Forschen im Ausland
Forschen im Ausland: Vorteile, Förderprogramme und Aufenthaltsbestimmungen

Wegweiser Symbolbild forschen im Ausland

Forschungsaufenthalte und Lehraufenthalte im Ausland sind eine Möglichkeit, langfristig internationale Kooperationen aufzubauen © Rike_ / istockphoto.com

Forschen im Ausland hilft Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, internationale Netzwerke aufzubauen und sich für die weitere Karriere zu qualifizieren. Was gilt es zu beachten?

Veröffentlicht: 11.07.2023

Von: Anke Wilde, Inga Barth

In Wissenschaftskreisen gehören Auslandsaufenthalte während der akademischen Laufbahn mittlerweile zum guten Ton. Sie künden davon, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Forschung über den eigenen Tellerrand schauen, den internationalen Forschungsstand kennen, sich bereits mit verschiedenen Wissens- und Wissenschaftskulturen auseinandergesetzt haben und ihr Netzwerk nicht an den deutschen Landesgrenzen aufhört.

Forschungsaufenthalte im Ausland sind in den verschiedenen Stadien der akademischen Karriere möglich. Geht man davon aus, dass im Studium bereits geforscht wird, zählen Auslandssemester während des Bachelors und Masters bereits als Forschungsaufenthalte. Vor allem für Promovierende und Postdocs ist das Arbeiten im Ausland attraktiv. Sie haben die Möglichkeit, die gesamte Phase oder nur einen Teil ihrer Arbeit im Ausland zu absolvieren. Auch für Juniorprofessor:innen und Professor:innen ist ein Forschungs- oder Lehraufenthalt im Ausland möglich.

Die Wahl des Ziellandes ist dabei insbesondere von folgenden Faktoren abhängig:

  • Zugangs- und Beschäftigungsmöglichkeiten
  • kulturelle und sprachliche Aspekte
  • Strukturen und Attraktivität des Wissenschaftssystems
  • die zu erwartende Entwicklung des Arbeitsmarktes.

Laut der Kompaktausgabe der Publikation „Wissenschaft weltoffen“ (Stand Frühjahr 2022) des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) studierten im Jahr 2019 rund 138.000 Deutsche temporär oder für die gesamte Länge des Studiums im Ausland.

Was die Daten deutscher Forschender mit Auslandsaufenthalt ab der Promotionsphase betrifft, gibt die MORE 3-Studie zur Mobilität und zu beruflichen Laufbahnen Forschender der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2016 Aufschluss: Sie zeigt, dass zum Zeitpunkt der Erhebung zehn Prozent der deutschen Promovierenden einen Auslandsaufenthalt von drei Monaten oder länger absolvierten. Unter den promovierten Wissenschaftler:innen, also den Postdocs, Juniorprofessorinnen und Professoren, lag der Anteil der deutschen Forschenden mit einem Auslandsaufenthalt von drei Monaten oder mehr bei 33 Prozent.

Die beliebtesten Gastländer für einen Forschungsaufenthalt im Ausland unter deutschen Studierenden, Promovierenden, Postdocs und Forschenden höherer akademischer Karrierestufen unterscheiden sich kaum. Deutsche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bevorzugen insbesondere

  • die Schweiz,
  • Österreich, 
  • das Vereinigte Königreich,
  • die USA,
  • die Niederlande und
  • Frankreich

bei der Wahl ihres Gastlandes für einen Forschungsaufenthalt im Ausland.

Die Schweiz ist mit rund 8.600 deutschen Forschenden an Schweizer Hochschulen im Jahr 2018 Spitzenreiter. 22 Prozent aller deutschen Promovierten, die für Forschungsaufenthalte ins Ausland gehen, gehen in die Schweiz. Während die Zahl deutscher Forschender hier in den vergangenen Jahren aber leicht stagnierte, steigt insbesondere in Österreich und den Niederlanden die Zahl der deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Forschungsbetrieb seit Jahren kontinuierlich an. 

Die Publikation „Wissenschaft weltoffen“ von 2021 vermutet die Gründe für die Popularität dieser Länder in ihrem hohen Entwicklungsstand von Wissenschaft und Forschung, in der unmittelbaren Nachbarschaft der Länder zu Deutschland (gilt für die Schweiz, Österreich, die Niederlande und Frankreich) sowie in den niedrigen Sprachbarrieren deutsch- und englischsprachiger Ziele.

