exzellente Forscher:innen die eigene Attraktivität zu steigern, gewähren einige Hochschulen Nachwuchsgruppenleiter:innen eine Juniorprofessur und die entsprechende W1-Besoldung. Empfänger eines ERC Starting Grants werden meist etwas höher eingestuft – als Juniorprofessor:innen oder Angestellte des Tarifs TVöD E15. Die Max-Planck-Gesellschaft stellt sie sogar in einem beamtenrechtsähnlichen Verhältnis als W2-Professoren ein.

TVöD: Gehalt Nachwuchsgruppenleiter 2024 (Euro brutto pro Monat)

Entgeltgruppe Stufe 1 Stufe 2 (nach 1 Jahr) Stufe 3 (nach drei Jahren) Stufe 4 (nach sechs Jahren) Stufe 5 (nach >zehn Jahren) Stufe 6 (nach >15 Jahren)

E14

5.003,84

5.329,75

5.755,37

6.227,68

6.754,16

7.132,13

E 15

5.504,00

5.863,92

6.265,40

6.813,49

7.377,29

7.748,20

TV-L: Gehalt Nachwuchsgruppenleiter 2024 (Euro brutto pro Monat)

Entgeltgruppe Stufe 1 Stufe 2 (nach 1 Jahr) Stufe 3 (nach drei Jahren) Stufe 4 (nach sechs Jahren) Stufe 5 (nach >zehn Jahren) Stufe 6 (nach >15 Jahren)

E14

4.542,64

4.885,93

5.167,63

5.593,59

6.246,27

6.433,67

E15

5.017,31

5.394,35

5.593,59

6.301,27

6.837,15

7.042,26

*) gültig bis 31.10.2024, ab 1.11. Erhöhung der Tabellenentgelte um 200 Euro

Quelle: oeffentlicher-dienst.info

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