Bewerbung aus der Wirtschaft in der Wissenschaft
Wie sollte das Bewerbungsschreiben für wissenschaftliche Stellen aussehen?
In der Wissenschaft wirken, im Gegensatz zu Bewerbungen bei Wirtschaftsunternehmen, allzu flott und originell formulierte Anschreiben im Allgemeinen eher dubios. Denn an Universitäten und Forschungseinrichtungen sind insgesamt weniger Kandidaten des Typs „Manager mit Biss“ als vielmehr seriöse Forscherpersönlichkeiten gefragt, die sich vorrangig durch ihre wissenschaftlichen Kenntnisse und Erfahrungen qualifizieren.
Im Hinblick auf Ihre schriftlichen Bewerbungsunterlagen lohnt sich speziell bei Berufungsverfahren ein aufwendiges, womöglich farblich individuell und auffällig gestaltetes Layout Ihrer Unterlagen nicht, da die Mappen nur selten von allen Kommissionsmitgliedern eigenhändig durchgeblättert werden. Stattdessen orientieren sich Berufungskommissionen anhand eigens erstellter Synopsen, also tabellarischen Übersichten mit den wesentlichen Angaben (z.B. Alter, Forschungsschwerpunkte, Anzahl der Publikationen, Höhe der eingeworbenen Drittmittel usw.), um die einzelnen Bewerber/innen direkt zu vergleichen.
Was ist hinsichtlich des Lebenslaufs bei Bewerbungen in der Wissenschaft zu beachten?
Ihren tabellarischen Lebenslauf sollten Sie bei einer Bewerbung in der Wissenschaft ganz auf Ihre bisherige akademische Karriere fokussieren. Rücken Sie Ihren wissenschaftlichen Werdegang in den Mittelpunkt und legen Sie ihn übersichtlich und nachvollziehbar an, damit alle wesentlichen Informationen zu Ihrer Qualifikation direkt erkennbar sind.
Insbesondere bei Bewerbungen um eine Professur gilt das für Unternehmensbewerbungen typische Gebot der Kürze in dieser Strenge nicht. Vielmehr steigt Ihre Qualifikation, je mehr Projekte und Aufgaben Sie in Forschung und Lehre vorzuweisen haben. Ein facettenreiches wissenschaftliches Profil kann gut und gerne mehrere Seiten im Lebenslauf füllen.
Im Gegensatz zur Bewerbung in der freien Wirtschaft erfordert eine Lückenlosigkeit in der Berufsbiographie in der Wissenschaft nicht zwangsläufig, dass sich jeder Ihrer früheren Arbeitsverträge nahtlos an den nächsten gereiht haben muss. In vielen Fächern gilt es durchaus als normal, dass zwischen zwei Arbeitsverhältnissen auch (kürzere) Phasen ohne Anstellung liegen, in denen z.B. ein Antrag für die Folgefinanzierung auf den Weg gebracht wird.
Mit Bedacht angegebene private Hobbys, Engagements und Mitgliedschaften, also jene Rubriken, die Personalverantwortlichen in Unternehmen die zum Stellenprofil passenden „Soft Skills“ signalisieren, sind für die Wissenschaft wiederum wenig relevant: Hier herrscht in vielen Fachkulturen eher die Vorstellung, dass es für ernstzunehmende Wissenschaftler/innen neben ihrem Beruf im Grunde nichts anderes mehr in ihrem Leben geben dürfe.
Welche Anlagen füge ich meiner Bewerbung bei?
Zu Ihrer Bewerbung auf eine Stelle in der Wissenschaft gehören neben relevanten Diplomen und Zeugnissen aus Ausbildung und Beruf auch ein Verzeichnis Ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichungen, Projekte, Preise und Wettbewerbe (ggf. mit Arbeitsproben), eine Auflistung von betreuten Abschlussarbeiten, Nachweise über Ihre Lehrtätigkeiten, eine Auflistung Ihrer Lehrveranstaltungen, ggf. ein Lehrkonzept und eine Auflistung von Drittmitteleinwerbungen.
Wie geht es nach Abgabe der Bewerbungsunterlagen weiter?
Insgesamt gibt es eine Reihe von Verfahrensunterschieden zwischen Bewerbungen in Wirtschaft und Wissenschaft. Während Unternehmen meist ein Interesse daran haben, offene Stellen relativ zügig zu besetzen, mahlen die Mühlen im öffentlichen Dienst insgesamt langsamer. Insbesondere nach Ausschreibungen von Professuren können bis zum Dienstantritt durchaus ein bis zwei Jahre vergehen, doch nimmt die persönliche Begutachtung der einzelnen Bewerber/innen dabei die geringste Zeit in Anspruch: Häufig genügt der Berufungskommission im Unterschied zu Unternehmen eine einmalige Vorstellung der Kandidat/innen an der Hochschule, um sich ein Bild zu verschaffen. Die anlässlich von Vorstellungsgesprächen und Berufungsvorträgen entstehenden Reisekosten werden von Hochschulen übrigens nur selten erstattet, während dies in der Wirtschaft selbstverständlich ist.
In vielen Unternehmen wird es als positiv gewertet, nach dem Vorstellungsgespräch noch einmal anzurufen und sich z.B. nach dem Stand des Verfahrens zu erkundigen. An Universitäten und Hochschulen ist diese Praxis jedoch im Allgemeinen unüblich; besonders im Rahmen universitärer Berufungsverfahren gilt sie als unangemessen und geradezu aufdringlich – hier ist daher Zurückhaltung angebracht. Ein differenziertes Feedback zum eigenen Auftritt, aus dem sich erkennen lässt, warum es in diesem Fall mit der Bewerbung nicht geklappt hat, bildet leider sowohl in weiten Teilen der Wirtschaft als auch in der Wissenschaft noch immer eine Ausnahme.