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Einen Forschungsaufenthalt im Ausland zu planen, zu beantragen und durchzuführen, verlangt persönliche Mühen sowie bürokratischen und logistischen Einsatz. Im Gegenzug ziehen Wissenschaftler:innen, die einen Teil ihrer Arbeit im Ausland absolvieren, zahlreiche Vorteile aus dieser Zeit:

  • Neue sprachliche und kulturelle Kompetenzen erweitern den persönlichen Horizont.
  • Der Austausch mit anderen Studierenden, Forschenden und Lehrenden ist für alle Seiten gewinnbringend.
  • Ein erweitertes berufliches Netzwerk internationaler Kontakte innerhalb und außerhalb der eigenen Fachdisziplin hilft bei der Karriereplanung.
  • Wer auf internationale Kooperationen verweisen kann, publiziert mehr und häufiger in den höher gerankten Zeitschriften.
  • Das Arbeiten in ungewohnter Umgebung beweist Flexibilität und Eigenständigkeit.

Gerade Nachwuchsgruppenleiterprogramme, wie das Emmy Noether-Programm, setzen zudem mehrmonatige Forschungsaufenthalte im Ausland voraus. Auch die Berufungskommissionen für Juniorprofessuren sowie für reguläre Professuren bevorzugen Bewerber:innen mit Auslandserfahrung. Internationalität in der Forschung kann sich also als Karrieremotor erweisen.

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Wer seine Promotion abgeschlossen hat – möglicherweise bereits im Ausland mit einem PhD-Titel – und weiterhin eine akademische Laufbahn verfolgen möchte, geht in der Regel in die Postdoc-Phase über. Während dieser Weiterbildungsphase verfolgen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eigene Forschungsvorhaben, publizieren Fachartikel und bauen Netzwerke innerhalb der Fachcommunity auf. Sie sind in der Regel entweder als wissenschaftliche Mitarbeitende an einer Hochschule angestellt oder sie finanzieren sich über Förderprogramme und Stipendien, die ihre Forschung unterstützen.

Viele Forschende nutzen diese Karrierephase für einen Aufenthalt im Ausland. Laut „Wissenschaft weltoffen“ (2020) befanden sich im Jahr 2019 rund 8.000 deutsche Postdocs, Wissenschaftlerinnen und Hochschullehrende zu Forschungsaufenthalten im Ausland. 

Auslandsaufenthalte während dieser Phase sind auf mehreren Ebenen hilfreich für den Verlauf der akademischen Karriere. Ein eigenes Forschungsprojekt im Ausland durchzuführen, zeugt von Eigeninitiative, Flexibilität und einer Anpassungsfähigkeit der Postdocs an ungewohnte Strukturen und Umgebungen. Das beeindruckt potenzielle Arbeitgeber. Das Forschungsprojekt im Ausland muss eigenverantwortlich geplant, die Fördermittel beantragt und die Arbeit anschließend koordiniert und durchgeführt werden. Sprachliche, kulturelle oder administrative Hürden stellen Postdocs dabei vor zusätzliche Herausforderungen. Im besten Fall publizieren sie während des Postdocs im Ausland in entsprechenden Fachzeitschriften und knüpfen internationale Kontakte zum Aufbau ihres Netzwerks.

Wer einen Auslandsaufenthalt während der Postdoc-Phase plant, sollte vorab einige Fragen klären:

  • Wo kann ich mich über den geplanten Forschungsaufenthalt informieren?
  • Welche Zugangsvoraussetzungen stellt das entsprechende Gastinstitut?
  • Wie läuft das Programm zeitlich und strukturell ab?
  • Wie bewerbe ich mich (über Förderprogramme oder direkt beim Gastinstitut)?
  • Was muss ich bezüglich des Ziellandes beachten (Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen, Arbeitserlaubnis etc.)? 

Erste Anlaufstelle für Fragen rund um den Postdoc im Ausland ist der DAAD, der auf seiner Website eine große Bandbreite an Informationen bereitstellt. Der Ablauf des Auslandsaufenthaltes ist individuell sehr unterschiedlich. Zudem ändern sich Bestimmungen und Voraussetzungen der gastgebenden Länder und Institutionen von Zeit zu Zeit. Je nach Dauer, Finanzierungsart und geplantem Projektumfang ist es im Einzelfall daher ratsam, sich mit dem DAAD, mit dem entsprechenden Gastinstitut und gegebenenfalls mit der Botschaft des Ziellandes in Deutschland in Verbindung zu setzen, um konkrete Informationen zu erhalten und offene Fragen zu klären.

Die Aufnahme an einem Gastinstitut wird durch eine bereits bewilligte Förderung erleichtert. Promovierten, die für den Postdoc ins Ausland gehen möchten, steht eine Vielzahl von Förderprogrammen zur Verfügung, darunter das Forschungsstipendium der DFG, die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen der EU, das Postdoc-Kurzstipendien-Programm des DAAD, das Leopoldina-Postdoc-Stipendium und das Feodor Lynen-Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung. Weitere Informationen zu Postdoc-Stipendien finden Sie im academics-Ratgeber „Das Postdoc-Stipendium: Die wichtigsten Förderprogramme im Überblick”. 

Wer im Ausland nicht nur forschen, sondern auch lehren möchte, kann als Gastdozent:in oder Gastprofessor:in eingesetzt werden. Deutsche Hochschullehrende, also Professor:innen und Dozent:innen, wissenschaftliche Mitarbeitende sowie Doktorand:innen und Postdocs mit Lehrauftrag, gehen dafür für einen bestimmten Zeitraum an ein ausländisches Gastinstitut und halten Vorträge und Vorlesungen, leiten Seminare oder Arbeitsgruppen. Damit wird nicht nur der Austausch zwischen den Lehrenden, Forschenden und Studierenden gefördert, sondern darüber hinaus auch die Beziehung der Institute und Hochschulsysteme der kooperierenden Länder.

Programme, die Interessierte bei der Planung und Durchführung eines Auslandsaufenthaltes unterstützen und entsprechende Informationen bereitstellen, sind unter anderem:

  • Das Programm Erasmus+ der EU, umgesetzt durch den DAAD: Auslandsaufenthalte von Hochschullehrenden innerhalb von Europa werden durch Kurzzeitprogramme zwischen zwei und 60 Tagen gefördert.
  • Ebenfalls vom DAAD gefördert werden Kurz- und Langzeitdozenturen deutscher Lehrender im Ausland.


Was den Forschungsaufenthalt im Ausland und die damit verbundenen Regularien zu Aufenthaltsbestimmungen und Versicherungsangelegenheiten betrifft, bedarf es laut Michael Flacke, dem Leiter der Pressestelle des DAAD, in der Regel einer Kontaktaufnahme mit den konsularischen Vertretungen bzw. der jeweiligen Botschaft des Ziellandes in Deutschland.

Vor einem Auslandsaufenthalt müssen interessierte Forschende eine Vielzahl an offenen Fragen klären, darunter:

  • Brauche ich ein (zeitlich begrenztes) Visum für mein Zielland?
  • Wie steht es um Aufenthaltsgenehmigungen und Arbeitserlaubnis?
  • Benötige ich ein Sprachzertifikat?
  • Was muss ich bezüglich der Sozialversicherungen wie der Krankenversicherung beachten?

Auf der Website des DAAD finden Interessierte eine Übersicht mit Informationen zu den jeweiligen Bestimmungen der Zielländer für einen Forschungs- oder Lehraufenthalt. Darin enthalten sind alle wichtigen Informationen zu den Ländern, ihren Bildungssystemen, den Aufenthalts- und Arbeitsbedingungen, der Anerkennung ausländischer Abschlüsse sowie Zulassungsvoraussetzungen. Zusätzlich stellt der DAAD eine Übersicht über Versicherungsbedingungen für Forschende im Ausland bereit.

Zu den beliebtesten Ländern für einen Auslandsaufenthalt deutscher Forschender zählen die Schweiz und die USA. Hier eine Kurzübersicht über die Bedingungen eines Forschungsaufenthaltes.

Für einen Forschungsaufenthalt in der Schweiz müssen sich deutsche Forschende am jeweiligen Gastinstitut über die Zulassungsbedingungen informieren, da die Schweizer Hochschulen autonom über Bewerberinnen und Bewerber entscheiden. Zudem müssen Interessierte eine (Kurz-)Aufenthaltsbewilligung bei der Schweizer Fremdenpolizei beantragen, sich um eine Auslandsreisekrankenversicherung kümmern und sich über Arbeitserlaubnisse in der Schweiz informieren. Außerdem gibt es französisch- und italienischsprachige Kantone, in denen die Zulassungsregularien teilweise Sprachtests erfordern.

Das Hochschulsystem in den USA ist stark dezentralisiert, sodass jede Hochschule und jedes Forschungsinstitut autonom über die Zulassung von Bewerberinnen und Bewerbern, über Lehrpläne und Anerkennung von Abschlüssen entscheidet. Deutsche Forschende sollten sich darüber hinaus über Arbeitsgenehmigungen, erforderliche Zulassungs- und Sprachtests sowie über die Regularien bezüglich des Aufenthaltes informieren. Ein Visum ist hier ab einer Aufenthaltsdauer von drei Monaten erforderlich, für kürzere Aufenthalte ist die Beantragung einer ESTA-Einreisegenehmigung notwendig.

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